# taz.de -- Deutschland gewinnt gegen Nigeria: „Ohne Glanz und Gloria“
> Die deutschen Fußballfrauen haben den Einzug ins Viertelfinale geschafft.
> Aber eine Glanzleistung war das Spiel gegen Nigeria so gar nicht.
(IMG) Bild: Sanft war das Spiel gegen Nigeria nicht: Torschützin Simone Laudehr am Boden
FRANKFURT taz | Wütende Pfiffe zur Halbzeitpause eines deutschen Spiels bei
dieser Frauen-WM? Eigentlich unvorstellbar! Aber in der selbst ernannten
Frauenfußball-Hauptstadt Frankfurt ging es nicht zimperlich zu. Weder auf
dem Rasen noch auf den Rängen.
Die Unmutsäußerungen der Zuschauer galten den des Öfteren überhart
einsteigenden Nigerianerinnen und der völlig überforderten südkoreanischen
Schiedsrichterin Cha Sung Mi. Aber bei vielen war gewiss auch sehr viel
Unmut darüber dabei, dass die clever verteidigenden Gegnerinnen die
Deutschen einfach nicht ins Spiel kommen lassen wollten.
Der Unmut der zornigen Bundestrainerin Silvia Neid richtete sich indes auf
ihr eigenes Team. Sie schimpfte an der Seitenlinie unentwegt. Aber sie
konnte ihren zu statisch und zu unpräzise angreifenden Spielerinnen keine
Beine machen. Lange wollte sich die Verkrampfung so gar nicht lösen. Erst
Simone Laudehr gelang in der 54. Minute der erlösende entscheidende Treffer
zum 1:0, mit dem sich die Deutschen bereits vor dem letzten Vorrundenspiel
gegen Frankreich für das Viertelfinale qualifiziert haben.
„Ohne Glanz und Gloria“ sei das geschehen, wie Neid resümierte. Das
deutsche Team wirkt angeschlagen. Zum einen ganz konkret physisch. Denn die
Partie gegen Nigeria dürfte das Klischee, Frauenfußball fehle die
Wettkampfhärte, endgültig widerlegt haben. Die Bundestrainerin sagte: „Ich
glaube, ich habe so etwas noch nie erlebt. Ich habe noch keine unserer
Spielerinnen gesehen, die keinen Verband hat.“
## Strukturelle Probleme
Und ratlos bemerkte sie: „Ich weiß nicht, warum die Schiedsrichterin das
nicht unterbunden hat. Wenn uns dann mal eine Kombination gelungen war, was
selten genug vorkam, wurden wir sofort durch ein Foul gestoppt.“ Ihre
nigerianische Kollegin Ngozi Uche fand das alles halb so schlimm.
„Natürlich war das Spiel hart, aber uns war klar, dass wir ausscheiden,
wenn wir verlieren.“
Neben der körperlichen Blessuren scheint das Team aber nach dem Eindruck
von Silvia Neid auch an mentalen Problemen zu leiden. Die Bundestrainerin
kündigte an in den nächsten Tagen viele Einzelgespräche zu führen. Man
dürfe den Ball doch auch vor 50.000 Zuschauern mitnehmen und präzise
weiterspielen. Das sei eine Sache des Kopfes.
Konnte man [1][das maue erste Spiel der Deutschen gegen Kanada] noch der
Anfangsnervosität zu Turnierbeginn zuschreiben, zeigte sich beim zweiten
Auftritt aber auch, dass es strukturelle Probleme gibt. Wieder überzeugte
die Abwehr bei der Spieleröffnung nicht, wenn sie unter Druck gesetzt
wurde. Hinzu kam dieses Mal aber ein weiteres Problem: die ansonsten so
rührigen Offensivspielerinnen brachten so gut wie nichts zuwege. Von
Laudehrs Treffer einmal abgesehen, kamen nur drei, vier Bälle pro Halbzeit
auf das Tor von Precious Dede. Und bei keinem musste sich diese sonderlich
verausgaben.
Als Melanie Behringer nach einer guten halben Stunde verletzt ausschied und
wegen des Verdachts eines Außbandanrisses im rechten Sprunggelenk direkt
ins Krankenhaus gefahren werden musste, deutete sich schon an, dass diese
Partie unter keinem guten Stern für die Deutschen stand.
Letztlich ging es wie gegen Kanada gerade noch einmal gut. Und die
Zuschauer in der deutschen Hauptstadt des Frauenfußballs konnten nach dem
Schlusspiff befreit jubeln.
30 Jun 2011
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