# taz.de -- Zensus 2011: Zeigt her eure Daten!
       
       > Volkszählungsboykott? Nein! Die twitternde Facebook-Generation hat für
       > die paar Zensusfragen nur ein müdes Lächeln übrig, meinen Experten.
       
 (IMG) Bild: Zensus? Alles gar kein Problem, finden die Statistiker.
       
       HAMBURG taz | Klaus Pötsch ist zufrieden. Der Sprecher des Statistischen
       Bundesamts kann beim Thema Zensus 2011 derzeit nur Erfolgsmeldungen
       verkünden. "Über 95 Prozent" der bundesweit ausgeteilten
       Haushaltsfragebögen seien bereits zurückgekommen. Und auch bei der
       Wohnungs- und Gebäudezählung sähe es nicht viel schlechter aus. Hier seien
       rund 90 Prozent der Bögen ausgefüllt in den Erhebungsstellen wieder
       eingetrudelt.
       
       Dass einige Medien noch knapp 3,9 Millionen von 25 Millionen Bögen
       vermissten und daraus einen fehlenden Rücklauf von 15,5 Prozent
       errechneten, sei, so Pötzsch, "eine falsche Betrachtungsweise". Tatsächlich
       hätten aufgrund einer unklaren Datenausgangslage einige Immobilienbesitzer
       mehrere Bögen bekommen, worüber "die Presse ja auch ausführlich berichtet
       habe". Diese zu viel ausgesandten Formulare seien in den 3,9 Millionen
       enthalten.
       
       Ob die Statistiker etwas von einem Volkszählungsboykott gespürt hätten?
       "Eigentlich kaum", sagt Pötzsch: "Der Gegenwind hat sich in Grenzen
       gehalten. " Und dann erzählt der Sprecher noch etwas von "hoher
       Teilnahmebereitschaft und und wenig Unmut aus der Bevölkerung über die
       Befragung".
       
       Auch der Berliner Wissenschaftler Gert Wagner, Chef der Zensuskommission,
       die die Erhebung kritisch begleitet, ist voll des Lobes: "Es gab keine
       nennenswerten Probleme bei der Durchführung und auch keine nennenswerte
       Verweigerung." Damit sei die Kommission quasi arbeitslos gewesen.
       
       ## Erfolgsstory Zensus?
       
       Der Zensus 2011 ist aus Sicht seiner Planer und seiner amtlichen
       Kontrolleure also eine Erfolgsstory. Im Zeitalter des informellen
       Datenexhibitionismus hat die twitternde Facebook-Generation für die paar
       Zensusfragen nur ein müdes Lächeln übrig. So zumindest bewerten die meisten
       Experten den ausgebliebenen Widerstand.
       
       Wer aber auf Probleme hinweist, bekommt keine Antwort. Vor wenigen Tagen
       beantwortete das Bundesinnenministerium federführend eine kleine Anfrage
       der Linken über die "Zwischenbilanz zur laufenden Volkszählung". Wobei das
       Wort "beantwortete" hoch gegriffen ist. Denn die Erwiderung auf alle
       Durchführungspannen, die die Linke aufführte, lautete stets: "Die
       Bundesregierung hat keine Kenntnis …", "solche Kenntnisse hat die
       Bundesregierung nicht" oder "solche Fälle sind der Bundesregierung nicht
       bekannt".
       
       "Die Bundesregierung versucht mit ihrer Antwort die zahlreichen Probleme
       und Pannen beim Zensus kleinzureden oder zu leugnen. Sie agiert hier wieder
       einmal frei nach dem Motto: Augen zu und durch", klagt Jan Korte,
       Innenexperte der Linke-Bundestagsfraktion. Die hatte die Bundesregierung
       unter anderem gefragt, warum einzelne Familien bis zu 224 Fragebögen
       zugesandt bekommen hatten. Und ob es mit dem Datenschutz wirklich so gut
       stehe, wie in den Zensuswerbebotschaften behauptet.
       
       ## Nacherhebung beginnt
       
       Inzwischen haben die Zensusnacharbeiten begonnen. In mehreren
       Bundesländern, darunter im einwohnerstarken Nordrhein-Westfalen, führen die
       Interviewer derzeit eine Nacherhebung durch. Vor allem Personen, die an
       mehreren Hauptwohnsitzen oder nur mit Nebenwohnsitz gemeldet sind, werden
       erneut befragt.
       
       Inzwischen haben auch die ersten Erhebungsstellen damit begonnen, den
       säumigen Ausfüllern mit Zwangsgeldern zu drohen. In Kassel (Hessen)
       erhielten 60 Boykotteure bereits eine Zwangsgeldandrohung über 300 Euro, 35
       von ihnen sogar schon einen zweiten Zwangsgeldbescheid über 500 Euro.
       
       Auch die meisten anderen Bundesländer wollen in den kommenden Wochen
       Zwangsgelder in dieser Höhe verhängen. Durch die Zahlung des Betrags kann
       sich allerdings niemand von der Auskunftspflicht freikaufen - immer neue
       und höhere Geldbußen können verhängt werden, bis der Betroffene seinen
       Bogen ausfüllt.
       
       Die Bremer Anwältin Eva Dworschak, einige der wenigen Juristinnen
       bundesweit, die sich auf die Beratung von Zensusboykotteuren spezialisiert
       hat, rät daher, "sofort juristischen Beistand" einzuholen.
       
       28 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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