# taz.de -- Proteste im Jemen: Keine politische Lösung in Sicht
       
       > Die Proteste weiten sich aus, während die Regierung immer brutaler gegen
       > die Demonstranten vorgeht. Eine Entspannung scheint trotz verschiedener
       > Pläne kaum möglich.
       
 (IMG) Bild: Proteste gegen die Regierung Saleh in Jemens Hauptstadt Sanaa.
       
       KAIRO taz | Sie kommen mit dem Zählen der Toten im Jemen nicht mehr nach.
       Zunächst hieß es, mindestens 26 Menschen seien ums Leben gekommen, als
       Sicherheitskräfte am Sonntag das Feuer auf zehntausende Demonstranten
       eröffneten, die in der Hauptstadt Sanaa das endgültige Aus für Präsident
       Abdulla Saleh forderten.
       
       In einem Krankenhaus in der Nähe des "Platzes der Veränderung", auf dem die
       Protestierenden im Februar ihre Zelte aufgeschlagen hatten, erklärt ein
       Arzt, dass die Zahl der Toten wegen der hohen Zahl der Schwerverletzten bis
       zum nächsten Tag wahrscheinlich auf 50 steigen wird. Da hatten sie noch
       nicht die mindestens ein Dutzend Menschen mitgezählt, die am Montag
       umkamen, als die Scharfschützen des Regimes erneut auf die Demonstranten
       schossen, nachdem diese versucht hatten, ins Stadtzentrum zu ziehen.
       
       Derweil residiert Jemens Diktator nicht mehr im Land. Abdulla Saleh weilt
       zur Behandlung in Saudi-Arabien, nachdem er im Juni bei einem
       Bombenanschlag schwer verletzt worden war. Inzwischen, heißt es, sei er
       wieder so gesundet, dass er theoretisch zurückkehren könnte. Aber weder die
       saudische noch die US-Regierung wollen das.
       
       Was stattdessen geschehen soll, ist allerdings vollkommen unklar. De facto
       haben die Saleh-Getreuen im Militär und Sicherheitsapparat noch die Macht
       und sind, wie die letzten 48 Stunden gezeigt haben, auch bereit, diese
       brutal einzusetzen. Eigentlich leitet Vizepräsident Abd Rabbu Mansur Hadi
       die Geschäfte des Landes. Er ist seit Wochen dabei, einen Übergangsplan
       auszuhandeln, den er diese Woche verkünden wollte. In Wirklichkeit ist das
       Land seit Juni politisch und wirtschaftlich vollkommen paralysiert.
       
       ## Straffreiheit für Seleh gefordert
       
       Die Saleh-Getreuen sind nicht willens, ihre Macht abzugeben. Auch
       Saudi-Arabien arbeitet daran, dass der Wandel beim südlichen Nachbarn nicht
       zum vollkommen Bruch mit der alten Ordnung wird, aus Angst, selbst Opfer
       des arabischen Frühlings zu werden. So soll im Plan des
       Golfkooperationsrats (GCC) sichergestellt sein, dass Abdulla Salehs Sohn in
       der nächsten Regierung seinen Platz findet. Außerdem soll Saleh bei einer
       offiziellen Abdankung laut diesem Plan straffrei davonkommen.
       
       Washington wiederum zögert, ein jemenitisches Experiment zuzulassen, aus
       Angst, dass al-Qaida-nahe Gruppen das politische Vakuum ausnutzen könnten.
       "Die USA machen einen großen Fehler, wenn sie glauben, diese politische
       Krise in Zusammenarbeit mit der Opposition und der alten Regierung lösen zu
       können", warnte der jemenitische Politikexperte Munir al-Marwi gegenüber
       der Fernsehstation al-Dschasira.
       
       Neben dem GCC-Plan gibt es auch einen Entwurf der UNO für den Übergang, den
       der UN-Gesandte Jamal Benomar erarbeitet hat. Danach soll Saleh die Macht
       an seinen Stellvertreter Hadi übergeben, das Militär soll umstrukturiert,
       also Saleh-Getreue sollen entlassen werden, und innerhalb eines halben
       Jahres sollen Wahlen stattfinden. Das Manko aller Übergangspläne: Sie
       erfordern die Kooperation Abdulla Salehs, und der hat bisher alles immer
       nur hinausgezögert, wohl in der Hoffnung, noch bis Ende seiner offiziellen
       Amtszeit 2013 die Fäden ziehen zu können.
       
       Darauf will die Opposition nicht mehr warten. Trotz der hohen Zahl der
       Toten in den vergangenen zwei Tagen haben die Demonstranten angekündigt,
       ihre Proteste fortzusetzen.
       
       19 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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