# taz.de -- Netzsperren wieder abgeschafft: Niederlage für "Zensursula"
       
       > In Zukunft wird Kinderpornographie im Netz gelöscht, statt nur gesperrt
       > zu werden. Fast einstimmig entschied der Bundestag, das Gesetz von Ursula
       > von der Leyen wieder aufzuheben.
       
 (IMG) Bild: Gestoppt: Ursula von der Leyens heftig umstrittenes Gesetz für Sperrschilder bei illegalen Inhalten.
       
       BERLIN dpa | Webseiten mit Kinderpornos werden künftig nicht mehr gesperrt,
       sondern komplett gelöscht. Der Bundestag kippte am Donnerstagabend nahezu
       einstimmig die umstrittenen Internet-Sperren. Das bereits ausgesetzte
       Sperrgesetz wurde von den Parlamentariern endgültig aufgehoben.
       
       "Im Interesse der Opfer werden die Darstellungen auch in Zukunft konsequent
       und schnellstmöglich an der Quelle gelöscht", sagte Justizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). "Eine Scheinlösung durch leicht zu
       umgehende Stoppschilder wird es nicht geben."
       
       Die noch von der schwarz-roten Vorgängerregierung beschlossenen Sperren im
       Netz waren heftig umstritten. Viele Nutzer liefen gegen sie Sturm und
       sammelten im Rahmen einer Online-Petition mehr als 130.000 Unterschriften
       dagegen.
       
       Die Gegner führten ihre Kampagne unter dem Schlagwort "Zensursula" - in
       Anspielung an die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen, die die
       Initiative zu dem Gesetz ergriffen hatte. Die Kritiker befürchteten den
       Aufbau einer staatlichen Zensurbehörde. Zudem gab es Zweifel an der
       Wirksamkeit, weil die Sperren leicht zu umgehen seien.
       
       "Nur durch Löschen werden die Seiten effizient aus dem Netz entfernt, und
       das Opfer kann geschützt werden", sagte der Internetexperte und Mitglied
       des Innenausschusses der FDP-Bundestagsfraktion Jimmy Schulz. "Die Praxis
       zeigt bereits große Löscherfolge und damit, dass dies der richtige Weg
       ist."
       
       ## Netzsperren auch für andere Bereiche ausgeschlossen
       
       Der Internet-Branchenverband Eco begrüßte die Entscheidung des Bundestags,
       das im Februar 2010 in Kraft getretene Zugangserschwerungsgesetz endgültig
       aufzuheben. "Mit diesem Beschluss hat die Politik (...) deutlich gemacht,
       dass allein das Löschen dieser illegalen Inhalte der einzig richtige Weg
       ist", sagte Eco-Vorstand Oliver Süme. "Internetsperren sind ineffektiv und
       technisch ohne großen Aufwand zu umgehen."
       
       Deshalb sollen Seiten mit kinderpornografischen Inhalten künftig gelöscht
       werden, egal ob sie in Deutschland oder vom Ausland aus ins Netz gestellt
       wurden. In der langen Diskussion darum war vielfach argumentiert worden,
       dass es keine Handhabe auf Inhalte gebe, die auf ausländischen Servern
       gespeichert sind. "Inzwischen bekommen wir illegale Inhalte in wenigen
       Tagen aus dem Netz", sagte Süme. Bei Seiten in Deutschland dauere es nur
       wenige Stunden.
       
       Die Entscheidung der Bundesregierung habe auch in der Europäischen Union
       die Diskussion beeinflusst, sagte Leitheusser-Schnarrenberger. "Der
       deutsche Weg mit dem Ansatz "Löschen statt Sperren" hat sich nun auch auf
       europäischer Ebene durchgesetzt." Netzsperren solle es auch in keinen
       anderen Fall, etwa bei der Bekämpfung von Kriminalität oder bei
       Urheberrechtsverletzungen geben, betonte Leutheusser-Schnarrenberg.
       
       Angesichts der technischen Entwicklung will der Bundestag jedoch ein Auge
       darauf behalten, ob Kinderpornografie auf diesem Wege tatsächlich
       ausreichend bekämpft wird. In einer Resolution fordert das Parlament von
       der Bundesregierung einen jährlichen Bericht über den Erfolg der Maßnahmen.
       
       2 Dec 2011
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gesetzesvorhaben "SOPA" in den USA: Alle gegen geplante Netzsperren
       
       Der US-Kongress will mit dem "Stop Online Piracy Act" Medienkonzernen einen
       Neujahrswunsch erfüllen. Doch das Gesetz stößt auf heftigen Widerstand.
       
 (DIR) Kritik an Kinderporno-Regelung: "Jugendliche sind keine Kinder"
       
       Deutsche Sexualwissenschaftler kritisieren die geplante
       Kinderporno-Richtlinie der EU. Anstatt missbrauchten Kindern zu helfen,
       würde sie Probleme sogar verschlimmern.
       
 (DIR) Verfassungsbeschwerde gestartet: "Zensursula" vor Gericht
       
       Im Sommer 2009 mobilisierten die Netzsperren eine neue, digitale
       Bürgerrechtsbewegung. Nun haben Bürgerrechtler Verfassungsbeschwerde
       eingelegt.
       
 (DIR) Internetsperren gegen Pornographie: Zensursula auf Südafrikanisch
       
       Innerhalb von vier Jahren hat sich die Zahl der Internetanschlüsse in
       Südafrika mehr als verdoppelt. Das Innenministerium will nun ein Gesetz für
       Internetsperren.