# taz.de -- Kommentar Schwarz-Gelb: Regierung am Abgrund
       
       > Die Atomausstieg-Begründung mit Fukushima ist verlogen, wenn sie von
       > einer Physikerin kommt. Die größte Gefahr jedoch droht Merkel jetzt von
       > ihren eigenen Anhängern.
       
       Angela Merkel hat im Bundestag ihre Kehrtwende in der Energiepolitik mit
       der Katastrophe von Fukushima begründet. Wenn eine Physikerin, die früher
       Umweltministerin war, so etwas behauptet, dann ist das nicht glaubwürdig.
       
       Schließlich sind die Gefahren der Atomenergie nicht erst seit einigen
       Monaten bekannt. Auf Stimmenfang wollte die Kanzlerin eben gehen, mehr
       nicht. Sie hat sich verkalkuliert. Ihre Regierung steht am Abgrund – und
       die größte Gefahr droht ihr von den eigenen Anhängern.
       
       Nun ist es weder neu noch ungewöhnlich, dass Politiker unter dem Druck der
       öffentlichen Meinung überraschende Volten schlagen. Aber die Atompolitik
       war jahrzehntelang nicht nur Anlass für tagesaktuelle Kontroversen, sondern
       – zumindest für die Grünen und für die Union – Ausdruck eines
       Kulturkampfes. Wenn man einen solchen Kampf verloren gibt, dann muss man
       das den eigenen Leuten gegenüber sehr gut begründen. Das tut Angela Merkel
       nicht.
       
       Sie begründet ja auch andere Entscheidungen nicht, die Anhänger der Union
       als Zumutung empfinden und die der traditionellen Politik von CDU und CSU
       zuwiderlaufen. Man könnte den Eindruck gewinnen, die deutsche Enthaltung im
       Weltsicherheitsrat zum Libyen-Einsatz sei allein vom Außenminister zu
       verantworten und die Kanzlerin habe damit nicht das Geringste zu tun
       gehabt.
       
       Auf die Dauer ist Wegducken kein überzeugendes Konzept. Die Frage nach dem
       Kurs der Regierung wird immer lauter gestellt, inzwischen auch von
       Landespolitikern, die bislang solidarisch schwiegen. Eine Antwort auf die
       Frage bekommen sie nicht. Was verständlich ist, denn die Regierung hat ja
       offenbar keinen Kurs.
       
       In der Unionsfraktion wächst die Wut. Probeabstimmungen haben gezeigt, dass
       die Kanzlerinnenmehrheit nicht mehr gesichert ist, weder beim Thema
       Griechenland-Hilfe noch bei der Energiepolitik. Wahrscheinlich werden die
       Abweichler am Ende doch zähneknirschend zustimmen, schon weil viele im
       Falle von Neuwahlen ums eigene Mandat fürchten. Wenn man in einer solchen
       Situation aber auch noch einen schwächelnden Partner so demütigt, wie
       Merkel das jetzt mit der FDP getan hat, dann – ja, was dann? Koalitionen
       zerbrechen fast immer an kleinteiligem Zank, selten an den großen
       Grundsatzfragen. Aber zerbrechen können sie.
       
       9 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bettina Gaus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar UN-Sicherheitsrat: Was globale Verantwortung heißt
       
       Für einen Monat hat Deutschland nun den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat. Das
       bietet viele Möglichkeiten, globale Verantwortung wahrzunehmen.
       
 (DIR) Schlagabtausch im Bundestag: Heiße Debatte zu Griechenland
       
       Finanzminister Schäuble war am Freitag im Bundestag erfolgreich mit seinem
       Anliegen, Griechenland weiter zu helfen. Die Opposition rechnete harsch mit
       der Europa-Politik der Regierung ab.
       
 (DIR) Ausstiegsszenario bei der CDU: Die grün lackierte Kanzlerin
       
       Nach Fukushima vollzog Merkel eine Wende in der Energiepolitik. Manche in
       der Union wollen ihrer Parteichefin nicht mehr folgen. Szenen einer
       Entfremdung.