# taz.de -- Netzneutralität in den Niederlanden: Kein Glotze-Internet für Couchpotatos
       
       > Die Niederlande haben als erstes europäisches Land beschlossen, die
       > Netzneutralität zu regeln. Damit ist ein Schritt in Richtung
       > Schreib-Lese-Internet gemacht.
       
 (IMG) Bild: Netzneutralitäts-Stichworte: Regeln für die Gleichheit.
       
       BERLIN taz | Die Niederlande wollen alle Datenpakete im Netz gleich
       behandeln. Internet-Providern ist es bald verboten, die Geschwindigkeit
       bestimmter Pakete zu verlangsamen – oder andere bevorzugt zu behandeln.
       
       Die zweite Kammer des Parlaments stimmte am 22. Juni einem Gesetzentwurf
       zu, dieses muss noch den Senat passieren, was aber als ausgemacht gilt. Mit
       jedem Smartphone in den Niederlanden ist es dann möglich, den
       Telefon-Internetdienst Skype zu nutzen. Ist Netzneutralität nicht
       gesetzlich festgeschrieben, so können die Provider Voice-Over-IP-Telefonie
       wie Skype technisch oder vertraglich ausschließen.
       
       In Deutschland regeln die Provider solches unterschiedlich. O2 und E-Plus
       untersagen die Nutzung von Voice-Over-IP-Diensten nur vertraglich,
       implizit, in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, bei der Telekom und bei
       Vodafone sind solche bei manchen Verträgen auch technisch gesperrt. Von
       Bedeutung ist Netzneutralität zudem beim Internetfernsehen und auch bei dem
       Geschäft mit Apps, also den Mini-Programmen für Smartphones. Das wird von
       Google und Apple dominiert, von diesem Kuchen würden die Provider auch
       gerne etwas abbekommen.
       
       ## Konzentration auf dem Markt
       
       Kritiker sorgen sich, dass es ohne gesetzlich verankerte Netzneutralität zu
       einer Konzentration auf dem Markt kommen wird, nämlich dann, wenn sich
       große Internet-Provider und Inhalteanbieter zusammentun.
       
       Die im vergangenen Spätsommer angekündigte Zusammenarbeit von Google mit
       dem US-amerikanischen Telekommunikationskonzern Verizon sorgte in den USA
       für Proteste. Für Deutschland wäre es zum Beispiel denkbar, dass die
       Deutsche Telekom Verträge mit RTL macht und dann die Daten zu RTL-Inhalten
       schneller durchleitet. Telekom-Chef Rene Obermann ließ allerdings schon
       anklingen, dass die Diskussion um die Netzneutralität für ihn nur eine
       "Scheindebatte" sei.
       
       Ein Sprecher des niederländischen Telekommunikationskonzerns KPN sagte als
       Reaktion auf den Gesetzesbeschluss, man "bedaure, dass sich die Politik
       nicht mehr Zeit gelassen" habe, immerhin gebe es aktuell Entwicklungen auf
       europäischer Ebene. KPN plant nun eine Anpassung der Mobilfunkverträge.
       
       ## "Entscheidend für die Freiheit im Netz"
       
       Netzneutralitäts-Befürworter feiern den Beschluss. Der Vorsitzende der
       niederländischen Netz-NGO Bits of Freedom, Ot van Daalen, sprach anlässlich
       des Beschlusses davon, das Gesetz sei "entscheidend für die Freiheit im
       Netz", führte aber einen anderen Freiheitsbegriff an als Obermann.
       Netzneutralität führe zu mehr Wahlfreiheit und damit auch zu niedrigeren
       Kommunikationskosten für die Verbraucher, sowie zu besseren
       Wettbewerbschancen für Internet-Startups. Van Daalen forderte andere Länder
       auf, dem Beispiel der Niederlande zu folgen.
       
       Bislang ist Chile das weltweit einzige weitere Land, das Netzneutralität
       gesetzlich verankert hat, jedoch nicht ganz so weitreichend wie in den
       Niederlanden. In Kanada und den USA gibt es Ansätze. Die EU-Kommission
       denkt aktuell darüber nach, Netzneutralität in einer Richtlinie
       vorzuschreiben. Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag ist niedergelegt, dass
       die Bundesregierung die Entwicklung "sorgfältig beobachten und nötigenfalls
       mit dem Ziel der Wahrung der Netzneutralität gegensteuern" wolle. Die
       Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" des Deutschen
       Bundestags hat das Thema am kommenden Montag auf der Tagesordnung.
       
       24 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Seeliger
       
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