# taz.de -- 26. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: So feiert die FDLR
       
       > Weil die geladene Ex-Ehefrau eines Angeklagten die Aussage verweigerte,
       > verlas das Gericht teils kuriose interne Dokumente der ruandischen Miliz.
       
 (IMG) Bild: Den Feind im Auge: Ein FDLR-Kämpfer im Osten des Kongo.
       
       STUTTGART taz | Man kann der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische
       Kräfte zur Befreiung Ruandas) vieles vorwerfen, nicht aber, dass sie nicht
       zu feiern weiß. In einer FDLR-Protokollakte vom 21. Mai 2005, die die
       deutschen Ermittler aus dem Computer des wegen Kriesgverbrechen im Kongo
       angeklagten FDLR-Präsidenten Ignace Murwanashyaka gefischt haben und die am
       19. September vor Gericht in Stuttgart verlesen wurde, findet sich eine
       Liste der Feiertage der FDLR.
       
       Darin gibt es kunterbunt Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Mariä
       Himmelfahrt, dazu das Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan, das
       islamische Opferfest Kebir, den Tag der Großen Sozialistischen
       Oktoberrevolution und des Unbekannten Soldaten, außerdem unter anderem
       einen Tag der Arbeit, einen Tag des Friedens, einen Demokratietag. ein
       Entefest, ein Gedenktag zum "Ausbruch der ruandischen Tragödie", wie der
       Völkermord von 1994 hier genannt wird. Christentum, Islam, Sozialismus und
       ruandischer Hutu-Nationalismus - alles zusammen.
       
       Dazu passend gibt es eine Disziplinarordnung für Zivilisten - die für
       Militärs wurde an diesem Tag nicht verlesen - die einer Diktatur entspricht
       oder eher einer Sekte. "Die FDLR ist eine Kampforganisation", heißt es
       darin; ihre Prinzipien seien "Strenge", "Gerechtigkeit" und das "Recht auf
       Verteidigung". Verboten seien "Nepotismus, Prahlerei, Verrat,
       Verweigerung", zu vermeiden seien "brutale Misshandlung, Vergewaltigung,
       Drogen-. und Alkoholmissbrauch, Glücksspiel, Hexerei, Plünderungen". Wer
       gegen diese und andere Grundsätze verstößt, muss mit mündlichen
       Verwarnungen rechnen - zum Beispiel bei "Arroganz", "Größenwahn" oder
       "Anhäufung von Reichtümern" - sowie mit schriftlichen Rügen, die in der
       Akte der Person festgehalten werden. Ausschluss aus der FDLR steht auf
       "Verrat, Vergewaltigung, Raub, Vergiftung, Zusammenarbeit mit dem Feind,
       Kompromittierung, Sabotage, Desertion, Plünderung des Erbes der FDLR".
       Diese Strafe wird vom Präsidenten - also Murwanashyaka - verkündet,
       aufgrund einer Zweidrittelmehrheit im "Nationalen Widerstandskomitee" und
       einer nachfolgenden Dreiviertelmehrheit im "Nationalkongress".
       
       Deutlich illustriert all das, dass die FDLR sich als eine Art
       Parallelgesellschaft für die im Kongo lebenden ruandischen Hutu empfindet,
       als einen eigenen Staat, dem die Hutu aus Ruanda unterworfen sind, wenn sie
       im Ostkongo in Lagern unter FDLR-Kontrolle leben. Manifest, Programm und
       Satzung der FDLR, die ebenfalls verlesen wurden, beziehen sich zum Teil
       explizit auf die staatliche Struktur Ruandas zu Zeiten der Diktatur des
       Hutu-Präsidenten Juvénal Habyarimana, dessen Ermordung am 6. April 1994 den
       Völkermord an den Tutsi eingeleitet hatte und dessen Staatsapparat danach
       in den Kongo geflohen war. Die Verwaltungsstruktur ist identisch aufgebaut,
       mit Zellen, Sektoren, Kommunen und Präfekturen. Es gibt Ministerien,
       Kommisariate und eine Unterscheidung zwischen politischen und militärischen
       Strukturen.
       
       Im Internen Reglement (Réglement d'Ordre Intérieur) der FDLR vom 31. Januar
       2006 wird dargelegt, alle Mitglieder müssten an Gott glauben. Der Status
       des Kämpfers (Umucunguzi - Mehrheit: Abacunguzi, das geläufige Wort für
       FDLR-Milizionäre im bewaffneten FDLR-Arm FOCA - Forces Combattantes
       Abacunguzi) wird verdient und kann auch wieder verloren werden,
       beispielsweise durch öffentlichen Verzehr von Alkohol oder sexuellen
       Missbrauch. Es gibt für FDLR-Posten einen Amtseid, der vor dem Präsidenten
       auf Gott geschworen wird.
       
       Dieser Staat entstand im Jahr 2000 im Untergrund, mitten in den Wirren des
       Kongokrieges. Ein Protokoll der Sitzung des Regionalkomitees Europa vom 17.
       Juni 2000 befasst sich vor allem mit der Notwendigkeit der Geheimhaltung,
       auch betreffend der Identität des Präsidenten und des Vizepräsidenten.
       
       Eigentlich war für diesen Verhandlungstag der Auftritt der ehemaligen
       Ehefrau des ebenfalls angeklagten 1. FDLR-Vizepräsidenten Straton Musoni
       vorgesehen. Die 44jährige deutsche Industriekauffrau machte wie erwartet
       von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und daher keine Angaben vor
       Gericht. Zwar hatte sie bei ihrer polizeilichen Vernehmung Angaben gemacht,
       doch dürfen diese vor Gericht nur dann verwendet werden, wenn die Zeugin
       dies ausdrücklich erlaubt. Dies tat Frau Musoni nicht. Damit wurde sie zu
       Beginn des Verhandlungstages bereits nach wenigen Minuten vom Gericht
       entlassen und nahm im Zuschauerraum Platz.
       
       Redaktion: Dominic Johnson
       
       22 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bianca Schmolze
 (DIR) Simone Schlindwein
       
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 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
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