# taz.de -- Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus: Angekommen in der Bürokratie
       
       > Auf ihrem zweiten Treffen debattiert die künftige Fraktion vor allem über
       > Formalia. Dabei scheut man nicht davor zurück, sich in Details zu
       > verlieren.
       
 (IMG) Bild: Die Piraten im Parlament: Das Bild zeigt die erste Fraktionssitzung
       
       Am Ende hätte die selbst verordnete Transparenz von ganz praktischem Nutzen
       sein können. Als die künftige Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus
       feststellt, dass sie sich bei einer Abstimmung wohl missverstanden hat,
       schlägt einer der Beteiligten vor, doch mal den Audiomitschnitt
       abzuspielen. Gelächter, vereinzeltes Kopfnicken, doch schließlich lässt
       sich die Frage auch ohne Audiomitschnitt klären.
       
       8,9 Prozent hatte die Piratenpartei bei der Abgeordnetenhauswahl am 18.
       September geholt und schickt damit sämtliche 15 Kandidaten der Landesliste
       ins Parlament. Die Meinungsforscher hatten die Piraten lange weit unter der
       Fünfprozenthürde gesehen, erst wenige Wochen vor der Wahl zeichnete sich
       ein Erfolg ab. Es ist das erste Mal, dass die Partei, die im Wahlkampf vor
       allem auf die Themen Transparenz, Bürgerbeteiligung und Netzpolitik gesetzt
       hatte, in einem Parlament auf Landesebene vertreten ist.
       
       Dementsprechend geht es auf der zweiten Sitzung der künftigen
       Piratenfraktion vor allem um die Grundlagen: Satzung und Wahlordnung müssen
       beschlossen werden, geklärt werden muss, was man mit eingehenden
       Bewerbungen für Mitarbeiterposten macht. Dabei sind die Abläufe noch alles
       andere als routiniert. Wer macht den Wahlleiter? Muss über die Tagesordnung
       abgestimmt werden? Wie arbeiten die Ausschüsse des Abgeordnetenhauses, und
       wie funktioniert eine Fraktion? Zumindest müssen sich die frisch gewählten
       Piraten nicht vorwerfen lassen, sich nicht um ihre Wissenslücken zu
       kümmern: In den kommenden Tagen sind mehrere Treffen mit der Verwaltung des
       Abgeordnetenhauses anberaumt, um von Status bis zu Pensionsansprüchen alle
       Formalia zu besprechen.
       
       ## Philosophische Fragen
       
       Während der Sitzungsdebatte wird schnell klar: Die Piraten sind angekommen
       in der Bürokratie der parlamentarischen Abläufe, der Satzungen und
       Statuten. Und mehr noch: Die 15 Gewählten bemühen sich so sehr, alles
       richtig zu machen, dass sie sich zwischendurch in Details verlieren. Etwa
       als einer die komplette Satzung vorliest, damit auch alle künftigen
       Abgeordneten wissen, worüber sie abstimmen. 21 Paragrafen, diverse Absätze.
       Oder als Fragen philosophischen Charakter annehmen: Kann die Satzung für
       eine Fraktion in Kraft treten, bevor sich das Abgeordnetenhaus konstituiert
       hat, es die Fraktion also überhaupt gibt? Sollte man die Wahl- und
       Geschäftsordnung vielleicht erst einmal provisorisch beschließen, wenn
       nicht alle damit zufrieden sind?
       
       Man arbeite jetzt nicht mehr provisorisch, sondern mache Nägel mit Köpfen,
       versucht Alexander Morlang an einer Stelle die Debatte um die Wahlordnung
       nach vorn zu bringen. Wovor die Kollegen Angst haben, will er wissen. Er
       bekommt recht. Ein paar Minuten später ist die Wahl- und Geschäftsordnung
       beschlossene Sache.
       
       Fünf Stunden hatten sich die Piraten für das Treffen gegeben, nach
       Redaktionsschluss sollte noch über einen Fraktionsvorstand entschieden
       werden.
       
       Nachtrag: Am Abend wurde [1][Andreas Baum] zum Chef der Piratenfraktion
       gewählt. Baum war Spitzenkandidat der Piratenpartei. Ihr Protokoll der
       Fraktionssitzung haben die Piraten im
       [2][//fraktion.piratenpad.de/sitzung110927:Piratenpad] veröffentlicht.
       
       27 Sep 2011
       
       ## LINKS
       
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