# taz.de -- Hausdurchsuchung in Jena: Jetzt gibt's Emotionen
       
       > Nachdem sächsische Polizisten in Thüringen das Haus eines Pfarrers
       > durchsuchten, kocht die Wut hoch. Thüringens SPD-Chef fordert eine
       > Stellungnahme.
       
 (IMG) Bild: Das Dienstsiegel der Polizei Sachsen klebt auf dem VW-Bus, der Lothar König gehört.
       
       BERLIN taz | Nach der [1][Durchsuchung der Wohnräume eines Jugendpfarrers]
       in Jena (Thüringen) durch sächsische Polizisten eskaliert der Streit um den
       Einsatz. Der thüringische Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) beklagte
       am Donnerstag ein "großes Informationsdefizit". Es sei fraglich, ob die
       Thüringer Behörden "im erforderlichen Maße eingebunden waren", sagte er.
       
       Zudem warf Poppenhäger die Frage auf, warum aus Sachsen kein
       Amtshilfeersuchen an Thüringen kam. Er fordert, dass nun beide
       Landesregierungen "ganz schnell aufklärende Gespräche führen, damit in
       Zukunft solche Vorgänge ausgeschlossen sind."
       
       Am Mittwoch waren sächsische Polizisten auf Geheiß der Dresdner
       Staatsanwaltschaft (Sachsen) nach Thüringen gefahren, um dort das Haus des
       Pfarrers Lothar König zu durchsuchen, der in Jena seit Jahren gegen
       Rechtsextremismus aktiv ist und dabei auch mit Jugendlichen aus der
       linksautonomen Szene zusammenarbeitet. König wird vorgeworfen, am 19.
       Februar in Dresden einen Lautsprecherwagen zur Verfügung gestellt zu haben,
       von dem aus zu Straftaten aufgerufen wurde. Gegen König ermittelt die
       Dresdner Staatsanwaltschaft auch wegen Bildung einer kriminellen
       Vereinigung.
       
       Für ihren umfassenden Ermittlungsstil steht die Dresdner Staatsanwaltschaft
       seit Monaten in der Kritik, unter anderem weil sie im Rahmen einer
       [2][Großdemo zehntausende personenbezogener Daten erfasst] hatte. Die
       evangelische Landeskirche in Thüringen sowie viele Politiker hatten die
       Durchsuchungsmaßnahme am Mittwoch heftig kritisiert.
       
       ## Dresdner Staatsanwaltschaft verteidigt den Einsatz
       
       Kritik kam am Donnerstag auch von Thüringens stellvertretendem
       Ministerpräsident und SPD-Landeschef Christoph Matschie. "Das Vorgehen der
       sächsischen Behörden ist wirklich fragwürdig, da es keinerlei Absprachen
       mit thüringischen Behörden gegeben hat", sagte er der taz. Auch er forderte
       die sächsische Landesregierung auf, zu dem Vorgehen Stellung zu nehmen.
       
       Der Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft, Jan Hille, verteidigte
       unterdessen am Donnerstag den Einsatz. Er beruft sich auf die
       Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz. Demnach dürfe die
       Staatsanwaltschaft bundesweit ermitteln und dazu auch sächsische Polizisten
       in andere Bundesländer schicken. Hille greift zugleich die Kritiker an. Der
       Rechtsstaat müsse sich bedroht fühlen, wenn Politiker versuchten, Einfluss
       auf laufende Ermittlungen zu nehmen.
       
       "Das was sich im Moment einige Politiker und interessierte Medien an
       Vorwürfen gegen die Staatsanwaltschaft Dresden erlauben, kannte ich bisher
       nur aus der rechtsextremen Ecke oder von Querulanten", sagte Hille der taz.
       "Wir werden uns von keinem Politiker zu einer Strafvereitelung drängen
       lassen."
       
       ## "Mit solchen Feindbildern kommen wir nicht weiter"
       
       Das geht wiederum den Politikern in Thüringen zu weit: Der innenpolitischer
       Sprecher der Grünen-Fraktion in Thüringen, Dirk Adams, sagte zur Äußerung
       der Staatsanwaltschaft: "Wenn die Staatsanwaltschaft Dresden sich durch die
       Fragen von Abgeordneten behindert fühlt, dann hat die Staatsanwaltschaft
       ein gestörtes Verhältnis zum Parlamentarismus und den Aufgaben frei
       gewählter Abgeordneter." Als Abgeordneter in Thüringen sei es seine
       Pflicht, staatliches Handeln zu bewerten und zu kontrollieren.
       
       Auch Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD), der sich zuvor
       kritisch zu der "unerhörten Aktion" der sächsischen Behörde geäußert hatte,
       reagierte empört auf die Äußerung Hilles. "Der Vergleich der Dresdner
       Staatsanwaltschaft ist völlig unangebracht", sagte Schröter der taz. "Mit
       solchen Feindbildern kommen wir nicht weiter. Als Demokrat bin ich aber
       gerne bereit, Herrn Hille zu einem Gespräch nach Jena einzuladen, um mal
       deutlich zu machen, welches Demokratieverständnis wir hier haben."
       
       Die Polizeidirektion Jena bestätigte unterdessen, sie sei "mit Beginn des
       Einsatzes" am Mittwoch über die Maßnahme der sächsischen Ermittler
       informiert worden. Aus dem thüringischen Innenministerium hieß es, das
       Ministerium sei von der Aktion, an der keine thüringischen Beamten
       beteiligt gewesen seien, nicht informiert gewesen.
       
       Zur Faktenlage wollte sich ein Sprecher nicht weiter äußern. Staatsanwalt
       Hille zeigte sich verwundert, dass eine Maßnahme, "die ansonsten gängige
       Praxis ist", für so viel Wirbel sorgt. Seine Staatsanwaltschaft werde auch
       weiterhin entschlossen Straftaten aufklären, sagte Hille. Das gelte für
       rechte Gewalttäter – aber eben auch für linke.
       
       11 Aug 2011
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) S. Erb
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