# taz.de -- Kommentar Cameron und die Riots: Cameron spielt für die Galerie
       
       > David Camerons Reaktionen auf die Riots sind blinder Aktionismus. Bei den
       > Maßstäben, die angelegt werden, darf man sich nicht über Unruhen wundern.
       
       Zuerst versagte die englische Polizei, als sie nach der Erschießung eines
       mutmaßlichen Drogenhändlers Lügen über einen Schusswechsel verbreitete. Nun
       versagt die Politik. Premierminister David Cameron ruft "Null Toleranz"
       aus, heuert einen Berater aus den USA an und sagt den "verlogenen
       Menschenrechtsgesetzen" den Kampf an. Das ist blinder Aktionismus. Auf
       ähnliche Weise hat der damalige Premierminister Tony Blair versucht, nach
       den Londoner Bombenanschlägen 2005, Härte zu demonstrieren. Doch viele
       seiner angekündigten Maßnahmen wurden später gar nicht umgesetzt.
       
       Auch Cameron spielt für die Galerie. Dazu gehört die törichte Einrichtung
       von elektronischen Petitionen: Seit Juli können die Parlamentarier
       gezwungen werden, sich mit bestimmten Themen zu befassen, wenn 100.000
       Bürger das per Unterschrift fordern. Demnächst wird das Unterhaus darüber
       debattieren müssen, ob den Krawallmachern der vorigen Woche die Sozialhilfe
       gestrichen werden soll. Cameron spricht von "kranken Teilen der
       Gesellschaft" und verspricht Heilung, indem man die "kriminellen Elemente"
       lange wegsperrt.
       
       Wer aber sind "kriminelle Elemente"? Abgeordnete, die durch Gesetze die
       Grundlagen für Recht und Ordnung schaffen sollen, haben bei ihren
       Spesenabrechnungen betrogen. Polizisten, die Recht und Ordnung durchsetzen
       sollen, haben sich bestechen lassen. Und die Boulevardzeitungen von Rupert
       Murdoch, die stets am lautesten nach Recht und Ordnung rufen, haben illegal
       Telefone angezapft. Für all diese Täter hatte das kaum nennenswerte
       Konsequenzen.
       
       Nun aber wird eine Frau wegen ein paar gestohlener Shorts für fünf Monate
       ins Gefängnis gesteckt. Eine andere Frau soll in Sippenhaft genommen und
       aus ihrer Wohnung geworfen werden, weil ihr Sohn bei den Krawallen
       mitgemischt hat. Wenn man solch ungleiche Maßstäbe anlegt, darf man sich
       nicht wundern, wenn es bald wieder zu Unruhen kommt.
       
       15 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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