# taz.de -- Zockerlizenzen in Schleswig-Holstein: Las Vegas in Norddeutschland
       
       > Glücksspiel- und Wettanbieter zieht es nach Schleswig-Holstein. Ab März
       > können sie dort Lizenzen für Online- Poker und Sportwetten erhalten - zu
       > sehr guten Konditionen.
       
 (IMG) Bild: Wer beim Online-Poker echte Karten als Denkstütze braucht, sollte eventuell die Sportart wechseln.
       
       NORDERSTEDT taz | Die Herren tragen Anzug, schwarz oder anthrazit.
       Nadelstreifen und Hellgrau wirken bereits wie Farbtupfer. Die Damen,
       unerwartet viele, bevorzugen schwarze oder blaue Kostüme. Man spricht
       Deutsch, Englisch, Italienisch. Im Saal herrscht konzentrierte
       Aufmerksamkeit.
       
       Die Manager und Anwälte der internationalen Glücksspielanbieter, die sich
       in Norderstedt in Schleswig-Holstein treffen, wollen erfahren, wie sie ihre
       Firmen im nördlichsten Bundesland anmelden können. Denn hier sehen sie ein
       Einfallstor in den deutschen Markt, seit die schwarz-gelbe Koalition in
       Kiel im Herbst das Glückspielgesetz beschlossen hat. Ab März können sich
       Spiel-Unternehmen hier ansiedeln und damit erstmals legal auf deutschem
       Boden ihre Dienste anbieten und offensiv für ihre Angebote werben.
       
       Die Tagung sei eine Art "Trainingslager für den Einstieg", bestätigt Wulf
       Hambach, Branchenanwalt für Glücksspielrecht und einer der Organisatoren.
       Er freut sich über die gute Stimmung, es sei nur "ein wenig schade", dass
       Politik und Verwaltung aus anderen Bundesländern fehlen. Denn die haben
       sich von Schleswig-Holstein abgesetzt und nach langen Verhandlungen auf
       einen neuen Glücksspielstaatsvertrag geeinigt, der weiter auf ein
       staatliches Monopol setzt.
       
       Sie wollen insgesamt nur 20 Lizenzen für private Anbieter vergeben, in
       Schleswig-Holstein dagegen sollen es unbegrenzt viele sein. Auch bei den
       Abgaben gibt es Unterschiede. Im Norden fallen sie auf den Gewinn an, im
       Rest der Republik auf den Umsatz, der um ein Vielfaches höher ist.
       
       ## Keine Dienstreisen nach Malta
       
       Die Abgabe macht die Bundeslizenz, die in den Ländern noch ratifiziert
       werden muss, damit aus Sicht der Branche unrentabel. Auch bei Werbung und
       Dauer der Lizenzen macht es der Staatsvertrag den Spielfirmen schwerer. Und
       die EU könnte eine Einschränkung des Wettbewerbs beanstanden. Hambach
       orakelt bereits: "Keiner wird die Bundeslizenzen beantragen."
       
       Aber nach Schleswig-Holstein wollen sie alle. "Wir sind gespannt auf die
       Einzelheiten", sagt Sven Stiehl von Pokerstars.de. Die liefert Guido Schülp
       vom CDU-geführten Kieler Innenministerium: Für die Lizenz müssen Anbieter
       ihre Bücher und Beteiligungen offen legen, Verantwortliche müssen
       Lebensläufe einreichen, Führungszeugnisse und Nachweise ihrer Liquidität.
       
       Sicherheiten zwischen einer und fünf Millionen Euro sind gefordert. Dazu
       die technischen Anforderungen: Sicherheitskonzepte gegen Geldwäsche,
       Sperren für Suchtgefährdete oder Minderjährige und vor allem "Safe Server",
       auf denen alle Geldbewegungen, alle Kundendaten gespeichert werden - diese
       müssten in Schleswig-Holstein stehen.
       
       "Damit wir Zugriff haben", erklärt Schülp. "Dienstreisen nach Malta kriege
       ich nicht bezahlt." Malte Vogel, der für den österreichischen Anbieter
       Goldbet im Raum sitzt, nickt: Die Hürden seien in etwa so wie erwartet.
       
       ## 60 Millionen Euro für die Landeskasse
       
       Online-Glücksspiele sind auch in Deutschland ein rasant wachsender Markt -
       obwohl jede Art von Internet-Glücksspiel illegal ist. Mit Poker, Wetten und
       Casinospielen wurden hierzulande 2010 im Netz rund 850 Millionen Euro
       umgesetzt.
       
       Weltweit liegt der Umsatz durch Glücksspiele im Web bei rund 24 Milliarden
       Euro. Schleswig-Holstein verspricht sich durch die Konzessionsvergabe
       Einnahmen von rund 60 Millionen Euro. Die Branche selbst sieht sich bereits
       am Ziel: "Der Zug hat den Bahnhof verlassen", so Anwalt Jörg Hofmann.
       
       Dass im Mai in Schleswig-Holstein wahrscheinlich die Regierung wechselt,
       scheint das geringste Problem: "Die Konzessionen bleiben ja gültig", sagt
       Malte Vogel. Daher gab es nach dem Vortrag von Schülp nur zwei Frage: Ab
       wann können sich Anbieter bewerben, wie lange dauert das Verfahren? Der
       Ministeriums-Vertreter antwortete diplomatisch: "Es geht so schnell wie
       möglich." Er dürfte bald die ersten Unterlagen auf dem Schreibtisch haben.
       
       17 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geisslinger
       
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