# taz.de -- Die wahre Rede von Bundespräsident Wulff: "Schwamm drüber, okay?"
       
       > Christian Wulffs persönliche Erklärung war kaum zu verstehen. Jetzt hat
       > er es noch mal versucht, mit deutlicheren Worten. Eine aufgezeichnete
       > Rede.
       
 (IMG) Bild: Kurz davor, die Fragepakete zu beantworten: Bundespräsident Wulff.
       
       Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren,
       
       Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ganze Pack von der
       Presse, 
       
       Sie alle wissen, dass in den vergangenen zehn Tagen über Vorgänge aus
       meinem Privatleben breit berichtet worden ist. Sie betreffen die Zeit vor
       meiner Amtszeit als Bundespräsident und haben eine sehr kritische
       Kommentierung gefunden. Ich habe das Bedürfnis, mich auch persönlich zu
       diesen Vorgängen zu äußern.
       
       In meinem Privatleben gehen Dinge vor sich, sogenannte Vorgänge, über die
       Sie seit genau zehn Tagen, ich habe mitgezählt, alle lang und breit
       informiert sind. Es geht dabei um eine Zeit vor unserer Zeit, meine ferne
       Vergangenheit als stinknormaler Politiker ohne die höheren Weihen, die ich
       heute genieße. Ich bin nun genötigt, mich persönlich zu diesen Vorgängen zu
       äußern. 
       
       Alle Fragen zu den Vorgängen nehme ich sehr ernst und habe deshalb für
       volle Offenheit im Hinblick auf die Finanzierung unseres Einfamilienhauses
       gesorgt. Sowohl, was den Privatkredit anbelangt, als auch, was alle
       Verträge und alle Konditionen der Geldmarktkredite bei der BW-Bank
       anbelangt. Alle Auskünfte sind erteilt worden, auch zu Konditionen. Vom
       Bankgeheimnis ist umfassend befreit worden.
       
       Alle Fragen zu den Vorgängen gehen mir tierisch auf den Zeiger, weil ich
       sie offen beantworten muss. Dabei ging es doch nur darum, ein Nest für
       meine Zweitfamilie zu bauen! Ich habe Geld von einem Kumpel angenommen und,
       nachdem ich da etwas kalte Füße bekam, Geld von der Bank. Banken sind nicht
       alle schlecht, manche geben sogar ihre Geheimnisse preis. Schauen Sie sich
       mal die Konditionen an! Toll, oder? 
       
       Außerdem habe ich die Ferienaufenthalte bei Freunden offengelegt, die
       Dokumente liegen seit Montag bei einer dazu beauftragten
       Rechtsanwaltskanzlei aus. Und es ist ja gelegentlich auch Einsicht genommen
       worden.
       
       Außerdem waren wir in den Ferien oft bei Freunden. Wer ist das nicht?
       Dokumente dazu - Quittungen, Restaurantrechnungen, Flugtickets - liegen bei
       einer Rechtsanwaltskanzlei in Glasvitrinen und dürfen nur mit weißen
       Handschuhen angefasst werden. Ein paar Würmer haben sich schon erdreistet,
       dieses Angebot anzunehmen. 
       
       Bis heute habe ich über 250 Einzelfragen jedweder Art nach bestem Wissen
       und Gewissen beantwortet. Davon viele, die Einzelheiten aus meinem Privat-
       und Familienleben betreffen.
       
       Bis heute habe ich schon viel zu viel beantwortet, ganze Fragenpakete und
       auch Einzelerkundigungen, und viele davon waren dreist und unfreundlich.
       Ich hingegen war so nett, sie dennoch zu beantworten. 
       
       Ich weiß und finde es richtig, dass die Presse- und Informationsfreiheit
       ein hohes Gut ist in unserer freiheitlichen Gesellschaft. Das bedeutet
       gerade für Amtsträger, jederzeit die Wahrnehmung ihrer Aufgaben vor der
       Öffentlichkeit zu erläutern und gerade auch im Grenzbereich zwischen
       Dienstlichem und Privatem, zwischen Amt und privat, die erforderliche
       Transparenz herzustellen. Das ist, wie viele von Ihnen auch wissen, nicht
       immer leicht, gerade wenn man an den Schutz betroffener Familienangehöriger
       und Freunde denkt. Aber es ist eben notwendig, denn es geht um Vertrauen in
       mich und meine Amtsführung.
       
