# taz.de -- Castor-Transport nach Gorleben: Warten auf's Finale
       
       > Der Widerstand gegen den Castor ist in diesem Jahr zwar kleiner, aber
       > offenbar effektiv. Politikprominenz und Bundestagsparteien haben
       > allerdings ihr Interesse verloren.
       
 (IMG) Bild: Planmäßiger Halt, unplanmäßige Dauer: Castor-Transport im Rangierbahnhof Maschen bei Hamburg.
       
       WENDLAND taz | Sie haben es wieder geschafft, die Blockade der
       Castor-Strecke in der Nähe von Harlingen im Wendland. Mindestens 2.500
       Menschen haben sich auf den Bahngleisen eingerichtet, kleine Lagerfeuer
       brennen am Rande der Schienen, die Volxküche schafft Waffeln heran. Immer
       mehr AktivistInnen kommen ausgerüstet mit Strohsäcken, Schlafsäcken und
       Planen gegen Wasserwerfer und Regen an, die Schienenbesetzung wird größer.
       Die Polizei lässt sie gewähren.
       
       Dass der Protest in diesem Jahr insgesamt kleiner wird als im vergangenen
       Jahr, war abzusehen. Überraschend ist, dass offenbar trotzdem genug
       AktivistInnen gekommen sind, um wieder effektiv den Castor-Transport zu
       blockieren. Vor einem Jahr hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung die
       Laufzeiten der Atomkraftwerke vor den Atommülltransporten gerade
       verlängert. Der Protest im Wendland hatte einen Zulauf wie seit Jahren
       nicht mehr.
       
       Jetzt, nach dem erneuten Atomausstieg, kommen deutlich weniger. Am
       Samstagmittag fanden sich auf der größten Demonstration in Dannenberg nur
       halb so viele Menschen ein wie im vergangenen Jahr. Die Veranstalter
       werteten die 23.000 Demonstranten, so ihre Schätzung, aber als Erfolg.
       Kerstin Rudek von der Bürgerinitiative Dannenberg sagte: "Der heutige Tag
       zeigt die Anti-Atombewegung ist quicklebendig und das ist auch gut so. Wir
       wollen, dass die AKWs abgeschaltet werden. Alle und jetzt."
       
       Der Sprecher von Ausgestrahlt, Jochen Stay, kritisiert den grünen
       Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, der
       weitere Proteste wegen des beschlossenen Ausstiegs für überflüssig erklärt
       hat. "Das haben wir vor zehn Jahren schon mal von Jürgen Trittin gehört.
       Und wir wissen was später passiert ist", so Stay. "Es ist den Grünen
       unbenommen, den gleichen Fehler zweimal zu machen. Aber er kann doch nicht
       erwarten, dass wir genauso bescheuert sind." Es war nicht nur keine grüne
       Politprominenz angereist, auch aus der Basis gab es wenige, gemessen an den
       Logos auf den Fahnen der DemonstrantInnen.
       
       Die Polizei scheint dies zu einem kompromissloseren Durchzugreifen zu
       animieren. Bereits am Freitagabend schoss sie mit Wasserwerfern ins
       Protestcamp Metzingen, nachdem einige hundert Meter entfernt nach
       Polizeiangaben Steine auf Einsatzwagen geworfen worden sind. Auch gegen die
       so genannten „Schotterer“ - AktivistInnen, die versuchen, Schotter aus den
       Gleisbetten entfernen, ging die Polizei hart vor.
       
       Eine taz-Reporterin beobachtete, wie die Polizei in Pommoissel direkt an
       den Gleisen Schotterer mit Schlagstöcken und Reizgas angriff. Dabei sollen
       auch Journalisten angegriffen worden sein. Auch Sanitäter, die sich vor Ort
       um die Verletzten kümmern wollten, sind von der Polizei umgerannt worden.
       Die Bürgerinitiative Umweltschutz in Dannenberg sprach insgesamt von 110
       DemonstrantInnen, die durch Schlagstöcke und Reizgas verletzt worden seien.
       Bei den „Schotterern“ gab es im Vergleich zu 2010 dennoch weniger
       Verletzte: "Castor Schottern"-Sprecherin Hanna Spiegel führt das allerdings
       auf eine bessere Selbstschutz-Kleidung und dem gezielten Ausweichen vor
       Eskalationen zurück. Die Polizei beklagte nach eigenen Angaben insgesamt 35
       verletzte Einsatzkräfte und16 beschädigte Polizeiwagen.
       
       Die Schotterer, die nach eigenen Angaben keine Polizisten attackieren,
       zeigten sich mit ihrer Aktion zufrieden. Mehr als 1.000 Aktivisten sei es
       gelungen, an zwei Stellen massiv Schottersteine aus dem Gleisbett zu
       entfernen, sagte Sprecher Mischa Aschmoneit am Abend vor Journalisten.
       Zudem seien die Gleise an zwei Stellen „erheblich verbogen“ worden. Die
       Reparaturen könnten längere Zeit in Anspruch nehmen. Sollte sich das
       bewahrheiten, könnte die Castor-Blockierer mit wesentlich weniger Personal
       ein ähnliches Resultat erzielen wie im vergangenen Jahr, als sie den
       Transport stundenlang aufgehalten hatten.
       
       Möglicherweise bekommen sie in diesem Jahr Hilfe von oben: Der Deutsche
       Wetterdienst gab eine Unwetterwarnung für Norddeutschland heraus und warnte
       vor Starkwind bis hin zu schweren Sturm- und sogar Orkanböen in der Nacht
       und am Sonntag. Die Agentur AFP berichtete, nach Auskunft der Gesellschaft
       für Nuklear-Service (GNS) als Betreiber des Zwischenlagers können die
       Castoren, wenn der Wind die Stärke sieben erreicht, nicht von der Schiene
       auf die Straße verladen werden. Das ist allerdings für einen Transport auf
       den letzten Kilometern notwendig.
       
       26 Nov 2011
       
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