# taz.de -- CDU-Arbeitnehmer fordern Mindestlohn: Fünf Euro sind zu wenig zum Leben
       
       > Der Chef der CDU-Sozialausschüsse, Karl-Josef Laumann, fordert einen
       > gesetzlichen Mindestlohn. Er sieht durch Lohndumping traditionelle Werte
       > seiner Partei gefährdet.
       
 (IMG) Bild: Der CDU-Traum von Jägerzaun und Eigenheim klappt nur mit fairem Lohn.
       
       BERLIN taz | Unterschiedlicher könnte die Sicht der Dinge kaum sein.
       Wirtschaftslobbyist Hubertus Pellengahr lobt schlecht bezahlte Arbeit. "So
       genannte Niedriglöhne sind in Deutschland für viele Menschen vor allem
       eines: Einstiegslöhne", sagt der Chef der Initiative Neue Soziale
       Marktwirtschaft. Die Organisation, die die Interessen großer Unternehmen
       vertritt, will herausgefunden haben, dass jährlich ein Viertel der
       Niedriglöhner in Jobs mit normaler Bezahlung aufsteige.
       
       Karl-Josef Laumann, der Chef der CDU-Sozialausschüsse dagegen betrachtet
       den Niedriglohnsektor eher als Gefahr. "Eine Million Menschen in diesem
       Land verdienen weniger als fünf Euro pro Stunde", sagt der ehemalige
       nordrhein-westfälische Sozialminister, "damit kann man weder eine Familie
       ernähren noch ausreichende Rentenansprüche erwerben."
       
       Die politische Debatte über schlecht abgesicherte Arbeitsverhältnisse geht
       in eine neue Runde. Einerseits haben diese Jobs in den vergangenen Jahren
       zugenommen, andererseits verschiebt sich das gesellschaftliche Klima. Die
       Banken- und Finanzkrise lässt die Forderung nach einer besseren Regulierung
       der Wirtschaft wieder lauter werden. In diesen Chor reihen sich nun auch
       die Sozialausschüsse mit einer Forderung ein, die zum Programm der
       Mutterpartei CDU bisher nicht passt.
       
       ## Neuheit in der CDU
       
       Das will Sozialpolitiker Laumann ändern. In seinem Antrag für den
       CDU-Parteitag im November plädiert der christdemokratische
       Arbeitnehmerflügel für "eine allgemeine Lohnuntergrenze". Damit macht sich
       erstmals eine große Gruppe in der CDU dafür stark, einen gesetzlichen
       Mindestlohn einzuführen. Kein Arbeitnehmer in Deutschland dürfte dann
       schlechter bezahlt werden als die definierte Untergrenze.
       
       Wie aber will Laumann den Mindestlohn verwirklichen? Zuerst müssten
       Regierung und Bundestag eine gesetzliche Grundlage schaffen. Dann würden
       sich die Tarifpartner – Bundesvereinigung der Arbeitgeber und Deutscher
       Gewerkschaftsbund – in einem bundesweit gültigen Tarifvertrag auf die
       konkrete Höhe des Mindestlohnes einigen.
       
       Gelinge dies nicht, könnte alternativ der bereits eingeführte Mindestlohn
       der Leiharbeitsbranche für alle deutschen Arbeitnehmer übernommen werden,
       so Laumann. Damit würde die Untergrenze bei rund sieben Euro in
       Ostdeutschland und acht Euro im Westen liegen.
       
       ## Apell an traditionelle Werte
       
       Heute, so räumt Laumann ein, habe die Mindestlohn-Forderung wohl keine
       Mehrheit in der CDU. Bis zum Parteitag im November will der Sozialpolitiker
       das aber ändern, indem er das Ansinnen in möglichst vielen Kreisverbänden
       zur Diskussion stellt und dabei an die traditionellen Werte der CDU
       anknüpft. "Wir wollen, dass die Menschen heiraten, Häuser bauen und Kinder
       bekommen." Ohne soziale Sicherheit und einen Ordnungsrahmen der Wirtschaft
       sei auch die Familie als Lebensform gefährdet, so Laumann.
       
       Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft hingegen sieht die soziale
       Sicherheit durch den Niedriglohnsektor nicht bedroht. In ihrer neuen
       Studie, die das Institut der deutschen Wirtschaft erstellt hat, heißt es:
       Der Bereich der schlecht bezahlten Jobs wachse zwar, doch es handele sich
       um zusätzliche Arbeitsplätze. Die Zahl der Normalverdiener mit
       auskömmlichen Löhnen nehme umgekehrt nicht ab. Die deutsche Mittelschicht
       brauche sich also keine Sorgen zu machen.
       
       31 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
       
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