# taz.de -- Alternative Finanzierungen: Mikrokredite für die Armen in Europa
       
       > Kleine Summen für die Armen: Der Erfinder der Mikrokredite Muhammad Yunus
       > will menschlichere Banken. In New York und Frankreich gibt es sie schon.
       
 (IMG) Bild: Muhammad Yunus bekam 2006 den Friedensnobelpreis für seine Idee mit den Mikrokrediten.
       
       FRANKFURT AM MAIN taz | Mikrokredite sind in den Industrieländern
       angekommen: In New York haben sich ausgerechnet in der Nähe der Wallstreet
       gleich vier Institute angesiedelt. Selbst in Frankreich oder Norwegen
       existieren heute Mikrokreditzentren, die in der Regel Kollektivprojekte
       finanzieren. Darüber berichtet am Montag der Friedensnobelpreisträger
       Muhammad Yunus.
       
       Die Idee von den Mikrokrediten geht auf den 1940 in Bangladesch geborenen
       promovierten Wirtschaftswissenschaftler Yunus und die von ihm gegründete
       Grameen Bank zurück. Mit Mikrokrediten sollten ursprünglich die Ärmsten der
       Armen in Entwicklungsländern unterstützt werden, denen keine Bank Geld
       leihen würde.
       
       Mittlerweile sind auch in New York 6.000 Kleinkredite von durchschnittlich
       1.500 Dollar an Frauen vergeben worden. Die Rückzahlungsquote liege bei 100
       Prozent, berichtet Yunus. Jetzt sollen auch in Detroit, San Francisco und
       Indianapolis Mikrokreditzentralen gegründet werden.
       
       Das Prinzip bleibt laut Yunus überall dasselbe: Erst müssten die
       zukünftigen Kreditnehmer bei einer Mikrokreditzentrale Geld ansparen; auch
       Kleinstbeträge werden angenommen. 54 Prozent der Einlagen stammten von den
       Kreditnehmern selbst, die restlichen Einlagen von Reichen, die beim Aufbau
       ihres Landes mithelfen oder einfach nur "ein gutes Werk tun" wollten, sagte
       Yunus.
       
       Bis zu 20 Prozent Zinsen würden bei der Inanspruchnahme eines Mikrokredits
       dann anfallen. Die weltweit geäußerte Kritik an diesem hohen Zinsniveau
       wies Yunus zurück. Schließlich seien die Spareinlagen der Kreditnehmer
       zuvor mit bis zu 12 Prozent verzinst worden.
       
       ## Wucherzinsen in Indien
       
       Die Probleme etwa in Indien leugnete Yunus nicht: Dort sollen
       Drückerkolonnen Bedürftige bedrängt und bedroht haben, Verträge zu
       unterschreiben, Wucherzinsen sollen vor allem Kreditnehmerinnen ruiniert
       und in den Suizid getrieben haben.
       
       Man habe dort die Philosophie der Mikrokreditbewegung nicht richtig
       verstanden, "Probleme lösen und keinen Profit machen." Mit dem richtigen
       Kleinkreditsystem sei in Bangladesch in den vergangenen zehn Jahren die
       Zahl der Armen halbiert worden.
       
       Zur aktuellen Krise in Europa und den USA merkte Yunus an, das ganze
       kapitalistische System sei falsch aufgebaut, weil es nur für die ohnehin
       schon Reichen und die Finanzjongleure geschaffen worden sei. Die soziale
       Ausrichtung dagegen fehle gänzlich. Die Krise bedeutet für Yunus aber auch
       einen Weckruf. Gebraucht werde jetzt nicht mehr und nicht weniger als "eine
       neue menschliche Zivilisation".
       
       25 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) K.-P. Klingelschmitt
       
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