# taz.de -- Biografie von Philipp Rösler: Glaube, Lob und Udo Jürgens
       
       > In Berlin stellt die Kanzlerin die Biografie des Vizekanzlers vor. Es
       > handelt sich um eine Wellnesskur, bevor es am Donnerstag in der Koalition
       > ans Eingemachte geht.
       
 (IMG) Bild: Wünscht sie ihm eine Liebe ohne Leiden? Angela Merkel und Philipp Rösler.
       
       BERLIN taz | Als Philipp Rösler 2002 seine Wiebke heiratete, wurde dieses
       Ereignis in den Herrenhäuser Gärten zu Hannover gefeiert. Es gab geeistes
       Gurkensüppchen, Hühnerbrust, und um Mitternacht trat eine Bauchtänzerin
       auf. Da war vielleicht was los in Niedersachsen!
       
       Als 2011 Philipp Rösler von Angela Merkel seine Biografie präsentieren
       lässt, wird dieser Termin in der Katholischen Akademie zu Berlin
       absolviert. Es gibt Schinkenbrötchen und Filterkaffee für die in
       Kompaniestärke angerückte Presse, und nach 45 Minuten müssen beide wieder
       los. Die Zeit ist knapp, schließlich stimmt am Donnerstag das Parlament
       über den Eurorettungsschirm ab - und in gewisser Weise wohl auch die
       Koalition über eine alsbaldige Scheidung oder die Fortführung ihrer
       schwarz-gelben Vernunftehe.
       
       "Philipp Rösler - Ein Porträt" heißt das präsentierte Buch, Untertitel:
       "Glaube, Heimat, FDP". In dieser Reihenfolge. Geschrieben hat es Michael
       Bröcker, Journalist der Rheinischen Post, der "Zeitung für Politik und
       christliche Kultur"; erschienen ist das Werk im katholischen St. Benno
       Verlag. Dies ist wichtig zu wissen, denn neben all den Informationen über
       einen Mann, der erstaunlicherweise binnen 38 Jahren vom namenlosen
       Waisenjungen in Vietnam zum Vizekanzler Deutschlands wurde, ist das Buch
       durchtränkt von katholischem Agitprop.
       
       Erzählt wird die Geschichte des kleinen Findelkindes, dessen Geburtsdatum
       vom Kinderarzt durch Messen des Handwurzelknochens festgelegt wird. Von
       einem Kind, das nach Deutschland adoptiert wird, dessen Eltern sich trennen
       und das fortan von seinem Vater, einem Bundeswehrsoldaten mit
       SPD-Parteibuch, großgezogen wird. Von einem Erwachsenen, der zum
       katholischen Glauben findet. Es ist, wie es nun die Kanzlerin in ihrer
       Einführung sagt, auch ein Buch darüber, "was für ein wunderbares Land
       Deutschland ist, denn es eröffnet dem Einzelnen ungeahnte Chancen". Dem
       jungen Philipp eröffnete es die Chance, Medizin zu studieren, eine steile
       Parteikarriere hinzulegen und sich mit 38 vor den Scherben einer
       schwarz-gelben Koalition wiederzufinden.
       
       ## Glaube als innerer Kompass
       
       An Röslers Motto "Der Glaube ist mein innerer Kompass" dekliniert die
       Bundeskanzlerin mal kurzerhand durch, was dieser Satz auf politisches
       Handeln übertragen meint. "Wer glaubt, gibt ja zu, nicht alles zu wissen",
       sagt die Pfarrerstochter Merkel. Rösler habe "keine Scheu, Konflikte
       einzugehen, das hat seinen Preis", als Bundespolitiker sei er
       misstrauischer geworden. "Misstrauen gehört dazu, aber Vertrauen kann
       belohnt werden. Ich meine, wir haben dieses gegenseitige Vertrauen
       zueinander in den letzten Wochen gefunden." Man darf dies wohl ohne Not als
       Anspielung auf die heftigen Zerwürfnisse der letzten Wochen zwischen den
       beiden werten.
       
       Die Zusage der Kanzlerin, Röslers Biografie zu präsentieren, kam denn auch
       just, als der FDP-Vorsitzende Merkel mit seiner Bemerkung von der
       "geordneten Insolvenz" Griechenlands brüskiert hatte. Nun, zweieinhalb
       Wochen später, verpasst sie ihm vor der Presse doch noch einen kurzen Hieb.
       Die Darstellung, es habe in dieser Sache Denkverbote in der Regierung
       gegeben, habe sie geärgert, sagt sie - selbst in der DDR sei das Denken
       nicht verboten gewesen. Rösler ist in der Situation von jemandem, der
       tapfer weiterlächeln muss, obwohl das Lob für ihn vergiftet ist. Er ist ihr
       Vize. Oder, wie es im Einführungskapitel des Buches über ihn steht: "Als
       Vorsitzender der Regierungspartei FDP ist er der aktuell mächtigste Mann
       der Bundesrepublik." Die mächtigste Frau ist ja immer noch sie.
       
       Dann erzählt Merkel, wie sie sich getroffen haben, während der
       Koalitionsverhandlungen. "Ich wollte den jungen Mann mal kennenlernen,
       nett, fix, schnell" sei er gewesen, der Herr Rösler. Der sitzt brav neben
       ihr und gibt nun zum Besten, wie gern er die Musik von Udo Jürgens mag.
       Darauf sie: "Das ist übrigens fraktionsübergreifend." Er: "Ach, bist du
       auch ein Fan?"
       
       Damit ist die Veranstaltung endgültig das, was sie sein soll: Public
       Relations. Und zwar gleich in mehrfacher Hinsicht. PR für einen
       geschwächten Vizekanzler, für eine angeschlagene Kanzlerin und für eine
       wackelige Koalition, die am Donnerstag beschließen soll, dass Deutschland
       mit 211 Milliarden Euro für kriselnde Eurostaaten haftet. Danach kann man
       ja immer noch zusammen Udo Jürgens hören.
       
       27 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Udo Jürgens
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