# taz.de -- Zuschüsse streichen statt Partei verbieten: CSU will die NPD austrocknen
       
       > Extremistische Parteien sollen vom Staat kein Geld mehr bekommen, fordert
       > die CSU. Doch das ist genau so kompliziert wie ein Parteiverbot.
       
 (IMG) Bild: Sollen weiter demonstrieren dürfen, nur kein Geld von Staat bekommen, findet die CSU.
       
       FREIBURG taz | Die CSU will extremistischen Parteien wie der NPD die
       staatliche Finanzierung entziehen. Das will die CSU-Landesgruppe auf ihrer
       Klausurtagung in Wildbad Kreuth, die am Mittwoch beginnt, beschließen. Der
       Staat soll die Arbeit von Verfassungsfeinden nicht auch noch finanzieren
       müssen. Hierfür soll extra das Grundgesetz geändert werden.
       
       Derzeit kann jede Partei auf staatliche Zuschüsse zählen, die bei der
       letzten Bundestags- oder Europawahl mindestens 0,5 Prozent aller Stimmen -
       oder mindestens 1 Prozent bei einer Landtagswahl - auf sich versammeln
       konnte. Auf diesem Wege erhielt die NPD im Jahr 2009 rund 1,2 Millionen
       Euro vom Staat, was über ein Drittel ihrer Gesamteinnahmen ausmachte.
       
       Die Forderung, der NPD die staatlichen Zuschüsse zu streichen, ist
       keineswegs neu. In den letzten zehn Jahren wurde sie von ganz
       unterschiedlichen Politikern wie Wolfgang Thierse (Bundestagsvizepräsident,
       SPD), Ehrhart Körting (Ex-Innensenater Berlin, SPD) und Joachim Herrmann
       (bayerischer Innenminister, CSU) vorgebracht.
       
       Das Bundesverfassungsgericht hat 2004 allerdings klargestellt, dass die
       Verfassung solchen Forderungen derzeit entgegensteht. Das Grundgesetz
       verbiete "jede staatliche Bekämpfung einer Partei, solange das
       Bundesverfassungsgericht sie nicht durch Urteil für verfassungswidrig
       erklärt und aufgelöst hat", hieß es in einem Beschluss zur Finanzierung
       kleiner Parteien.
       
       ## Ein heikler Plan
       
       Wenn aber das Grundgesetz eine Diskriminierung der NPD verbietet - warum
       dann nicht eben das Grundgesetz ändern? Das fragte sich 2008 der
       niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) - und gab dafür ein
       Gutachten in Auftrag. Entscheidendes Problem: Das Grundgesetz verbietet
       jede Einschränkung besonders wichtiger Verfassungswerte wie Demokratie und
       Menschenwürde (Artikel 79 Absatz 3).
       
       Das Gutachten des Rechtsprofessors Volker Epping, den Schünemann beauftragt
       hatte, besagt jedoch, die "freiheitlich-demokratische Grundordnung" dürfe
       durchaus per Verfassungsänderung "modifiziert" werden. Ein bemerkenswert
       widersprüchliche Logik: Die NPD soll keine staatlichen Gelder bekommen,
       weil sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigen will. Um
       das zu realisieren, müssten die Bundestagsparteien diese aber selbst
       beschränken.
       
       Der Plan ist also heikel. Die Innenministerkonferenz, die Schünemanns
       Ansatz grundsätzlich gut findet, hat im Dezember 2009 deshalb erst einmal
       eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Doch wer auf ein Parteiverbotsverfahren
       verzichten will, um sich nicht der strengen Rechtsprechung des
       Verfassungsgerichts auszusetzen, dürfte auch bei der Streichung der
       Zuschüsse zögern. Denn auch in dieser Frage hätte Karlsruhe das letzte
       Wort.
       
       ## Linkspartei das nächste Ziel?
       
       Ganz aussichtslos muss ein Versuch, die staatliche Finanzierung
       extremistischer Parteien zu streichen, allerdings auch nicht sein. Das
       Bundesverfassungsgericht hat unter Berufung auf die "wehrhafte Demokratie"
       schon mehrfach Maßnahmen gegen nicht verbotene Parteien und ihre Mitglieder
       abgesegnet - zum Beispiel die Beobachtung extremistischer Parteien durch
       den Verfassungsschutz und die Berufsverbote für ihre Funktionäre im
       öffentlichen Dienst.
       
       Von mindestens zwei der acht Richter des zuständigen Zweiten Senats des
       Bundesverfassungsgerichts weiß man auch, dass sie keine Probleme damit
       haben, der NPD Zuschüsse zu streichen. Peter Müller hat dies 2005, als er
       noch saarländischer CDU-Ministerpräsident war, selbst gefordert. Sein
       Richterkollege Peter Michael Huber tat es ihm 2008 gleich, als er noch
       CDU-Innenminister in Thüringen war.
       
       Zusätzliches Öl ins Feuer dieser Debatte goss am Montag auch noch Gerda
       Hasselfeldt, die CSU-Landesgruppen-Chefin. In einem Interview mit der Welt
       erklärte sie, dass durchaus auch "die Linke" von Zuschuss-Streichungen
       betroffen sein könnte.
       
       2 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar NPD-Verbot: Undurchdacht und populistisch
       
       Die fixe Idee, zugelassene Parteien einfach aus der staatlichen
       Parteienfinanzierung auszuschließen, ist nicht neu. Doch der Zweck heiligt
       nicht die Mittel.
       
 (DIR) Die Neonazi-Terroristen und die NPD: Das Gespenst des Verbotsverfahrens
       
       Der neue Vorsitzende der NPD, Holger Apfel, will der Neonazi-Partei einen
       sauberen Anstrich geben. Doch Berichte über Verbindungen zum Terrortrio
       machen ihm Angst.
       
 (DIR) Ex-Verfassungsrichter zum NPD-Verbot: "V-Leute werden überschätzt"
       
       Grundlage für ein NPD-Verbot ist die Frage, ob die NPD eine Gefahr für dass
       Gemeinwesen ist, sagt Siegfried Broß. Er ist einer der drei
       Verfassungsrichter, die das Verbot 2003 platzen ließen.
       
 (DIR) Forderungen nach NPD-Verbot: Zwei Hürden bleiben
       
       Das Verfassungsgericht hat bereits 2003 klargestellt, was die Politik
       beachten muss, um mit einem NPD-Verbot nicht erneut zu scheitern. Aber die
       Vorgaben sind unbequem.