# taz.de -- Menschenrechtsverletzungen in Syrien: Misshandlung statt Behandlung
       
       > Verletzte Protestierer werden in Krankenhäusern gefoltert – von den
       > Sicherheitskräften und vom Krankenhauspersonal. Eine adäquate Therapie
       > wird oft verweigert.
       
 (IMG) Bild: Anti-Assad-Demonstration in dem Dorf Maaret Harma im vergangenen September. Wer dabei verletzt wird, läuft Gefahr, im Krankenhaus misshandelt zu werden.
       
       BERLIN taz | Wer bei Protesten gegen die syrische Regierung verletzt wird,
       kann auf zuverlässige medizinische Hilfe in den Krankenhäusern nicht
       vertrauen, sondern muss im Gegenteil damit rechnen, unzureichend behandelt,
       verhaftet und gefoltert zu werden.
       
       Das geht aus einem Bericht hervor, den die Menschenrechtsorganisation
       Amnesty International (AI) jetzt veröffentlicht hat. AI liegen demnach
       zahlreiche Augenzeugenberichte vor, in denen verweigerte Versorgung und
       Misshandlungen von Patienten geschildert werden - zumeist durch Militär,
       aber auch durch Krankenhausmitarbeiter.
       
       "Anfang April", berichtet ein Chirurg, "war ich mit fünf Ärzten im OP des
       Nationalkrankenhauses in Homs. Viele Fälle mit Schussverletzungen wurden
       eingeliefert. Unter ihnen war ein Junge, etwa 15 Jahre alt, der am Fuß
       verletzt war. Wir Ärzte waren zunächst mit schwerer Verletzten beschäftigt,
       und er wartete auf einem Bett. Als ich Schmerzensschreie hörte, ging ich
       dem Geräusch nach und sah, wie ein Krankenpfleger den Jungen hart auf seine
       Verletzung schlug und Spiritus auf die Wunde goss, mit der deutlichen
       Absicht, ihm weitere Schmerzen hinzuzufügen."
       
       Der Arzt griff ein und berichtete dem Direktor über den Vorfall, doch der
       Krankenpfleger wendete sich an die Polizei und denunzierte den Arzt als
       Unterstützer des Aufstandes - er musste das Land verlassen.
       
       Dazu kommt, dass die Regierung alle Krankenhäuser angewiesen hat, Patienten
       mit Schussverletzungen den Behörden zu melden, woraufhin sofort Militär und
       Polizei auftauchen. Und selbst, wenn die Mediziner nichts melden, sind ihre
       Patienten in Gefahr. Denn die Zentrale Blutbank, die einzige Stelle, bei
       der Blutkonserven für Transfusionen zu ordern sind, wird vom
       Verteidigungsministerium verwaltet, und jede Anforderung löst den Verdacht
       aus, dass es sich bei den Patienten um verletzte Protestierer handeln
       könnte.
       
       So vermeiden viele Verletzte den Weg in die Krankenhäuser - was bei
       schweren Verletzungen fatale Konsequenzen hat. Denn die von der
       Protestbewegung in einigen Städten eingerichteten Feldlazarette verfügen
       nicht annähernd über die medizinische Ausstattung, um schwere Verletzungen
       adäquat zu behandeln.
       
       Auch Amnesty konnte für seinen jüngsten Bericht nicht vor Ort recherchieren
       - wie die meisten Medien und humanitären Organisationen wird auch AI die
       Einreise ins Land verweigert.
       
       25 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
       
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