# taz.de -- Wahl in Polen: Mit rosa Plastikpenis ins Parlament
       
       > Erstmals könnte mit dem Skandalpolitiker Janusz Palikot eine
       > antiklerikale Partei ins Parlament kommen. Junge Wähler sind von den
       > Tabubrüchen begeistert.
       
 (IMG) Bild: Vom Außenseiter zum Shootingstar: Janusz Palikot.
       
       WARSCHAU taz | Janusz Palikot ist Multimillionär, Philosoph und
       antiklerikaler Skandalpolitiker. Dass seine vom politischen Establishment
       belächelte Partei, die "Palikot-Bewegung", innerhalb von Monaten zum
       Shootingstar aufsteigen könnte, ist für viele unfassbar. Eine Prognose geht
       sogar davon aus, dass sie bei den Wahlen am Sonntag mit sensationellen 10
       Prozent ins Parlament einziehen könnte.
       
       Dabei hatte kaum jemand den "bunten Vögeln" von Palikot eine Chance
       gegeben. Feministinnen, Transsexuelle und Schwule kandidieren auf seiner
       Liste genauso wie gestandene Geschäftsleute, Studenten und Intellektuelle.
       
       Schon als der heute 46-jährige Palikot noch der regierenden
       liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) angehörte, galt er als Politclown
       und Enfant terrible. Da er bei seinen Aktionen aber sehr erfolgreich war,
       stieg er sogar zum stellvertretenden Fraktionschef der PO auf. Im
       Gedächtnis blieb den Polen insbesondere sein Fernsehauftritt mit rosa
       Plastikpenis und kleiner Polizeipistole. Während die einen über den
       Tabubruch im katholischen Polen lachten, empörten sich die anderen über das
       Plastikteil.
       
       Doch mit dem spektakulären Auftritt gelang es Palikot, die Vergewaltigung
       von zwei Frauen und sexuellen Übergriffe in einem Lubliner Arrest publik zu
       machen und dafür zu sorgen, dass in allen Polizeiwachen mit Arrestzellen
       Überwachungskameras installiert wurden.
       
       Gegen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben protestierte er
       wiederholt mit einem Happening: Er riss sein Jackett auf, unter dem er ein
       weißes T-Shirt mit der Aufschrift "Ich bin ein Schwuler" trug. Ob ihn dann
       jemand wirklich für einen Schwulen hielt oder aber wusste, dass er gerade
       Vater geworden war und seiner zweiten Frau ein Haus gebaut hatte,
       interessierte ihn überhaupt nicht. Wichtig war ihm, dass die Polen endlich
       anfingen, offen über Homosexualität zu reden, und nicht krampfhaft
       versuchten, allein schon das Wort nicht auszusprechen.
       
       Palikots antiklerikale Aktionen und spektakuläre Tabubrüche ziehen jüngere
       Polen an. Die "Palikot-Bewegung" kämpft gegen Korruption, Heuchelei und die
       in der Gesellschaft allgegenwärtige katholische Kirche. Im Parlament
       leitete Palikot die Kommission "Freundlicher Staat", versuchte die
       Administration zu entschlacken und unsinnige Gesetze abzuschaffen. Nach
       seiner Trennung von der PO glaubte kaum jemand an sein Comeback. Doch
       Palikot rief den Skeptikern zu: "Wer zuletzt lacht, lacht am besten."
       
       9 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Homophobie in Polen: "Schwuchtelverbot" ist rechtens
       
       Ein Bezirksgericht in Polen erlaubt einer faschistoiden Gruppe die
       Benutzung homophober Symbole. Die Organisation feiert die Entscheidung als
       "Endsieg".
       
 (DIR) Opposition in Polen: Kaczynskis Partei zerfleischt sich
       
       Drei frühere Freunde des Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski wurden bereits
       ausgeschlossen. Nun droht der konservativen Partei eine Abspaltung des
       rechten Flügels.
       
 (DIR) Kommentar Parlamentswahl in Polen: Entspannter, offener, freizügiger
       
       Erstmals wird eine antiklerikale und zugleich proeuropäische Partei ins
       Warschauer Abgeordnetenhaus einziehen. Das schien bis kurz vor der Wahl als
       unmöglich.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Polen: Donald Tusk kann weitermachen
       
       Die liberalkonservative Bürgerplattform PO wird stärkste Kraft. Und die
       linke und antiklerikale Protestpartei "Palikot-Bewegung" erreicht auf
       Anhieb rund 10 Prozent.
       
 (DIR) Wahl in Polen: Tusks Partei bleibt stärkste Kraft
       
       Es sieht gut aus für Donald Tusk. Nach aktuellem Stand kommt der polnische
       Ministerpräsident auf 39 Prozent der Stimmen. Doch auch die neue
       Protestpartei Ruch Palikota feiert Erfolge.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Polen: Keine Wechselstimmung
       
       Prognosen sehen Premier Donald Tusk und seine Bürgerplattform bei der Wahl
       vorn. Doch eine niedrige Wahlbeteiligung könnte dies noch vereiteln.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Polen: "So bin ich Sozialistin geworden"
       
       Wenn sie es ins Parlament schafft, will Alicja Tysiac sich vor allem für
       Frauenrechte einsetzen. Als Opfer des polnischen Katholizismus hat sie
       allen Grund dazu.
       
 (DIR) Wahlkampf in Polen: Anti-deutsche Stimmungsmache
       
       Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski attackiert Kanzlerin Merkel und
       Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach. Die soll im Falle seines Sieges
       nicht mehr nach Polen reisen.