# taz.de -- Entscheidung zu Gentests an Embryonen: PID wird in Deutschland legal
       
       > Die Debatte im Bundestag war emotional. Am Ende siegten die Befürworter
       > der Präimplantationsdiagnostik. Künftig sind Gentests an Embryonen
       > begrenzt zugelassen.
       
 (IMG) Bild: Die Befürworter der PID setzten sich bei der Abstimmung im Bundestag durch.
       
       BERLIN afp/dapd/dpa | Der Bundestag hat die begrenzte Zulassung der
       Präimplantationsdiagnostik (PID) beschlossen. Der entsprechende
       Gesetzentwurf erhielt am Donnerstag in der Schlussabstimmung 326 von 594
       abgegebenen Stimmen. Der Entwurf für ein Verbot erhielt 260 Stimmen. Acht
       Abgeordnete enthielten sich. Ein Kompromissentwurf war mit 58 Stimmen in
       zweiter Lesung gescheitert.
       
       Paare dürfen die Methode laut dem erfolgreichen Entwurf künftig nutzen,
       wenn auf Grund ihrer genetischen Veranlagung eine hohe Wahrscheinlichkeit
       für eine schwerwiegende Erbkrankheit beim Kind oder für eine Tot- oder
       Fehlgeburt besteht.
       
       Zuvor hatten die Parlamentarier teils sehr kontrovers und emotional
       diskutiert. Mit tränenerstickter Stimme etwa hatte der Linken-Abgeordnete
       Steffen Bockhahn für die Zulassung von Gentests an Embryonen gewordbe. Er
       selbst sei "der glücklichste Vater der Welt", sagte er im Plenum. Dieses
       Glück, "das ich jetzt mit meiner Frau teilen kann", sollten auch andere
       haben können, auch wenn sie wegen Erbkrankheiten zweifeln, ob sie ein Kind
       bekommen sollen. Auch andere Redner führten ihre persönliche
       Lebenssituation und ihre Kinder ins Feld.
       
       ## Spezialisierte Zentren
       
       Dem Parlament lagen drei [1][Gesetzentwürfe] zur Abstimmung vor, die alle
       von Abgeordneten verschiedener Parteien getragen wurden.
       
       Für eine begrenzte Zulassung der PID warb der Vorschlag der FDP-Politikerin
       Ulrike Flach, des CDU-Abgeordneten Peter Hintze und anderer. Demnach sollte
       die Methode Paaren offen stehen, die eine Veranlagung für eine
       schwerwiegende Erbkrankheit haben oder bei denen mit einer Tot- oder
       Fehlgeburt zu rechnen ist. Jeder Fall soll von einer Ethikkommission
       beurteilt werden, möglich sein soll die PID nur an spezialisierten Zentren.
       
       Für ein striktes Verbot der PID traten der CSU-Gesundheitsexperte Johannes
       Singhammer, die Grünen-Abgeordnete Birgitt Bender und andere Abgeordnete
       ein. Die Gegner argumentierten, die mit der PID mögliche Aussortierung
       kranker Embryonen gefährde "die Akzeptanz gesellschaftlicher Vielfalt".
       Damit wachse der Druck auf Eltern, "ein gesundes Kind haben zu müssen" und
       sich gegen ein behindertes Baby zu entscheiden.
       
       Ein dritter Gesetzentwurf suchte den Mittelweg. Getragen wurde er von
       Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), dem SPD-Abgeordneten René Röspel
       und anderen. Sie schlugen vor, die PID zwar grundsätzlich zu verbieten,
       aber Ausnahmen zuzulassen. Dies sollte gelten, wenn die erbliche
       Vorbelastung der Eltern "mit hoher Wahrscheinlichkeit" zu einer Schädigung
       des Embryos und einer Tot- oder Fehlgeburt führt. Der Vorschlag sah eine
       Beratung vor der Diagnostik vor. Die PID sollte auch nur in einem Zentrum
       möglich sein.
       
       ## Ethische Bedenken
       
       Präimplantationsdiagnostik - das sind Gentests an im Reagenzglas gezeugten
       Embryonen, die Aufschluss über Krankheiten und Behinderungen geben sollen.
       Für eine PID werden wenige Tage nach der künstlichen Befruchtung zwei
       Zellen entnommen und auf Anlagen für genetisch bedingte Krankheiten
       untersucht. Wird ein Gendefekt diagnostiziert, der eine schwere Behinderung
       des Kindes zur Folge hätte, lassen die Fachleute den Embryo absterben.
       Liegt keine Schädigung vor, kann er in die Gebärmutter eingesetzt werden.
       
       [2][Ethische Bedenken] gibt es wegen der "Auslese" von Embryonen und wegen
       der Belastungen für Frauen bei künstlichen Befruchtungen. Dafür bekommen
       sie hohe Hormondosen, damit gleichzeitig mehrere Eizellen reifen. Dies
       führt gelegentlich zu bedrohlichen Überreaktionen und möglicherweise auch
       zu Spätschäden. Befürworter argumentieren hingegen, die PID sei für einige
       erblich vorbelastete Paare der einzige Weg, sich für ein eigenes Kind zu
       entscheiden.
       
       In Deutschland ist die künstliche Befruchtung im Embryonenschutzgesetz
       geregelt, nicht aber die PID. Obwohl es keine umfassenden Regeln gab, galt
       die Methode lange als verboten. Geändert hat dies ein Urteil des
       Bundesgerichtshofs vom Juli 2010. Die Richter sprachen einen Arzt frei, der
       die PID bei Embryonen dreier Paare in den Jahren 2005 bis 2006 angewandt
       hatte. In Abstimmung mit den Frauen ließ er die Embryonen mit einem
       Gendefekt absterben. Mit einer Selbstanzeige gab er den Anstoß für die
       höchstrichterliche Klärung.
       
       Nach der faktischen Legalisierung der PID durch die Richter hielten viele
       Politiker eine gesetzliche Regelung für nötig.
       
       7 Jul 2011
       
       ## LINKS
       
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