# taz.de -- Israel-Beschluss der Linkspartei: Kluft "war noch nie so tief wie jetzt"
       
       > Parteilinke fühlen sich vom Israel-Beschluss der Linksfraktion
       > überfahren. Pragmatiker sagen: Kritiker bewegen sich in schlichten
       > Mustern des Antiimperialismus.
       
 (IMG) Bild: Fraktionschef Gregor Gysi kann es nicht verhindern: Die Linke debattiert über den Israel-Beschluss.
       
       BERLIN taz | Die Linkspartei debattiert weiter über den Israel-Beschluss,
       den Fraktionschef Gregor Gysi in der letzten Woche durchsetzte. Demnach
       wird sich die Fraktion nicht an der Gaza-Flottille, einem Boykott
       israelischer Waren und Initiativen für eine Ein-Staaten-Lösung beteiligen.
       
       Nun behauptet die Sozialistische Linke (SL), Reformer hätten Gysi, falls
       dieser Beschluss scheitert, mit Übertritten zur SPD gedroht. Belege dafür
       gibt es nicht. Dass sich Gregor Gysi in Sachen Israel von irgendwem in der
       Partei unter Druck setzen lässt, ist allerdings wenig glaubwürdig. Trotzdem
       behauptet die SL, "dass die Schoah widerlicherweise für innerparteiliche
       Konflikte missbraucht" wird.
       
       Allerdings wirft der Beschluss in der Tat inhaltliche Fragen auf. Vor einem
       Jahr beteiligten sich drei Links-Parlamentarier an der Gaza-Flottille.
       Parteichefin Gesine Lötzsch lobte damals im Namen der Fraktion und der
       Partei den "mutigen Einsatz" von Inge Höger, Annette Groh und Norman Paech,
       die sich an der Gaza-Flottille beteiligt hatten.
       
       Es fragt sich, warum nun grundfalsch ist, was damals richtig war. Offenbar
       mangelt es in der Fraktion an einer Debatte über die Gaza-Flottille, von
       einer Neubewertung ganz zu schweigen. Auch deshalb wird der Beschluss als
       Oktroi empfunden. Petra Pau, die zu den Unterstützern des Beschlusses
       zählt, bemängelt, dass "diese Debatte in der Fraktion nicht geführt wurde".
       Allerdings habe sich der linke Flügel verweigert.
       
       ## Rhetorisch in der Nähe von Antisemitismus
       
       Widerspruch entzündet sich auch an der Forderung, dass die Linksfraktion
       für eine Zwei-Staaten-Lösung eintritt - während die Forderung nach einem
       binationalen Staat rhetorisch in die Nähe von Antisemitismus gerückt wird.
       Auch von Nahostexperten, die den Grünen und der FDP nahestehen, ist
       Verwunderung über diese Doktrin zu hören.
       
       Matthias Höhn, Pragmatiker der Linkspartei aus Sachsen-Anhalt, rechtfertigt
       die Ablehnung einer Ein-Staaten-Lösung. Eine Ein-Staaten-Lösung mit dem
       Rückkehrrecht für alle palästinensischen Flüchtlinge bedeute "die Auflösung
       des jüdischen Staates". Wer das fordere, müsse "den Israelis ihre
       Lebensperspektive für diesen Fall glaubhaft erläutern". Die Parteilinke, so
       Höhn, bewege sich noch immer in den Gut-böse-Mustern des Antiimperialismus.
       
       Die Parteilinke Heike Hänsel mutmaßt, dass es bei der Debatte gar nicht um
       Israel geht, sondern darum, die Linkspartei regierungsfähig zu machen. Das
       ist angesichts der Tatsache, dass Rot-Rot-Grün im Bund derzeit fast
       unvorstellbar ist, eine Projektion von bemerkenswerter Wirklichkeitsferne.
       Die Kluft zwischen den Flügeln, so ein pragmatischer Linksparteipolitiker,
       "war noch nie so tief wie jetzt". Offenbar will die Linkspartei diesen
       Konflikt nun auf vermintem Gelände austragen.
       
       13 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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