# taz.de -- Atomausstieg grundrechtskonform: "Schlechte Aussichten für Betreiber"
       
       > Der geplante Atomausstieg verletzt keine Grundrechte der Atom-Konzerne,
       > erklärt Rechtsprofessorin Wallrabenstein. Das wüssten sie auch, ihnen
       > ginge es gar nicht um Entschädigungen.
       
 (IMG) Bild: So schön kann ein abgeschaltetes Akw aussehen. Der "Schnelle Brüter" in Kalkar ging allerdings nie ans Netz.
       
       taz: Mehrere Atomkonzerne bereiten Verfassungsklagen gegen den geplanten
       Atomausstieg vor. Haben auch Unternehmen Grundrechte? 
       
       Astrid Wallrabenstein: Im Prinzip ja. Das Grundgesetz garantiert auch
       Unternehmen passende Grundrechte wie das Eigentumsrecht. Allerdings können
       sich nur private, nicht aber staatliche Akteure auf Grundrechte berufen.
       Vattenfall, das mittelbar dem schwedischen Staat gehört, dürfte also wohl
       keine Verfassungsklage erheben können. Auch EnBW gehört indirekt fast
       vollständig dem Land Baden-Württemberg und oberschwäbischen Landkreisen.
       
       Auf welche Grundrechte können sich die anderen Atomkonzerne RWE und Eon
       berufen? 
       
       In der Diskussion sind vor allem das Eigentumsrecht und das Recht auf freie
       Berufsausübung. Bei beiden Grundrechten käme es letztlich vor allem darauf
       an, ob der geplante Atomausstieg das Verhältnismäßigkeitsprinzip wahrt.
       
       Und was sagen Sie? 
       
       Ich habe keine Bedenken wegen der Verhältnismäßigkeit. Auf der einen Seite
       steht die Vermeidung gewaltiger Risiken durch die Atomenergie und der
       Einstieg in eine nachhaltige Energieversorgung. Das sind überragend
       wichtige Gemeinwohlbelange. Auf der anderen Seite machen die
       Energiekonzerne geltend, dass sie einen kleinen Teil der ihnen
       zugestandenen Reststrommengen nicht mehr nutzen oder verkaufen können. Das
       ist eine sehr begrenzte Beeinträchtigung. Außerdem können sich die
       Investitionen der Unternehmen auch dann amortisieren, wenn ein AKW nicht
       ganz 32 Betriebsjahre erreicht. Denn der Gesetzgeber hat hierbei sehr
       großzügig zugunsten der Betreiber gerechnet und viele Puffer eingebaut.
       
       Im Herbst 2010 wurden die Reststrommengen aber von Schwarz-Gelb deutlich
       ausgeweitet. Das wird den Konzernen nun alles wieder weggenommen... 
       
       Das Gesetz über die Laufzeitverlängerung war verfassungswidrig, unter
       anderem weil ihm die erforderliche Zustimmung des Bundesrats fehlte.
       Dadurch konnten keine Rechtspositionen der Betreiber entstehen. Im übrigen
       schützt das Grundgesetz keine bloßen Gewinnaussichten.
       
       Rot-grüne Atomexperten rügen Merkels Gesetz, weil der Atomausstieg darin
       schlecht begründet werde. Entstehen so unnötige Prozessrisiken? 
       
       Für die öffentliche und parlamentarische Debatte wäre es natürlich besser,
       die Schwachstellen der deutschen AKWs – zum Beispiel der fehlende Schutz
       gegen Flugzeugabstürze, die ungeklärte Atommüllentsorgung – würden deutlich
       benannt. Aber eine dünne Begründung macht ein Gesetz nicht
       verfassungswidrig. Entscheidend ist, dass dann vor dem
       Bundesverfassungsgericht gute Argumente für den Atomausstieg vorgetragen
       werden können. Und daran besteht kein Zweifel.
       
       RWE kritisiert, dass die baugleichen Blöcke Gundremmingen B und C
       verschieden lange laufen sollen. Ist das willkürlich und damit
       verfassungswidrig? 
       
       Nein, denn es gibt ja einen sachlichen Grund für die gestaffelten
       Laufzeiten: Energiewirtschaftlich ist der Übergang einfach leichter zu
       gestalten, wenn nicht alle AKWs gleichzeitig vom Netz gehen.
       
       Warum bereiten die Konzerne mit so viel Aufwand Verfassungsklagen vor, wenn
       sie doch – nach Ihrer Ansicht – keine Chance haben? 
       
       Ich glaube, den Unternehmen geht es weniger um einen Stopp des
       Atomausstiegs und nicht einmal so sehr um Entschädigungen. Dass die
       Aussichten hierfür schlecht sind, wissen auch die AKW-Betreiber. Ich
       vermute vielmehr, dass die Firmen den Moment hinausschieben wollen, an dem
       sie rechtlich verpflichtet sind, ihre AKWs rückzubauen. Denn dann müssten
       sie die milliardenschweren Rückstellungen auflösen, mit denen sie derzeit
       noch gute Geschäfte machen können.
       
       22 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
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