# taz.de -- Linke Regierung in Peru tritt an: "Vieles ist korrigierbar"
       
       > Südamerika ist weiter auf Linkskurs – Ollanta Humala tritt sein Amt als
       > Präsident Perus an. Der Chef der Wahrheitskommission, Lerner Febrés,
       > hofft im taz-Interview, dass Humala Versöhnung bringt.
       
 (IMG) Bild: Ex-Militär mit indianischen Wurzeln: Perus neuer Präsident Ollanta Humala.
       
       taz: Herr Lerner, am 28. Juli wird in Lima die neue Regierung vereidigt.
       Was erwarten Sie vom neuen Präsidenten Ollanta Humala? 
       
       Salomón Lerner Febres: Ich erhoffe mir von der neuen Regierung Initiativen
       in Richtung Versöhnung und Aufarbeitung unserer Vergangenheit. Natürlich
       weiß auch ich, dass es Leute gibt, die Ollanta Humala als ehemaligen
       Soldaten, der gegen die Aufständischen gekämpft hat, der Nähe zu den
       Militärs bezichtigen. Doch ich glaube, dass er ein Bewusstsein dafür hat,
       dass es in Peru eine Bevölkerungsschicht gibt, die eben nicht respektiert
       und integriert, sondern systematisch ausgeschlossen wird.
       
       Von wem? 
       
       Vom Staat und den gesellschaftlichen Gruppen, die ihn dominieren. Ollanta
       Humala gehört nicht zu dieser Elite, das zeigt schon sein Name. Er hat sich
       für die Einbeziehung der ausgeschlossenen Bevölkerungsschichten und für die
       Menschenrechte ausgesprochen, und ich glaube, dass dies auf einer
       ernsthaften, realen Besorgnis beruht. Dazu verpflichtet ihn auch das
       Wahlergebnis, denn er hat überall im Landesinneren gewonnen - nur nicht in
       Lima.
       
       Sie nehmen Ollanta Humala sein soziales Engagement ab? 
       
       Ja, denn er steht nicht für das alte System wie all die anderen Kandidaten,
       die sich zwar um die Wirtschaftsdaten sorgen, aber nicht um die Verteilung
       der Reichtümer und den Abbau sozialer Ungleichheit. Das gilt für Keiko
       Fujimori genauso wie für Alejandro Toledo, Luis Castañeda oder Pablo
       Kuczynski. Insofern ist Humala eine wohltuende Ausnahme, da er sich mit der
       sozialen Situation in Peru ernsthaft auseinandersetzt.
       
       In Peru häufen sich die Konflikte. Erst Ende Juni kam es bei Protesten
       gegen die Eröffnung einer Silbermine zu mehreren Toten. 
       
       Der Regierung García ging es in erster Linie um Wachstum und die
       Generierung von ausländischen Direktinvestitionen. Die Rechte der
       Bevölkerung gelten dabei als nachrangig, denn schließlich bringt die
       Ausbeutung dieser Ressourcen dem Staat Einnahmen, aber eben auch - und das
       wird gern übersehen - ökologische und soziale Kosten. Die werden auf die
       lokale Bevölkerung abgewälzt. Die hat es in immer mehr Regionen mit der
       Vergiftung von Flüssen, dem Verlust von Anbauflächen, der Verdrängung von
       traditionellen Anbauprodukten und dem Mangel an Wasser zu tun.
       
       So wie in Cajamarca, wo die größte Goldmine Lateinamerikas die
       Wasserressourcen der ganzen Region beansprucht? 
       
       Ja, Cajamarca war einst eine interessante Kolonialstadt, eine Agrarstadt.
       Heute ist es ein Beispiel dafür, wie sich der Bergbau auf die städtische
       Entwicklung auswirkt: Die Zahl der Bordelle ist gestiegen, es ist Geld in
       der Stadt und die Korruption sichtbar - alles Negative des modernen
       städtischen Konsums kann man hier beobachten, mit Entwicklung hat das wenig
       zu tun.
       
       Aber glauben Sie, dass die neue Regierung in der Lage und willens sein
       wird, diese Form der Entwicklung, die Sie ablehnen, zu überwinden? 
       
       Das ist eine große Herausforderung, ich weiß. Aber vieles ist korrigierbar,
       wenn man Partizipation ernst nimmt und ihr die Bildung zur Seite stellt.
       Man muss die Leute weiterbilden, der Bevölkerung ihre Rechte erklären,
       soziale Gerechtigkeit sichtbar machen und die Jugend des Landes in die Lage
       versetzen, dieses Land zu regieren. Da können in fünf Jahren Regierungszeit
       wichtige Weichen gestellt werden. Das setzt aber ein Engagement in vielen
       Bereichen voraus und dabei ist die Beteiligung der Bürger unerlässlich.
       
       Nach den Jahren des Populismus und des Klientelismus wäre das ein markanter
       Bruch … 
       
       Ja, wir brauchen den Bruch, denn Keiko Fujumori hat doch nur so viele
       Stimmen erhalten, weil ihr Vater durch das Land gereist ist und mit den
       Leuten gesprochen hat. Die fühlten sich ernst genommen - und Humala hat
       sich eben um die Leute auf dem Land gekümmert. Was aber fehlt, ist ein
       nationaler Entwicklungsplan auf lange Sicht.
       
       28 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Knut Henkel
       
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