       Ich kann im Alleingang an Artikel 5 des Grundgesetzes leider nichts ändern.
       Und ich denke nach wie vor, dass meine Privatangelegenheiten Sie einen
       feuchten Kehricht angehen. Man hat mich nun aber darüber informiert, dass
       ich Sie über alles informieren muss. Stellen Sie sich mal vor, werte
       Bürgerinnen und Bürger, Sie müssten jede Kleinigkeit transparent machen!
       Ich aber muss, damit Sie mich auch weiterhin nett finden. Eine
       Entschuldigung ist das nicht. 
       
       Mir ist klargeworden, wie irritierend die private Finanzierung unseres
       Einfamilienhauses in der Öffentlichkeit gewirkt hat. Das hätte ich
       vermeiden können und müssen. Ich hätte auch den Privatkredit dem
       niedersächsischen Landtag damalig offenlegen sollen. Das war nicht
       gradlinig, und das tut mir leid. Ich sehe ein, nicht alles, was juristisch
       rechtens ist, ist auch richtig.
       
       Dass ich als Bonze mir mal eben eine halbe Million privat pumpen und, bevor
       das auffliegt, zu mehr als entgegenkommenden Konditionen von der Bank
       leihen kann, versteht sich zwar von selbst, normalsterbliche Nichtbonzen
       allerdings verstehen bei so komplizierten Dingen nur Bahnhof. Ich wollte
       das deshalb nicht auch noch dem niedersächsischen Landtag auf die Nase
       binden. Das war verlogen. Und gelernt ist gelernt. 
       
       Ich sage aber auch deutlich, zu keinem Zeitpunkt habe ich in einem meiner
       öffentlichen Ämter jemandem einen unberechtigten Vorteil gewährt.
       Persönliche Freundschaften sind mir, gerade auch menschlich, wichtig. Sie
       haben aber meine Amtsführung nicht beeinflusst. Dafür stehe ich.
       
       Meinen reichen Freunden habe ich nur berechtigte Vorteile gewährt.
       Strategische Freundschaften sind mir, gerade auch finanziell, kostbar. Das
       war schon immer so, ich musste mich dafür nicht verbiegen. 
       
       Ich bedaure, dass ich mich von meinem Sprecher Olaf Glaeseker trennen
       musste, und danke ihm an dieser Stelle für seinen großartigen Einsatz an
       meiner Seite. Ich habe ihm viel zu verdanken und wünsche ihm für weitere
       berufliche Herausforderungen alles erdenklich Gute.
       
       Apropos Freundschaft: Ich bin erleichtert, Ihnen meinen Sprecher und
       langjährigen Freund Olaf Glaeseker zum Fraß vorwerfen zu dürfen, und danke
       ihm an dieser Stelle für seinen selbstlosen Einsatz als Bauernopfer. Wenn
       ich in dieser Affäre schlecht beraten war, dann von Olaf Glaeseker. Danke,
       Olaf! 
       
       Meine Damen und Herren, ich weiß um meine Verantwortung als Bundespräsident
       der Bundesrepublik Deutschland. Ich werde das Amt auch in Zukunft
       gewissenhaft und mit ganzer Kraft ausfüllen. Denn wir stehen vor großen
       Aufgaben in unserem Land, in Europa und in der Welt. Und ich will und werde
       meinen Beitrag dazu leisten, die anstehenden Herausforderungen zu
       bewältigen. Dafür bitte ich die Bürgerinnen und Bürger auch zukünftig um
       ihr Vertrauen.
       
       Liebe Leute, ich bin und bleibe das Staatsoberhaupt, das ihr verdient.
       Union und FDP können es sich nicht leisten, noch einen Bundespräsidenten zu
       verlieren. Außerdem gibt es in unserem Land, in Europa und in der Welt
       wahrlich Wichtigeres als meine Fehler. Angesichts des Universums sind
       unsere Probleme winzig, nicht wahr? Jetzt warten wir gemeinsam ab, bis der
       Staub sich gelegt hat, und dann … Schwamm drüber, okay? 
       
       Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen unabhängig von dieser Erklärung ein
       gesegnetes Weihnachtsfest, ein gutes Jahr 2012. Wir werden auch in diesem
       Jahr 2012 weiterhin gut zusammenarbeiten. So hoffe ich doch.
       
       So, jetzt ist erst mal Weihnachten und dann das Jahr vorbei. Zufrieden? Und
       jetzt leckt mich doch einfach alle am Arsch.
       
       23 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Arno Frank
       
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 (DIR) Der Bundespräsident und die Kreditaffäre: Union baut eine Burg Bellevue
       
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