# taz.de -- Nach den Krawallen in Großbritannien: Anklage wegen dreifachen Mordes
       
       > Zwei Männer müssen sich in Birmingham wegen Mordes vor Gericht
       > verantworten. Den Plünderern sollen staatliche Leistungen gestrichen
       > werden, kündigt Premier Cameron an.
       
 (IMG) Bild: Trauer in Birmingham: Drei Männer kamen hier während der Krawalle ums Leben.
       
       BIRMINGHAM/LONDON afp/rtr | Nach den tagelangen Krawallen in Großbritannien
       hat Premierminister David Cameron den Randalierern eine
       "Null-Toleranz-Politik" angedroht. Angesichts der Plünderungen und
       Brandstiftungen würden sich "die Dinge eindeutig verändern", sagte er der
       Sonntagszeitung Sunday Telegraph. In Birmingham sollten zwei junge Männer
       nach einer Anklage wegen dreifachen Mordes am Sonntag erstmals vor Gericht
       erscheinen.
       
       Die Krawalle, durch die insgesamt fünf Menschen ums Leben kamen, seien "ein
       einschneidendes Ereignis im Leben der Nation", sagte Cameron der Zeitung.
       Nun müsse untersucht werden, warum es dazu gekommen sei. Grundsätzlich
       gelte, dass die Diskussion über herkömmliche Gewalttaten nicht
       verkompliziert werden dürfe, sagte der Premier. Zugleich gebe es im Land
       aber "wahrscheinlich 100.000 zerrüttete Familien, die Hilfe brauchen und
       sie auch bekommen werden".
       
       Im Fernsehsender BBC bekräftigte Cameron, dass Plünderern staatliche
       Leistungen entzogen werden sollten. Wer "seine eigene Gemeinde ausraubt und
       ausplündert" solle nicht länger das Recht haben, in Sozialwohnungen zu
       leben. Rund 160.000 Briten unterzeichneten bereits eine Onlinepetition, in
       der gefordert wird, allen wegen Beteiligung an den Unruhen Verurteilten
       staatliche Leistungen zu streichen.
       
       ## Zwei junge Männer wegen Mord vor Gericht
       
       Nach dem Tod von drei Männern bei den Krawallen in Großbritannien müssen
       sich die ersten zwei Verdächtigen vor Gericht verantworten. Ein 26-Jähriger
       und ein 17-Jähriger wurden am Samstag wegen dreifachen Mordes angeklagt und
       sollen am Sonntagmorgen in Birmingham vor Gericht erscheinen, wie die
       Polizei mitteilte. Sie werden verdächtigt, in der Nacht zum Mittwoch in der
       zweitgrößten britischen Stadt mit einem Auto mutwillig in eine Gruppe von
       Menschen gerast zu sein, die Geschäfte vor Plünderungen schützen wollten.
       Dabei waren drei Männer ums Leben gekommen. Insgesamt waren bei den
       schweren Unruhen fünf Menschen gestorben.
       
       Wegen des Vorfalls in Birmingham sitzen den Angaben zufolge noch zwei
       weitere Verdächtige im Alter von 23 und 27 Jahren in Polizeigewahrsam. Ein
       16-Jähriger und ein 32-Jähriger wurden auf Kaution entlassen. Insgesamt
       hatte die Polizei nach den Ausschreitungen in Birmingham und umliegenden
       Ortschaften mehr als 500 Menschen festgenommen. Landesweit wurden seit
       Beginn der Randale vor einer Woche mehr als 1600 mutmaßliche Randalierer
       festgenommen.
       
       Zahlreiche Krawallmacher wurden bereits verurteilt, die Gerichte arbeiteten
       in den vergangenen Tagen ohne Unterlass und sollten auch das Wochenende
       über tätig sein. Angesichts einer massiven Aufstockung von Polizisten und
       wegen schlechten Wetters blieb es seit Mittwochnacht zwar ruhig. Die
       Polizei blieb am Samstag aber weiter mit einem massiven Aufgebot in den
       Städten des Landes präsent. In London waren wie die Tage zuvor 16.000
       Polizisten im Einsatz. Auslöser der Ausschreitungen war der Tod eines
       vierfachen Familienvaters bei einem Polizeieinsatz im Londoner Stadtteil
       Tottenham.
       
       ## Kritik an Cameron
       
       Nach den schweren Krawallen wächst der Unmut in der Polizei gegen
       Premierminister David Cameron. Auslöser ist Camerons Entscheidung, einen
       hochkarätigen US-Experten für Straßenkriminalität als Regierungsberater zu
       engagieren. Von einem "Schlag ins Gesicht" sprach am Samstag Ian Hanson,
       der eine Polizistenvereinigung in Manchester leitet. Die heimische Polizei
       brauche nun keinen Ratgeber, der "5000 Meilen weit entfernt" lebt, sondern
       mehr Geld statt Personalkürzungen, sagte Hanson dem Sender ITV News.
       
       Er verwies auf Pläne der Regierung, im Rahmen eines Sparprogramms in den
       kommenden vier Jahren landesweit den Polizeihaushalt um 20 Prozent zu
       senken und 16.000 Polizistenstellen abzubauen. Doch Finanzminister George
       Osborne machte in einem Interview mit dem Radiosender BBC deutlich, dass an
       der Polizeireform werde nicht gerüttelt werde.
       
       Cameron hatte das anfängliche Vorgehen der Polizei gegen die Krawalle als
       unangemessen kritisiert. Vier Tage lang hatten Randalierer, Brandstifter
       und Plünderer in mehreren großen englischen Städten gewütet. Mehr als 1200
       Menschen wurden festgenommen. Nach einer Verstärkung des Polizeiaufgebots
       herrschte dann am Freitag und Samstag weitgehend Ruhe in den Straßen.
       
       Im Kampf gegen Straßenbanden soll der Regierung nun William Bratton helfen,
       der frühere Polizeichef von New York, Los Angeles und Boston. Dieser sagte
       dem US-Sender ABC, Festnahmen allein lösten das Problem nicht. Sie seien
       vor allem ein Mittel gegen unbelehrbare Gewalttäter. "Es ist nicht nur eine
       Aufgabe der Polizei, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe", sagte
       Bratton. Auch Finanzminister Osborne räumte ein: "Es gibt sehr tiefsitzende
       soziale Probleme, die wir zu bewältigen haben."
       
       14 Aug 2011
       
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