# taz.de -- Innenminister redet nicht mit Gewerkschafts-Chef: Eiszeit zwischen Polizei und Dienstherrn
       
       > Wegen "Irritationen aus der Vergangenheit" verweigert Niedersachsens
       > Innenminister Schünemann (CDU) Gespräche mit dem Landeschef der
       > Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der ist politisch nicht auf seiner Linie.
       
 (IMG) Bild: Hält sich von manchen Polizisten lieber fern: Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (links).
       
       HANNOVER taz | Der Ton zwischen Niedersachsens Polizeigewerkschaften wird
       rauer: Vor "neuen Allianzen" warnt der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK)
       - weil sich der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Dietmar
       Schilff, mit der Linksfraktion getroffen hat. Die stelle die Polizei "nicht
       selten in die Nähe von Faschisten", behauptet der BDK in einer
       Pressemitteilung. Dass Schilff mit der Linksfraktion spricht, habe man "mit
       Erschaudern" zur Kenntnis genommen.
       
       Für Schilff selbst sind die Vorwürfe "außerhalb jeder Diskussion". Seit
       seinem Amtsantritt im Januar hat er sich mit Innenpolitikern aller
       Landtags-Fraktionen getroffen. Darunter auch Pia Zimmermann von der Linken.
       "Wir führen selbstverständlich Gespräche mit allen Parteien, die
       Verantwortung in den Parlamenten tragen", sagt er. "Einzige Ausnahme sind
       rechtsextreme Parteien."
       
       Schon Schilffs Vorgänger hatte sich mit der Linksfraktion getroffen. Damals
       hat sich der BDK daran nicht gestoßen. Warum man nach dem jüngsten Treffen
       plötzlich "Vorsicht geboten" sieht, wollte der BDK der taz nicht erklären.
       Zu einer Stellungnahme war man dort trotz mehrfacher Anfrage nicht in der
       Lage.
       
       Zeitlich fällt die BDK-Kritik mitten hinein in Streitigkeiten, die seit
       Monaten rund um Niedersachsens Polizeigewerkschaften schwelen. Denn dicke
       Luft herrscht auch zwischen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) und der GdP.
       Seit Schilffs Wahl vor einem halben Jahr verweigert der dem gesamten
       GdP-Landesvorstand das Gespräch. Stattdessen spricht Schünemann lieber mit
       den wesentlich kleineren Konkurrenz-Verbänden, der Deutschen
       Polizeigewerkschaft (DPolG) und dem BDK.
       
       Für Schünemann dürfte das bequem sein: Die beiden kleinen Gewerkschaften
       sind politisch weitgehend auf seiner Linie. DPolG-Landeschef Thomas Kliewer
       etwa ist ebenfalls CDU-Mitglied. GdP-Chef Schilff hingegen ist bei der
       Landtagswahl 2008 für die SPD angetreten und will sich bei der Kommunalwahl
       im September in Braunschweigs Stadtrat wählen lassen. Inhaltlich kommen
       Schilff und Schünemann selten überein.
       
       Ganz anders ist das beim BDK, sei es beim Thema Vorratsdatenspeicherung
       oder aktuell der Linken-Schelte. Die BDK-Forderung "keine Freiheit für
       Feinde der Freiheit durch Beschützer der Freiheit" könnte auch vom
       Innenminister stammen. Der lässt die Linkspartei in Niedersachsen nach wie
       vor vom Verfassungsschutz überwachen. Bei "namhaften Teilen der Partei"
       vermutet er "linksextremistische Bestrebungen".
       
       Die Gründe für seine Gesprächsverweigerung lässt Schünemann offen. Sie
       hätte mit der Person Schilff zu tun, sagte er jüngst dem NDR, und verwies
       auf "Irritationen in der Vergangenheit". Zu weiteren Details wolle man sich
       nicht äußern, erklärt Schünemanns Sprecherin auf taz-Nachfrage.
       
       Die Eiszeit zwischen dem GdP-Chef und dem Dienstherrn sei ohnehin
       "überhaupt kein Problem": "Der Minister ist im Bilde über Probleme der
       Basis", sagt die Sprecherin. Schünemann habe in den vergangenen Monaten
       alle Polizeiinspektionen Niedersachsens bereist und mit den Personalräten
       vor Ort gesprochen - darunter auch einfache GdP-Mitglieder. Beim
       Hauptpersonalrat der Polizei sieht man das weniger entspannt: Man begrüße
       zwar, dass Schünemann die Polizeiinspektionen besuche, heißt es dort. Die
       Gespräche vor Ort seien aber nur "ein zeitliches Schlaglicht". Um
       kontinuierlich wissen zu können, welche Belange es bei der Polizei gibt,
       müsse er auch die GdP zu Rate ziehen, die in Niedersachsen 14.000
       PolizistInnen vertritt.
       
       Nebulös bleiben Schünemanns Gründe auch für Schilff. "Ich kenne keine
       Ursache", sagt er. Mehrfach habe er seinen Dienstherrn angeschrieben - ohne
       Antwort. Zwischenzeitlich hat Schilff nicht nur den GdP-Bundesverband und
       den Deutschen Gewerkschaftsbund informiert. Er hat sich auch an
       Ministerpräsident David McAllister (CDU) gewandt - der allerdings verweist
       zurück ans Innenministerium. "Schünemanns Verhalten ist einmalig in der
       Bundesrepublik", sagt Schilff, "überall schüttelt man darüber den Kopf."
       
       21 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) FDP-Politikerin Piltz über Sicherheitsdebatte: "Die Hysterie ist unverständlich"
       
       Die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz warnt nach den Anschlägen in Norwegen
       vor voreiligen Forderungen zur Kontrolle des Internets. Und sie grenzt sich
       deutlich vom Extremismusbegriff der Union ab.
       
 (DIR) Kommentar Schünemanns Schweigen: Harter Hund duscht warm
       
       Die 14.000 GdP-Mitglieder sollten davon ausgehen können, dass ihr oberster
       Dienstherr ihre Interessenvertretung ernst nimmt - den Landeschef
       inbegriffen.Schünemanns Aussitzen kommt wenig professionell.