# taz.de -- Bayer, Unis und die Informationsfreiheit: Streit um den Geheimvertrag
       
       > Die Uni Köln will ihren Vertrag mit dem Bayer-Konzern unter Verschluss
       > halten. Der Fall liegt jetzt beim Verwaltungsgericht Köln. Doch dem
       > Pharmariesen passt das nicht.
       
 (IMG) Bild: Zugeknöpfter Konzern: Bayer-Werk in Leverkusen.
       
       MÜNSTER taz | Der Pharmariese Bayer fährt schwere Geschütze auf. Das
       industriekritische Bündnis Coordination gegen Bayer-Gefahren (CGB) hatte
       die Universität Köln vergeblich aufgefordert, ihren Kooperationsvertrag mit
       dem Konzern öffentlich zu machen.
       
       Bündnis-Vorstand Philipp Mimkes reichte darum Klage beim Kölner
       Verwaltungsgericht ein - und berief sich dabei auf das
       Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW, das den Zugang zu Dokumenten
       öffentlicher Stellen regelt. Doch Bayer stellt nun die Rechtmäßigkeit
       dieses Verfahrens in Frage.
       
       Der Konzern verweist auf einen Passus im Gesetz, wonach nur Privatpersonen,
       aber keine Vereine Anträge auf Offenlegung stellen dürften. Die Anwälte des
       Konzerns argumentieren nun, der Kläger Mimkes werde "lediglich
       vorgeschoben, um an die begehrten Informationen zu gelangen", wie es in
       einem Schreiben an das Gericht heißt.
       
       Der Landesdatenschutzbeauftragte Ulrich Lepper, der die Uni ebenfalls zur
       Offenlegung des Vertrags aufgefordert hatte, zeigt sich über diese Logik
       verwundert: "Dem Informationsanspruch einer Einzelperson kann nicht
       entgegenstehen, dass sie in einer bestimmten Organisation tätig ist", sagte
       seine Sprecherin der taz.
       
       Mimkes Anwalt, Harro Schultze, bezweifelt, dass Bayer mit diesem Schachzug
       durchkommt: "Das Gesetz sagt ja nicht, dass hinter der Klage einer Person
       keine Bürgerinitiative stehen darf. Das wäre auch völlig lebensfremd."
       
       ## Uni und Konzern wollen Details unter Verschluss halten
       
       Vor Gericht wird Bayer von der renommierten Kanzlei Freshfield vertreten.
       Auch die Universität Köln, gegen die sich die Klage richtet, hat sich
       Rechtshilfe gesucht. Sie beauftragte die Kanzlei Redeker, die derzeit auch
       Bundespräsident Wulff in seiner Kreditaffäre berät.
       
       Der Aufwand zeigt, wie sehr beiden Seiten daran gelegen ist, die
       Konditionen ihrer "präferierten Partnerschaft" unter Verschluss zu halten,
       welche im März 2008 vereinbart wurde, um bei der Entwicklung neuer
       Medikamente zusammenzuarbeiten. Das Anti-Bayer-Bündnis fürchtet, dass Bayer
       durch den Vertrag unliebsame Studien verhindern und die Universität nicht
       genügend an Patenten beteiligt werden könnte.
       
       ## Ausnahmen sind andernorts eher unüblich
       
       Die Universität hatte sich bisher geweigert, den Vertragstext offenzulegen.
       Sie berief sich dabei auf eine Ausnahmeklausel im
       Informationsfreiheitsgesetz des Landes. Danach müssen Hochschulen keine
       Dokumente zugänglich machen, die Details der Forschung und Lehre berühren.
       
       Solche Ausnahmeregelungen sind andernorts eher unüblich. "In einem anderen
       Bundesland wäre der Vertrag längst öffentlich", meint deshalb der Anwalt
       des Klägers, Harro Schultze. "Vielleicht ist diese Einschränkung der
       Informationsfreiheit, wie sie in Nordrhein-Westfalen besteht, sogar
       verfassungswidrig. Dann muss sie gekippt werden."
       
       Tatsächlich entbinden nur wenige Bundesländer ihre Hochschulen in Frage der
       Forschung und Lehre ausdrücklich von der Informationspflicht, wie
       Nordrhein-Westfalen es macht. Eines davon ist Sachsen-Anhalt. Dessen
       Wissenschaftsministerin Brigitta Wolff (CDU) antwortete deshalb im
       September auf eine Anfrage der Grünen im Landtag von Magdeburg, dass
       Kooperationsverträge zwischen Hochschulen und Unternehmen "grundsätzlich
       der Vertraulichkeit" unterlägen.
       
       Rechtsexperten bezweifeln allerdings, ob Unis ihre Verträge so pauschal
       unter Verschluss halten dürfen. Der Augsburger Rechtsprofessor und
       Informationsfreiheitsexperte Matthias Rossi geht davon aus, dass
       Ausnahmeregeln für Hochschulen, wenn es sie gibt, stets eng ausgelegt
       werden müssten.
       
       ## Die Universität überdenkt ihre Kooperation mit der Wirtschaft
       
       Organisatorische Fragen der Zusammenarbeit fielen nicht automatisch unter
       die Regelung. "Ich räume der Klage gute Erfolgsaussichten ein", sagte Rossi
       der taz. Ähnlich sieht das auch der nordrhein-westfälische
       Datenschutzbeauftragte Ulrich Lepper.
       
       Die Universität Köln will sich zum laufenden Verfahren nicht äußern, ebenso
       wenig der Bayer-Konzern. Die Universität überdenkt inzwischen aber ihre
       Kooperationen mit der Wirtschaft. Eine Gruppe aus Studierenden und
       Professoren soll jetzt Empfehlungen für künftige Verträge mit Unternehmen
       ausarbeiten, erklärte ein Uni-Sprecher.
       
       Der Bayer-Konzern wiederum fürchtet offenbar um weitere Verträge mit
       deutschen Hochschulen, sollte die Kölner Vereinbarung öffentlich werden.
       Der Konzern könne dann "auf Jahre hinaus nicht mehr auf Augenhöhe um
       wissenschaftliche Kooperationspartner werben", schreiben die Anwälte.
       
       "Das klingt so, als hätte Bayer die Uni über den Tisch gezogen", sagt
       Philipp Mimkes. "Denn wenn die Regelungen fair sind - warum sollten sie
       dann andere Unis abschrecken?"
       
       9 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Kramer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hochschule
 (DIR) Schwerpunkt Bayer AG
 (DIR) Uni Köln
       
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