# taz.de -- Rekordschulden lassen die Märkte kalt: "Über Japan redet niemand"
       
       > Griechen-Pleite, Eurokrise und der Schuldenstreit in den USA – doch warum
       > redet niemand über Japan? Die Schulden des Landes: 200 Prozent des BIP.
       
 (IMG) Bild: Schuldenkönig Japan: Die Finanzmärkte bleiben gelassen.
       
       HAMBURG taz | Der höchste Schuldenberg aller Industriestaaten befindet sich
       in Japan: über 200 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) sind es – und
       das nicht erst seit dem Erdbeben im März.
       
       Schulen sind in aller Munde, weltweit: Die vierte Erhöhung der
       Schuldenobergrenze in der kurzen Regierungszeit des US-Präsidenten Barack
       Obama hielt die Welt wochenlang in Atem. Doch das eigentliche Problem
       schwelt international weiter: Die USA werden 2011 nach Schätzung der OECD
       die 100-Prozent-Grenze überschreiten; die Gesamtschulden des Staates sind
       also genauso hoch wie die jährliche Wirtschaftsleistung.
       
       Noch schlechter schneiden die Euro-Sorgenkinder Portugal, Irland und
       Italien mit einer Schuldenquote von 110 bis 130 Prozent ab. Griechenland,
       dessen Geld- und Fiskalpolitik die europäische Gemeinschaftswährung zum
       Einsturz zu bringen droht, wird dann auf einem Schuldenberg von über 150
       Prozent seines BIP sitzen. Doch was ist all das angesichts der Geldnot, die
       Japan drückt?
       
       In diesem Jahr dürften die Staatsschulden auf weit über 200 Prozent des BIP
       klettern. Mit Folgen: "Die chronische Wachstumsschwäche Japans könnte zum
       Teil darin ihre Ursache haben", sagt Mechthild Schrooten vom Deutschen
       Institut für Wirtschaftsforschung.
       
       ## Finanzmärkte erstaunlich gelassen
       
       Trotz mieser Noten von den Ratingagenturen verhalten sich die Finanzmärkte
       erstaunlich gelassen. "Über Japan redet niemand, weil dort die
       Schuldenpolitik nicht durch irrationalen Parteienstreit geprägt ist",
       erklärt Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel das Desinteresse. In den
       USA war dagegen der Streit der letzten Wochen nicht um "eine rationale
       Finanzpolitik" gegangen, sondern ausschließlich um einen Machtkampf der
       Republikaner. "Die wollen Sozialabbau und ihre Steuersenkungspolitik
       erzwingen." Ähnlich sieht Euroskeptiker Wilhelm Hankel den
       US-Schuldenstreit: "Wahlkampfgetöse".
       
       Derweil scheint das Vertrauen unter den Finanzmarktakteuren in den Yen
       ungebrochen. So nahm sein Anteil an den weltweiten Währungsreserven sogar
       leicht zu, obwohl er durch den Euro seine Rolle als Ersatzleitwährung neben
       dem Dollar verlor. Für Desinteresse auf den globalen Finanzmärkten sorgt
       besonders die Struktur der Staatsschulden: 93 Prozent werden laut DB
       Research von Inländern gehalten, von Bürgern, Postbank und Versicherungen.
       
       In den USA sind es deutlich und in Griechenland weit weniger Einheimische.
       Nun sind diese genau "so boshaft" wie ausländische Spekulanten, aber auf
       einem kleineren Inlandsmarkt wird halt weniger spekuliert, sagt Herbert
       Schui, Ökonom und Bundestagsabgeordneter der Linkspartei: "Je größer der
       Markt, desto größer die Spekulation."
       
       ## Japan-Anleihen für Ausländer nicht attraktiv
       
       Zur fast vollständigen Verschuldung im eigenen Land trug die generell
       geringe Offenheit der japanischen Volkswirtschaft bei, plus die gesetzliche
       Verpflichtung von Versicherungen und Pensionskassen, Staatspapiere zu
       halten. Andererseits sind für Ausländer Japan-Anleihen wegen der minimalen
       Verzinsung nahe null unattraktiv.
       
       Beruhigend auf die Finanzmärkte wirkt zudem, dass die nach den USA und
       China nur noch drittgrößte Volkswirtschaft über eine eigene Währung verfügt
       und notfalls die Notenbank den Geldhahn stärker aufdrehen und
       Staatsschulden übernehmen könnte. Sollte Japan weiterhin seine Wirtschaft
       steuerlich entlasten und dies mit neuen Schulden finanzieren, erwartet der
       IWF, dass der Schuldenberg 2016 die 250-Prozent-Marke überspringt.
       
       4 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hermannus Pfeiffer
       
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