# taz.de -- Angela Merkel wirbt für den Rettungsschirm: Trickreich und entspannt
       
       > Vor der Abstimmung über den Rettungsschirm macht die Kanzlerin Druck auf
       > die Abweichler in den eigenen Reihen. Auf Schwarz-Gelb warten noch
       > weitere Prüfungen.
       
 (IMG) Bild: "Wir machen das für uns": Angela Merkel bei Günther Jauch.
       
       BERLIN taz | Angela Merkel versteht es, sich rarzumachen. Sie dosiert ihre
       Pressekonferenzen sparsam, in Talkshows geht sie nie. Fast nie. Am Sonntag
       saß sie bei Günther Jauch. Es wurde eine Regierungserklärung im Plauderton.
       
       4,3 Millionen Bürger sahen zu. Für Merkel war es ein sehr effektiver
       Auftritt. Sie erklärte ausgeruht ihre Politik, warum Griechenland gestützt
       werden muss, aber eben nicht bedingungslos. "Wir machen das für uns", so
       Merkel. Sie platzierte geschickt all ihre Botschaften: Dass es ihr Erfolg
       ist, wenn nun Europa mit der Schuldenbremse beglückt wird. Dass nur der
       erweiterte Euro-Rettungsschirm eine Kettenreaktion wie nach der
       Lehman-Pleite verhindern kann. "Wir gehen nur Schritte, die wir
       kontrollieren können." Das sei ihre Leitlinie, egal was Experten sagen.
       
       Merkel präsentierte eine Mischung aus schwäbischer Hausfrau und ganz der
       Verantwortungsethik verpflichteter Kanzlerin. Dass sie stets an das Wohl
       Deutschlands und Europas denkt, aber nie an Wahlen, versteht sich von
       selbst. Nebenbei inszenierte Merkel sich als eisenharte Wahrerin deutscher
       Interessen in der EU und verlangte sogar ein "Durchgriffsrecht" in die
       Finanzen verschuldeter Staaten.
       
       Günther Jauch gab den Sparringspartner. "Ich wünsche Ihnen
       parteiübergreifend ein glückliches Händchen für Deutschland", sagte er am
       Ende dieses für Merkel erfreulichen Abends. Für den Journalismus war es
       kein so guter Tag.
       
       ## Eigene Mehrheit bleibt unklar
       
       Für Merkel geht es in dieser Woche um viel. Am Donnerstag steht im
       Bundestag die Entscheidung über den erweiterten Euro-Rettungsschirm EFSF
       an. SPD und Grüne werden zustimmen, doch ob Union und FDP eine eigene
       Mehrheit haben, ist weiter offen. Bei einer ersten Probeabstimmung vor zwei
       Wochen gab es in den Fraktionen von Union und FDP 25 Neinstimmen und
       Enthaltungen - sechs zu viel für eine eigene Mehrheit.
       
       Angela Merkels TV-Auftritt zielte nicht nur auf das Publikum, sondern auch
       in Richtung der Koalitionsfraktionen. Das mit der eigene Mehrheit "wird
       klappen", sagte sie entspannt, fast vergnügt, als hätte sie es mit einer
       sportlichen Aufgabe zu tun, die im Handumdrehen erledigt ist. Am
       Dienstagnachmittag laufen bei FDP- und Unionsfraktion noch einmal
       Probeabstimmungen. Und es kann gut sein, dass Merkel diesmal ein
       günstigeres Ergebnis bekommt.
       
       Denn in dem EFSF-Gesetzentwurf wird nicht nur entschieden, dass die Summe,
       für die Deutschland bürgt, auf 211 Milliarden Euro aufgestockt wird. Dort
       sind auch die lange umkämpften Beteiligungsrechte des Parlaments bei
       künftigen Euro-Stützungsaktionen festgelegt. Parlament, Haushaltsausschuss
       und ein Sondergremium, in dem alle Fraktionen vertreten sind, sollen
       künftig mitentscheiden. Selbst die SPD lobt die Lösung. Dies sei mehr als
       das Bundesverfassungsgericht gefordert hat, so die Sozialdemokraten.
       
       ## Abweichler geschwächt
       
       Die Kopplung von relativ weitreichenden Rechten für das Parlament mit der
       Rettungsschirm-Ausweitung bringt manche Abweichler ins Grübeln. Denn wer
       jetzt auf Nein oder Enthaltung beharrt, bringt nicht nur die Regierung in
       die Bredouille - er oder sie votieren auch gegen die Rechte des Bundestages
       bei kommenden Kriseninterventionen. Diese Verbindung hat die Abweichler
       geschwächt.
       
       Zudem hat Unions-Fraktionschef Volker Kauder vorsorglich gezeigt, wo der
       Hammer hängt. Natürlich, so Kauder kürzlich in der Fraktion, sei jeder
       Abgeordnete frei in seiner Entscheidung. Aber Spitzenfunktionäre wie
       Fraktionsvize Arnold Vaatz und Philipp Mißfelder, der im CDU-Präsidium
       sitzt, müssten sich schon überlegen, ob sie in einer so zentralen Frage
       gegen die Mehrheit stimmen können.
       
       Vaatz und Mißfelder erschien der EFSF nach dieser Ansage, laut Welt,
       plötzlich in einem schöneren Licht. Burkhard Hirsch hält solchen Druck für
       zweifelhaft: "Ich wünschte, dass Herr Kauder erklärt, dass es keine
       Fraktionszwang gibt und die Abstimmung frei ist", sagte Hirsch der taz.
       
       Es gibt einen harten Kern, der beim Nein bleiben wird. Frank Schäffler
       (FDP) gehört genauso dazu wie die CSU-Abgeordneten Peter Gauweiler, Thomas
       Silberhorn und Joseph Göppel und der hessische Christdemokrat Klaus-Peter
       Willsch. "Ich werde bei meinem Nein bleiben", sagte er, "auch wenn ich mich
       dabei bei meiner Partei- und Fraktionsführung nicht gerade beliebt mache."
       Doch dieser Kern ist überschaubar. Frank Schäffler, der den
       FDP-Mitgliederentscheid gegen die nächste Stufe der Euro-Rettung ESM
       initiiert hat, gibt denn auch keine Prognose ab: "Wir werden das sehen, da
       ist jeder Abgeordnete frei."
       
       ## Schwarz-Gelb bleibt gefährdet
       
       Doch auch wenn am Donnerstag für Merkel alles rund läuft, ist Schwarz-Gelb
       längst noch nicht gerettet. Denn nach dem EFSF werden ein nächstes
       Griechenland-Finanzpaket und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM)
       anstehen. Skeptiker bei CSU und Liberalen halten ESM für die endgültige
       Besiegelung der Transferunion, in der Berlin die Schulden anderer Staaten
       zahlen wird. Frank Schäffler ist sich sicher: "Die Tinte unter dem Gesetz
       wird noch nicht trocken sein, da werden wir schon über einen neuen
       Rettungsschirm sprechen müssen".
       
       Auch Angela Merkel hat den ESM, der vielleicht von 2013 auf 2012 vorgezogen
       wird, schon fest im Blick. Daran, so die Kanzlerin bei Jauch, führe kein
       Weg vorbei. Denn nur mit dem ESM gebe es die Möglichkeit, in der EU Staaten
       pleitegehen zu lassen. "Wir müssen Staaten insolventgehen lassen können",
       so Merkel.
       
       Das wird das nächste Koppelungsgeschäft, um die Neinsager zu spalten.
       
       26 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
 (DIR) Anja Maier
       
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