# taz.de -- Serbischer Regierungschef in Sarajevo: Erster offizieller Besuch seit Kriegsende
> Tadic trifft sich mit dem Präsidentenrat - dem höchsten politischen
> Gremium in Bosnien und Herzegowina. Der Wunsch, der EU beizutreten,
> erfordert Kompromisse.
(IMG) Bild: Empfang mit militärischen Ehren: Serbiens Staatspräsident Boris Tadic in Sarajewo.
SPLIT taz | Lange hat es gedauert, bis der serbische Präsident Boris Tadic
seine Geburtsstadt Sarajevo offiziell besuchte. Zwar war er mehrmals in
Bosnien und Herzegowina, vor allem jedoch in der Hauptstadt des serbischen
Teilstaates Banja Luka. Das wurde in Sarajevo als Unterstützung für den
dortigen Ministerpräsidenten Milorad Dodik und die nationalistischen
serbischen Kräfte verstanden.
Andererseits entschuldigte sich Tadic im vergangenen Jahr in Srebrenica für
die im serbischen Namen begangenen Verbrechen. Doch richtige Staatsbesuche
waren all seine Visiten bis dahin nicht. Am Mittwoch besuchte er jedoch
offiziell das höchste politische Gremium, den aus den drei Repräsentanten
der Volksgruppen bestehenden Präsidentschaftsrat und führte Gespräche mit
dem Vorsitzenden der Regierung des Gesamtstaates, Nikola Spiric. In
Sarajevo hoffen viele, dass dieser Besuch eine Neuorientierung der Politik
Serbiens gegenüber Bosnien und Herzegowina bedeutet.
Bakir Izetbegovic, das bosniakische Mitglied im Staatspräsidium, drückte in
seiner Rede den Wunsch nach Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden
Staaten aus. Neben Kroatien ist Serbien der wichtigste Handelspartner des
Landes in der Region. Izetbegovic forderte Serbien und Kroatien auf,
Bosnien und Herzegowina bei der Annäherung des Landes an die EU zu
unterstützten.
Man müsse offen über die bestehenden aktuellen Konflikte sprechen, über
einige Grenzstreitigkeiten, über den Staatsbesitz aus gemeinsamer
jugoslawischer Zeit und über die Maßnahmen Serbiens, Bürger Bosnien und
Herzegowinas durch Interpol in Drittländern verhaften zu lassen. Noch immer
befindet sich zum Beispiel der ehemalige Verteidiger Sarajevos im Krieg,
General Jovan Divjak, unter Hausarrest in Wien.
Zwar ist die Integration in die EU weiterhin das Ziel aller
Nachfolgestaaten Jugoslawiens, doch politisch hat die EU wenig zur Lösung
der politischen Krise in Bosnien und Herzegowina beigetragen. Die Türkei
hat dagegen eine diplomatische Offensive auf dem Balkan begonnen.
Ministerpräsident Erdogan erklärte, die muslimischen Bevölkerungen auf dem
Balkan könnten auf die Unterstützung der Türkei zählen. Ankara setzt damit
ein klares Zeichen gegen die Versuche aus Banja Luka, die serbische
Teilrepublik zu einen selbstständigen Staat zu machen.
6 Jul 2011
## AUTOREN
(DIR) Erich Rathfelder
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