# taz.de -- Expertin über von der Leyens Rentenpläne: "Die Zuschussrente ist ungerecht"
       
       > Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen will kleine Renten künftig
       > aufstocken. Die Finanzexpertin Heide Härtel-Herrmann findet das unfair.
       
 (IMG) Bild: Zuschussrente? Damit werden falsche Anreize gesetzt, sagt Heide Härtel-Herrmann.
       
       Frau Härtel-Herrmann, Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will die
       Rente aller GeringverdienerInnen auf 850 Euro aufstocken, solange sie 35
       Jahre in die Rentenkasse und ein paar Jahre in die Riesterversicherung
       eingezahlt haben. Wie finden Sie das? 
       
       Heide Härtel-Herrmann: Das klingt zunächst alles ganz gut, Frau von der
       Leyen wirbt ja auch damit, dass vor allem Frauen davon profitieren werden.
       Vom Zuschuss-Modell profitieren aber nur Frauen, die wegen der Kinder viele
       Jahre aus dem Beruf aussteigen oder hauptsächlich Teilzeit arbeiten. Denn
       Ursula von der Leyen will Kindererziehung, Pflegeleistungen und Teilzeit
       aufwerten.
       
       Was ist schlecht daran? 
       
       Damit werden falsche Anreize gesetzt. Frauen, die in traditionellen
       Familienkonstellationen leben, werden belohnt, und berufsorientierte
       Frauen, also jene, die Kinder erziehen und qualifizierte Vollzeit arbeiten,
       bestraft. Denn sie erreichen die 850 Euro monatliche Rente über ihre selbst
       eingezahlten Beiträge.
       
       Verleitet das Modell Frauen dazu, verstärkt Teilzeit zu arbeiten? 
       
       Auf jeden Fall. Aber auch, aus der Erwerbsarbeit teilweise oder ganz
       auszusteigen und sich als Hausfrau einzurichten. Wieso soll ich mir die
       Strapazen der Doppelbelastung antun, wenn die Rente sowieso reinkommt?
       Außerdem ist die Idee extrem ungerecht. Denn diese Rente wird von der
       Allgemeinheit subventioniert, also unter anderen von den Frauen mit den
       Vollzeitjobs und der langen Teilzeit.
       
       Können Sie das mit Zahlen belegen? 
       
       Ein Jahr Minijob bringt eine monatliche Rente von 3,25 Euro und eine
       Teilzeitstelle mit 1.000 Euro brutto 10,78 Euro. Die Teilzeitstelle auf 30
       Jahre hochgerechnet ergibt eine Rente von 323,40 Euro im Monat. Eine
       Verkäuferin aber, die 36 Jahre Vollzeit arbeitet und 2.200 Euro brutto
       verdient, bekommt mit 67 Jahren eine Rente von 850 Euro. Insgesamt hat sie
       - zusammen mit ihrem Arbeitgeber - 190.000 Euro in die Rentenkasse
       eingezahlt. Dieses Beispiel verdeutlicht die Kosten der "Sockelrente".
       
       Erwartet uns eine neue Gerechtigkeitsdebatte - diesmal unter Frauen? 
       
       Das Zuschuss-Modell bevorzugt Hausfrauen und Minijobberinnen und
       benachteiligt die engagiert berufstätigen Frauen. Das ist extrem unfair.
       Das Von-der-Leyen-Modell schiebt die Verantwortung für soziale
       Dienstleistungen, dieses sich Kümmern um Kinder und Pflegefälle, den Frauen
       zu und entlastet die Politik.
       
       Was sollte die Politik tun? 
       
       Das Problem der Altersarmut kann nicht allein die Rentenkasse lösen, das
       kann nur der Arbeitsmarkt. Die Minijobs müssen weg, die verleiten Frauen
       dazu, nur an heute zu denken und nicht an später. Aber auch die falschen
       Anreize der Sozialpolitik, zum Beispiel die beitragsfreie Mitversicherung
       in der gesetzlichen Krankenkasse und das Ehegattensplitting gehören
       abgeschafft. Das erschwert Frauen den Zugang zur Erwerbsarbeit und fördert
       finanziell das Alleinverdienermodell. Frau von der Leyen sollte sich mal
       den Gleichstellungsbericht ihrer eigenen Regierung anschauen.
       
       27 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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