# taz.de -- Kartellamt bricht Fernwärme-Monopol: Das letzte Energiemonopol fällt
       
       > Fernwärme dürfen auch andere Anbieter liefern, das verfügt das
       > Bundeskartellamt. Hamburgs Energiemonopolist Vattenfall muss nun seine
       > Netze öffnen.
       
 (IMG) Bild: Ende eines Monopols: Dieser Knopf gehört bald nicht mehr zwingend Vattenfall.
       
       HAMBURG taz | Der Energiekonzern Vattenfall muss sein Fernwärmenetz in
       Hamburg für Mitbewerber öffnen. Das hat das Bundeskartellamt auf Antrag der
       Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) verfügt. Damit hätte künftig jeder
       Anbieter von Fernwärme Anspruch darauf, ähnlich wie beim Strom seine
       Fernwärme in das Netz des Konzerns einzuspeisen. "Dritte können also
       Abnehmer im Netzgebiet von Vattenfall mit Wärme beliefern", heißt es in dem
       Beschluss.
       
       "Das ist ein großer Erfolg für die Verbraucher", sagt VZHH-Geschäftsführer
       Günter Hörmann. Auch in anderen Städten und Landkreisen könnten sich nun
       Energieunternehmen gegenüber dem örtlichen Netzbetreiber darauf berufen.
       "Das ist ein Sprengsatz für den verkrusteten Fernwärmemarkt", sagt Hörmann.
       
       Im November 2011 hatten die Verbraucherschützer beim Bundeskartellamt
       Beschwerde gegen Vattenfall wegen vermuteter Verstöße gegen das
       Wettbewerbs- und Kartellrecht eingelegt. Anders als bei Strom und Gas
       bestehe hier ein Monopol. Die Kunden könnten nicht zwischen mehreren
       Anbietern wählen und seien somit "dem Wärmelieferanten ausgeliefert".
       
       Das führe dazu, dass Vattenfall "seine marktbeherrschende Stellung grob
       missbraucht", zu "überhöhten Preisen" sowie zu "extrem hohen Gewinnmargen",
       befand die Verbraucherzentrale. Für 2009 wies die Vattenfall-Bilanz für
       Fernwärme einen Gewinn von 140 Millionen Euro aus.
       
       ## Vattenfall behält sich eine Gegenklage vor
       
       Die Wettbewerbshüter hätten nun aber ausdrücklich erklärt, "keine Hinweise
       auf Preismissbrauch" gefunden zu haben, betont Vattenfall-Sprecher Stefan
       Kleimeier. Im bundesweiten Preisvergleich lägen die Hamburger Tarife im
       Mittelfeld. "Wir haben den Hinweis des Bundeskartellamts, einen
       diskriminierungsfreien Zugang zum Fernwärmenetz zu ermöglichen, zur
       Kenntnis genommen", sagt Kleimeier. Wie das rechtlich zu bewerten sei,
       "lassen wir offen".
       
       Durchaus erfreut reagiert die Hamburger Firma Lichtblick, größter
       Ökostromanbieter in Deutschland und auch im Fernwärmemarkt zunehmend aktiv.
       "Das ist ein Meilenstein für die Liberalisierung", sagt
       Unternehmenssprecher Ralph Kampwirth. Mit dieser Verfügung der
       Kartellwächter würde "das letzte Monopol im Energiesektor fallen". Damit
       würde die Bundesbehörde "einen wichtigen Beitrag zur Energiewende liefern",
       sagt Kampwirth. Lichtblick werde die neue Rechtslage daraufhin prüfen, ob
       sich durch "ein Netz für alle eine Zusatzoption" ergebe.
       
       Auf eine Einspeisung in das Fernwärmenetz hofft auch das
       Kultur-Energie-Bunker-Altona-Projekt (Kebap). "Wenn das technisch und jetzt
       auch rechtlich möglich ist, sind wir interessiert", sagt Mirco Reisheim vom
       Verein, der bereits erste Gespräche mit Vattenfall geführt hat. Kebap ist
       ein Bürgerprojekt, das aus dem Widerstand gegen eine Fernwärmeleitung vom
       umstrittenen Kohlekraftwerk Moorburg nach Altona entstanden ist.
       
       Der überraschte Senat war am Montag zu keiner Stellungnahme in der Lage.
       "Wir prüfen das sorgfältig", sagte eine Sprecherin der Wirtschaftsbehörde.
       Am 29. November hatte die Stadt mit den Konzernen Vattenfall und Eon Hanse
       Verträge geschlossen, mit denen sie sich mit 25,1 Prozent in drei
       Betreibergesellschaften für die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze einkauft.
       Der Preis wurde mit 543 Millionen Euro angegeben. Ohne Netzmonopol müsste
       der Wert der Vattenfallnetze aber sinken.
       
       Die Initiative "Unser Netz", die 2013 einen Volksentscheid zum
       vollständigen Rückkauf der Energienetze durchführen will, sieht sich durch
       das Kartellamt gestärkt. "Das ist ein Beleg dafür, dass die Netze zu 100
       Prozent in die öffentliche Hand gehören", kommentiert Manfred Braasch,
       Vertrauensmann der Initiative und Geschäftsführer der Umweltorganisation
       BUND in Hamburg. "Städtische Anteile an Privatunternehmen garantieren noch
       keine Energiepolitik im Sinne der Verbraucher."
       
       16 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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