# taz.de -- Letztes TV-Duell vor Stichwahl in Frankreich: Zwei Kandidaten, ein Programm
       
       > Vor der Abstimmung, wer für die Sozialisten bei den Präsidentenwahlen
       > 2012 antritt, fiel bei der Debatte kein böses Wort. Hollande bleibt
       > Favorit.
       
 (IMG) Bild: Martine Aubry und Francois Hollande vor ihrem TV-Duell am Mittwoch.
       
       PARIS taz | Am Sonntag können die Anhänger der Sozialistischen Partei (PS)
       entscheiden, wer im April bei den Präsidentschaftswahlen gegen Amtsinhaber
       Nicolas Sarkozy antreten soll. Zwei stehen zur Auswahl: Martine Aubry und
       François Hollande wurden am 9. Oktober bei Primärwahlen von mehr als 2,6
       Millionen Französinnen und Franzosen für diese Stichwahl qualifiziert. Eine
       Fernsehdebatte am Mittwochabend sollte die Qual der Wahl erleichtern.
       
       Für viele der 6 Millionen Zuschauer wird die Entscheidung aber eher
       schwieriger, denn die beiden Finalisten waren sichtlich bestrebt, das
       kontraproduktive Spektakel eines gehässigen Streits vor laufenden Kameras
       zu vermeiden. Die offensiver debattierende Aubry hat aber einen Rückstand
       von neun Punkten aufzuholen, sie provozierte: Hollandes Vorschläge seien
       "schwammig", und gegen eine "harte Rechte" dürfe die Linke nicht "weich"
       sein.
       
       Hollande konterte pikiert, auch er sei für eine "solide und aufrichtige
       Linke". Beide grenzten sich vor allem vom rechten Sarkozy ab, dem sie
       Machtmissbrauch und wiederholte Einmischung in die Justiz vorwarfen. Sie
       forderten einstimmig eine Beschneidung der bisherigen Kompetenzen des
       Staatschefs.
       
       Um bedeutende Differenzen zwischen Hollande und Aubry zu finden, muss man
       ihre Aussagen zur Schulden- und Krisenbekämpfung oder der von beiden
       geforderten Steuerreform fast unter die Lupe nehmen. Da beide - mit
       unterschiedlichem pädagogischem Geschick - nur je ihre Lesart desselben
       proeuropäischen sozialdemokratischen Programms lieferten, dürfte also die
       Kür für die Sympathisanten der Linken am Sonntag mehr zu einer
       Persönlichkeitswahl werden.
       
       Aus der Sicht der konservativen Regierungspartei UMP handelt es sich
       ohnehin nur zwei Seiten ein und derselben glanzlosen Medaille. Bei der UMP
       hat man allen Grund, auf den geschickten Schachzug der Sozialisten neidisch
       zu sein. Denn diese haben mit den Primärwahlen den Beweis geliefert, dass
       Parteipolitik offen, transparent und dennoch spannend sein kann.
       
       Dass ausgerechnet Ségolène Royal, die in der französischen Linken ihr
       Konzept einer "partizipativen Demokratie" mit erweiterten
       Mitbestimmungsmitteln eingeführt hatte, nun bei den ersten Primärwahlen mit
       weniger als 7 Prozent der Stimmen eliminiert worden ist, gehört bereits zu
       den Anekdoten. Royal hat - wie schon die beiden Außenseiter Manuel Valls
       und Jean-Michel Baylet - beschlossen, ihren Exlebensgefährten Hollande (mit
       dem sie vier gemeinsame Kinder hat) zu unterstützen, damit dieser mit einer
       deutlichen Mehrheit gestärkt in den Wahlkampf gegen Sarkozy gehen könne.
       
       Der mit 17 Prozent überraschend starke Dritte, Arnaud Montebourg, hat
       beiden Finalisten in einem offenen Brief politische Bedingungen für seine
       eventuelle Wahlhilfe gestellt. Weder Aubry noch Hollande gingen am
       Fernsehen auf das Angebot zum Stimmenfeilschen ein.
       
       13 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Wahlabsprache in Frankreich: Grundsätze für ein paar Sitze verkauft
       
       Grüne und Sozialisten in Frankreich haben sich auf eine Wahlabsprache
       geeinigt. Die Einigung kam schnell – die echten Streitpunkte wurden einfach
       ausgeklammert.
       
 (DIR) Vorwahlen der Sozialisten in Frankreich: Hollande soll Präsident werden
       
       Der ehemalige Chef der französischen Sozialisten, Hollande, hat die
       Nominierung als Präsidentschaftskandidaten gewonnen. Dem ging ein hitziger
       Wahlkampf voran.
       
 (DIR) Sozialistenvorwahl in Frankreich: Hollande siegt knapper als erwartet
       
       Er und Parteichefin Aubry gehen in die Stichwahl. Und Arnaud Montebourg
       gilt als "Königsmacher". Eins ist jetzt schon klar: Die Öffnung der
       Vorwahlen war ein voller Erfolg.
       
 (DIR) Sozialistenvorwahl in Frankreich: Hochrechnung: François Hollande vorn
       
       Erstmals können alle Wahlberechtigten in Frankreich bei der Nominierung des
       sozialistischen Präsidentschaftskandidaten mitreden. Zwei Millionen kamen.
       
 (DIR) Kandidaten-Vorwahl in Frankreich: Mit einem Euro ist jeder dabei
       
       Jeder Stimmberechtigte darf bei der Wahl des sozialistischen
       Präsidenschaftskandidaten seine Stimme abgeben. Diese neue Form der
       Mitbestimmung kommt gut an.
       
 (DIR) Vorwahlen bei Frankreichs Sozialisten: Der geheime Favorit der Linken
       
       Arnaud Montebourg will Kandidat seiner Partei bei der Präsidentenwahl
       werden. Beim Auftritt in der Betonwüste von Saint-Denis stößt er auf
       Skepsis.