# taz.de -- Protest gegen Umbau der Kastanienallee: Auf die Straße nur zum Flanieren
       
       > Der Bürgerentscheid über den Straßenumbau stockt. Die erhoffte Abstimmung
       > am Tag der Abgeordnetenhauswahl ist schon nicht mehr möglich.
       
 (IMG) Bild: Dagegen sein reicht nicht. Die Gegner des Straßen-Umbaus kommen nicht richtig in die Gänge.
       
       Die erhoffte Bürgerbewegung ist es dann nicht geworden. Anfang Mai waren
       die Aktivisten der Initiative "Stoppt K21" noch siegesgewiss in ihr
       Bürgerbegehren gegen den Umbau der Kastanienallee in Prenzlauer Berg
       gestartet. Bis Ende des Monats habe man die für einen Bürgerentscheid
       benötigten knapp 9.000 Unterschriften von wahlberechtigten Pankowern sicher
       zusammen, hieß es damals. Nun, fast drei Monate später, vermeldet
       Initiativen-Mitglied Matthias Aberle einen aktuellen Stand von 5.500
       Unterschriften. Das Ziel, frühzeitig alle für einen Bürgerentscheid nötigen
       Unterschriften zusammenzuhaben, um diesen zeitgleich mit den Wahlen im
       September abzuhalten, ist damit verpasst.
       
       "Das Bezirksamt braucht vier Wochen, um die Gültigkeit der Unterschriften
       zu prüfen, und dann noch ausreichend Zeit, um einen Bürgerentscheid
       vorzubereiten", sagt Pankows grüner Stadtrat für Öffentliche Ordnung,
       Jens-Holger Kirchner. Bis 18. September sei das nicht möglich: "Der Zug ist
       abgefahren."
       
       Seit Jahren schon läuft die Diskussion über den Umbau der Straße. Durch die
       Sanierung der Gehwege, den Bau von Parkbuchten und das Einrichten einer
       Radspur soll sie barrierefrei und verkehrssicherer werden. Doch Gegner
       dieser Maßnahmen fürchten um das von der Ramschigkeit lebende Flair der
       Kastanienallee und ihre Qualitäten als Flaniermeile. Nach diversen
       Vermittlungsversuchen hat der Bezirk im April mit den Bauarbeiten begonnen.
       Kurz darauf starteten die Umbaugegner von "Stoppt K21" das Bürgerbegehren.
       
       Dessen Erfolg ist mit dem Verpassen des Etappenziels "Bürgerentscheid zur
       Wahl" zwar noch nicht entschieden, denn die Abgabefrist der Unterschriften
       beim Bezirksamt endet erst am 3. November, doch reizt die Initiative diesen
       Zeitrahmen aus, rechnet Kirchner nicht mit einem Bürgerentscheid vor März
       2012. Schon bis Ende dieses Jahres aber soll der Umbau der Kastanienallee
       in dem Abschnitt zwischen Schönhauser Allee und Oderberger Straße bereits
       abgeschlossen sein, sagt der Stadtrat. So kann es passieren, dass die
       Pankower im Frühjahr nächsten Jahres über einen Umbau abstimmen können, der
       bereits zu einem großen Teil gelaufen ist.
       
       Bedenken, von denen sich die Initiative nicht abschrecken lässt. "Wir
       sammeln eifrig weiter", sagt Aberle. Zuletzt habe man den Einsatz noch
       einmal hochgeschraubt und die Unterschriftenlisten als Wurfsendung in allen
       Briefkästen rund um die Kastanienallee verteilt. Zudem sei für Anfang
       September noch einmal ein Aktionstag geplant. "Wir bekommen die
       Unterschriften zusammen, und wenn der Bürgerentscheid erst im März kommt,
       dann ist das halt so." Des Erfolges ist sich Aberle weiterhin sicher. "Es
       ist der Bezirk, für den es letztendlich teuer wird, wenn er jetzt trotzdem
       weiterbaut."
       
       Unerwarteten Rückenwind gab es für die Gegner des Umbaus in der vergangenen
       Woche durch ein Positionspapier des Verkehrsplaners Joachim Seiler. Als
       Anwohner der Kastanienallee hat er ohne Auftrag von einer der beiden Seiten
       die Straße einer Art Stresstest unterzogen - mit dem Ergebnis, dass das
       Radfahren dort nach der Sanierung wesentlich gefährlicher zu werden droht
       als vorher. So führe der Umbau dazu, dass Autos und Trams künftig mit Tempo
       50 statt wie bisher mit Tempo 30 unterwegs wären, sagt Seiler.
       
       Zudem seien der geplante Schutzstreifen für Fahrradfahrer sowie der Plan,
       den Radweg über die neuen Haltestellenkaps der Tram zu leiten, nicht für
       Straßen mit einem so hohen Verkehrsaufkommen geeignet. Das Ziel, die
       Verkehrssicherheit zu erhöhen, würde somit verpasst. "Ich empfehle, die
       Baumaßnahmen einzustellen und die Pläne noch einmal auf Sicherheit zu
       prüfen", sagt Seiler.
       
       Beim Bezirksamt reagiert man auf diese Einschätzung gelassen. "Natürlich
       würde Tempo 50 die Straße gefährlicher machen, daher sind wir im Bezirk ja
       auch für Tempo 30", sagt Stadtrat Kirchner. Die Entscheidung darüber liege
       aber beim Senat. Dieser sei auch gemeinsam mit der BVG für die Planung der
       Haltestellenkaps zuständig, die in Berlin Standard seien. Die Überlastung
       der Schutzstreifen könne er nur umgehen, indem er sie breiter mache, was
       aber zulasten des Bürgersteigs ginge. "Das will die Initiative ja auch
       nicht", sagt Kirchner. Was dem Positionspapier Seilers fehle, seien
       konstruktive Vorschläge, wie man die vermeintlichen Missstände ändern
       könne. "Von guten Ideen lasse ich mich immer gerne überzeugen, nur fehlen
       die leider hier."
       
       24 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Juliane Wiedemeier
       
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