# taz.de -- Bundesparteitag der SPD: Helmut erzählt vom Krieg
       
       > Die SPD feiert den Ansturm auf ihren Parteitag, ihren Altkanzler und sich
       > selbst als europapolitische Partei. Und was Schmidt nach seiner Rede
       > machen würde, ahnte man schon.
       
 (IMG) Bild: Tausende hatten sich angemeldet um ihn zu hören: Helmut Schmidt.
       
       BERLIN taz | Erst mal ging gar nichts. Noch bevor das erste Wort des
       SPD-Bundesparteitags gesprochen war, standen sich die Delegierten auf den
       Füßen, die Gänge waren überfüllt, die Luft war stickig. „Da hatten wir ja
       bei manchem Landesparteitag 'ne größere Halle“, sagt eine Frau hinter den
       letzten Sitzreihen. Die SPD: neuerdings wieder ein Straßenfeger.
       
       Wer jetzt boshaft wäre, würde sagen: Das Bild wollten sie auch vermitteln.
       In den Tagen vor dem Parteitag überschlugen sich die Meldungen, dass immer
       mehr Anmeldungen in der Parteizentrale eingehen. Zuerst waren es 6.000,
       dann 7.500, auf einmal waren die 8.000 Anmeldungen überschritten. In einer
       Halle, der „Station“ in Berlin-Kreuzberg, die dafür freilich nicht
       ausgelegt war.
       
       Dass alle so pünktlich kamen, hatte natürlich einen Grund: Es war die erste
       Rede von Altbundeskanzler Helmut Schmidt auf einem SPD-Parteitag seit 13
       Jahren. Es gab manche in der SPD, die haben diesen Moment gefürchtet, denn
       Schmidt ist unberechenbar und hat sich durch seinen Teil in der
       Steinbrück-Show nicht nur Freunde gemacht.
       
       ## Ein sehr weiter Schlenker
       
       Deswegen waren sie auch alle ganz dankbar darüber, dass Schmidt über
       Deutschlands aktuelle Rolle in Europa sprach. Okay, er hat einen Schlenker
       gemacht, einen sehr weiten Schlenker. Im Schnelldurchlauf könnte man den so
       zusammenfassen: Seit dem 30-jährigen Krieg, Ludwig dem XIV, Napoleon und
       verschiedenen Dynastien bis zum Dritten Reich haben immer wieder Kriege auf
       deutschem Boden stattgefunden. Deswegen darf es keine Sonderwege geben.
       
       Vor allem nicht beim Euro: „Das Gerede von einer Krise eines Euro ist
       leichtfertiges Geschwätz von Medien, Journalisten und Politikern“, sagte
       Schmidt, „wenn wir die Hoffnung haben wollen, dass wir Europäer eine
       Bedeutung haben für die Welt, dann geht das nur gemeinsam“.
       
       Es folgte der Angriff auf Kanzlerin Angela Merkel: „Deutschland löst
       neuerdings Unbehagen und politische Besorgnis aus“, sagte er, und äußerte
       „erhebliche Zweifel in die Stetigkeit politischen Handelns“.
       
       ## Das Bonbon eines Parteitags
       
       Das kam gut an. Geradezu euphorisch wurde die Halle, als sich Schmidt einen
       anderen vornahm, Unions-Fraktionschef Volker Kauder. Der hatte jüngst
       gepoltert, in Europa werde deutsch gesprochen. Das sei „schädliche,
       deutschnationale Kraftmeierei“, so Schmidt. Donnernder Applaus, Schmidt
       hebt seine Hand, will schnell weitermachen – aber das Publikum johlt.
       Frontalkritik am Gegner ist halt auch bei einem Altkanzler das süße Bonbon
       eines jeden Parteitags.
       
       Der SPD schrieb Schmidt damit gleich etwas ins Programm, sollte die Partei
       tatsächlich bald wieder regieren. Nämlich, dass sie sich in Zweifel auch
       für Europa verschulden muss. Das kostet natürlich Geld, dass dann eine SPD
       aufbringen müsste. Aber darüber kann man ja nachdenken, wenn es so weit
       ist.
       
       Schmidt setzte sich danach in die vordere Reihe der Delegierten. Die
       Delegierten standen um ihn herum und klatschten. Dann passierte etwas, das
       13 Jahre in einer SPD-Parteitagshalle nicht mehr passiert ist.
       
       Es stieg Rauch auf.
       
       4 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gordon Repinski
       
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