# taz.de -- Palästinenser zweifeln an UN-Appell: PLO-Funktionär fürchtet neue Gewalt
       
       > Vor der möglichen UN-Anerkennung eines unabhängigen Staates gibt es
       > Unstimmigkeiten zwischen Hamas und Fatah. Eine gemeinsame Regierung steht
       > noch aus.
       
 (IMG) Bild: Stockende Koalitionsverhandlungen: Mahmut Abbas (r.) und Ismail Hanije.
       
       RAMALLAH taz | Je näher der 15. September rückt, wenn die
       UN-Generalversammlung zusammentrifft, desto stärker plagen die politische
       Führung in Ramallah Zweifel über Sinn und Unsinn ihres Appells an die
       UN-Mitglieder, den Staat Palästina anzuerkennen. Mit Nachdruck fordert
       Palästinenserpräsident Mahmud Abbas eine diplomatische Lösung. Ohne erneute
       Verhandlungen bliebe ihm jedoch keine Wahl als genau die einseitigen
       Schritte zu verfolgen, vor denen US-Präsident Barack Obama jüngst gewarnt
       hat.
       
       Die USA werden gegen die Aufnahme "Palästinas" als volles UN-Mitglied ein
       Veto im Sicherheitsrat einlegen. Für die Anerkennung als Staat genügt die
       Mehrheit der Generalversammlung. "Im Moment sieht es gut aus", sagt Ghassan
       Shaka'a, Chef der PLO-Abteilung für arabische und internationale
       Beziehungen. "Die Tendenz ist steigend", sagt er. Immer mehr Staaten
       befürworteten die Anerkennung.
       
       Shaka'a gehörte nichtzuletzt aus Sorge um die Beziehungen zum Weißen Haus
       von Anfang an zu den Gegnern einseitiger Schritte. Trotzdem hofft er
       darauf, dass die UN nach ihrer Versammlung im September stärker in die
       Nahostentwicklungen eingreifen wird als bisher. "Wir fordern die offizielle
       Anerkennung des palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967", sagt
       der PLO-Funktionär. Anschließend sei die UN dafür zuständig, der Besatzung
       mit Hilfe eines "Friedensabkommens unter UN-Schirmherrschaft" ein Ende zu
       machen. "Wir sind der letzte besetzte Staat im Universum." Nach Ansicht
       Shaka'as würde die Anerkennung als Staat zunächst ausreichen.
       
       ## Vermittler im Friedensprozess
       
       Die UN agieren bislang nur im Rahmen des sogenannten Nahost-Quartetts als
       Vermittler im Friedensprozess - mit den USA, der EU und Russland. Derart
       eingebunden bleibt ihr Handlungsspielraum begrenzt. Die USA verlieren
       unterdessen zusehens an Vertrauen in den Palästinensergebieten. Obamas
       Rückzieher hinsichtlich des eingeforderten Baustopps in den Siedlungen bis
       hin zu seinen Warnungen vor einseitigen Schritten, macht ihn in Ramallah
       nicht beliebter.
       
       Die Europäer drängen auf neue Verhandlungen, sind sich indes uneins über
       "Palästina". Für die europäischen Führungen trägt Israel die Hauptschuld an
       der Eiszeit in der Friedensdiplomatie, trotzdem werden wenigstens
       Deutschland und Italien ein gesamteuropäisches "Ja" an die Palästinenser
       unterlaufen. Die Europäer drängen zudem auf einen inner-palästinensischen
       Frieden, doch die echte Versöhnung von Fatah und Hamas lässt auf sich
       warten.
       
       "Abu Masen (Abbas) hat seine Reise nach Gaza verschoben", sagt Ghassan
       Shaka'a, "das zeigt, dass es bei den Gesprächen nicht vorangeht".
       Hauptstreitpunkt bei den Koalitionsverhandlungen ist, wer Regierungschef
       wird. Die Fatah beharrt darauf, Salam Fayyad auf seinem Posten zu lassen,
       doch der ist für die Hamas ein rotes Tuch. "Die Einheitsregierung wird nie
       zustandekommen", kommentiert Shaka'a.
       
       Der PLO-Funktionär sieht die Zukunft düster. "Ich fürchte, wir kehren zur
       Gewalt zurück", sagt er. "Die Bevölkerung ist frustriert." Umfragen des
       "Jerusalemer Medien- und Kommunikationszentrums" zufolge rechnen zwei
       Drittel der Menschen im Westjordanland und in Gaza mit einer Anerkennung
       durch die UN-Staaten und mit positiven Auswirkungen für die Palästinenser.
       
       Die Erwartungen könnten enttäuscht werden. Selbst wenn die
       Generalversammlung den palästinensischen Staat anerkennt, endet die
       Besatzung noch nicht. "Wenn Abu Masen keinen politischen Erfolg vorweisen
       kann, wird er die Ruhe kaum aufrechterhalten können", meint Shaka'a. "Dann
       könnte es zu einer neuen Intifada kommen, die so blutig sein wird wie die
       letzte."
       
       22 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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