# taz.de -- Panik am Aktien-Markt: Nix für Protestanten
       
       > Innerhalb einer Woche rauschten die Aktienindizes in die Tiefe – allen
       > voran DAX und Dow Jones. Ist die globale Krise jetzt wieder da?
       
 (IMG) Bild: Kurssturz an der Börse – Sommergewitter oder Land unter?
       
       BERLIN taz | An den Börsen schlägt die Angst vor der weltweiten
       Schuldenkrise und vor einem Konjunktureinbruch in Panik um. Muss der
       EU-Rettungsschirm ausgeweitet werden? Merkel, Sarkozy und Zapatero wollen
       erst mal telefonieren. Jetzt liegt die Hoffnung auf einer neuen Geldspritze
       der US-Notenbank.
       
       Der Versuch der Europäischen Zentralbank (EZB), die Märkte zu beruhigen,
       ist gründlich in die Hose gegangen. Mit ihrer Entscheidung, wieder
       Staatsanleihen der europäischen Krisenländer aufzukaufen und den Banken
       zusätzliche Liquiditätsspritzen zu verabreichen, erreichte sie das
       Gegenteil: Auf den Finanzmärkten kam Panik auf, und das nicht nur in
       Europa.
       
       Der Deutsche Aktienindex DAX verlor am Donnerstag nach der EZB-Entscheidung
       schon 3,4 Prozent. Gestern nach Handelsbeginn rauschte er dann gleich noch
       mal um vier Prozent in die Tiefe auf zeitweilig nur mehr 6150 Punkte, bevor
       er sich dann wieder fing. In den USA fiel der Dow-Jones-Index um 4,3
       Prozent auf den tiefsten Stand seit Dezember, der Technologie-Index Nasdaq
       sackte um 5,1 Prozent ab, und in Japan verlor der Nikkei-Index 3,7 Prozent.
       Investoren interpretierten die EZB-Entscheidung als Eingeständnis, dass die
       Eurokrise noch viel schlimmer ist als befürchtet.
       
       Bislang hatte Deutschland noch als eine Insel der ökonomischen Stabilität
       gegolten. Deshalb hatten viele Anleger aus aller Welt ihr Geld in deutsche
       Aktien investiert. Doch nicht mal hier fühlen sie sich jetzt noch sicher.
       Innerhalb einer Woche hat der DAX, der vergangene Woche noch über der Marke
       von 7.300 Punkten lag, jedoch mehr als seinen gesamten Jahresgewinn wieder
       verloren.
       
       ## Auch der US-Schuldenkompromiss brachte keine Beruhigung
       
       Nur zwei Wochen ist es erst her, dass die Regierungschefs der Eurozone auf
       ihrem Sondergipfel in Brüssel 159 Milliarden Euro zur Rettung Griechenlands
       mobilisierten - unter Beteiligung privater Gläubiger. Nun verlangen
       Investoren auch von Spanien und Italien Risikoaufschläge. Sie fürchten, nun
       auch bei diesen sehr hoch verschuldeten Staaten früher oder später zur
       Kasse gebeten zu werden. Die Zinsen etwa für italienische Staatsschulden
       stiegen deutlich über sechs Prozent.
       
       So viele Haushaltseinsparungen sind gar nicht möglich, um einen derart
       hohen Schuldendienst noch finanzieren zu können. Das britische
       Forschungsinstitut Centre for Economics an Business Research goss am
       Donnerstag noch Öl ins Feuer: "Realistisch gesehen steht Italien an der
       Grenze zur Zahlungsunfähigkeit."
       
       Nicht einmal eine Woche ist es her, dass in den USA der Kongress die
       Zahlungsunfähigkeit des Landes mit einem Kompromiss über die Erhöhung der
       Schuldenobergrenze verhinderte. Auch das sorgte nicht für Ruhe. Börsianern
       bereiten nicht nur Schulden, sondern auch die abkühlende Konjunktur
       Kopfschmerzen. Am Mittwoch hatte die US-Notenbank Fed angedeutet, womöglich
       ihrerseits wieder US-Staatsanleihen anzukaufen, um so noch mehr Geld in die
       Wirtschaft zu pumpen und die Konjunktur zu beleben - auch wenn die erneute
       Dollarschwemme die Märkte langfristig destabilisieren könnte. Denn einige
       Indikatoren wie etwa die Konsumausgaben und die Erwartungen der
       Einkaufsmanager großer Unternehmen fielen in den vergangenen Tagen deutlich
       schlechter als erwartet aus.
       
       Auch in Deutschland ist die Industrieproduktion im Juli rückläufig gewesen,
       wie gestern gemeldet wurde. Der Chefvolkswirt des Instituts für
       Weltwirtschaft, Joachim Scheide, meinte: "Im Moment haben wir noch keine
       Rezession, aber das Risiko hat zugenommen." Der Leiter des Instituts für
       Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, sieht bereits die
       Gefahr einer neuen Weltwirtschaftskrise aufziehen. Wie weit der Pessimismus
       in Wirtschaftskreisen schon geht, zeigen beispielhaft die Preise für
       Erdöl-Lieferkontrakte, die sich neuerdings im Sinkflug befinden. Der Grund:
       Händler gehen von einer kommenden Rezession aus.
       
       Schon sah sich EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zu einem
       Brandbrief an die europäischen Regierungen veranlasst, in dem er Zweifel an
       den Beschlüssen des Gipfels äußerte und eine Ausweitung des
       Euro-Krisenfonds EFSF ins Gespräch brachte. Immerhin ist Italien die
       drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone - zu groß für den Rettungsschirm.
       Währungskommissar Olli Rehn sekundierte: Zwar bräuchten weder Italien noch
       Spanien derzeit Notkredite, aber eine Aufstockung des Fonds sei womöglich
       nötig. Noch gestern wollten Angela Merkel, Frankreichs Präsident Nicolas
       Sarkozy und ihr spanischer Kollege José Luis Rodriguez Zapatero über
       nächste Schritte beraten.
       
       5 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Liebert
       
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