# taz.de -- Linke-Politiker treten Piraten bei: Werler Stadtratsfraktion gekapert
       
       > Dank der Linkspartei stellen die Piraten in Nordrhein-Westfalen nun ihre
       > erste Stadtratsfraktion. In Werl ist der Ortsverband der Linken samt
       > Fraktion übergetreten.
       
 (IMG) Bild: Politik ohne Denkverbote: Die Ex-Linken erhoffen sich bei den Piraten mehr Freiheit.
       
       KÖLN taz | An diesem Freitagabend präsentieren die Piraten ihre neue Beute.
       In Werl, dem größten Marienwallfahrtsort im Erzbistum Paderborn, stellt die
       Partei seit dieser Woche ihre erste Stadtratsfraktion in
       Nordrhein-Westfalen. Dank der Linkspartei.
       
       Denn die beiden Stadtratsabgeordneten der Linkspartei Matthias Fischer und
       sein Ratskollege Ali Kaya haben bei der Linkspartei ausgemustert und bei
       den Piraten angeheuert, zusammen mit fast der gesamten aktiven Basis des
       bisherigen Ortsverbandes der Linkspartei in Werl. Ihre Mandate haben
       Fischer und Kaya mitgenommen. Jetzt gibt es keine Linkspartei mehr im
       Werler Stadtrat. Dafür aber eine Piratenfraktion.
       
       "Wir wollen soziale Politik machen, aber ohne Denkverbote", begründet der
       40-jährige Fischer seinen Wechsel. Zu dogmatisch, ideologisch und autoritär
       sei die Linkspartei gewesen. Er und seine sechs Mitstreiter seien hingegen
       "Freigeister". Deswegen würden sie sich nun auch besser bei den Piraten
       aufgehoben fühlen. Das sieht deren Vorsitzender im Kreis Soest, zu der die
       Stadt Werl gehört, genauso.
       
       "Echt gut" findet Sven Sladek den Wechsel. Als Fischer & Co. Ende November
       2011 anklopften, sei er "schon überrascht" gewesen, sagt Oberpirat Sladek.
       Zunächst habe es zwar im Vorstand einige Skepsis gegeben. "Wir haben uns
       erbeten, uns erstmal kennenzulernen." Nach mehreren Treffen hätte dann für
       die Piraten aber festgestanden, dass sie und die Ex-Linken zusammenpassen
       würden.
       
       ## Mitgliederschwund bei den Linken
       
       Die Linkspartei ärgert sich hingegen schwarz. Fischer sei "es wichtiger,
       den Polit-Clown zu spielen, als ernsthafte Politik zu machen", schimpft
       deren Soester Kreisvorsitzende Manfred Weretecki. "Dass die Piraten hier
       einfach Mandate übernehmen wollen, entspricht nicht ihren sonstigen
       Aussagen, andere Politik machen zu wollen", empört er sich.
       
       Sie machten sich dadurch unglaubwürdig, schließlich hätte die Piratenpartei
       für diese Mandate "nicht einen Handschlag getan". Schriftlich entschuldigte
       sich Weretecki bei den Linkspartei-Wählern, bei der letzten Wahl 2009 zwei
       Personen aufgestellt zu haben, "die leider keine LINKE Kommunalpolitik
       sondern eine nur auf Effekthascherei abzielende Polemik im Rat verbreiten".
       
       Der Werler Aderlass ist für die Linkspartei kein Einzelfall. Zahlreiche
       Aktivisten, darunter auch etliche Mandatsträger, haben der bunten Truppe
       mittlerweile an Rhein und Ruhr den Rücken gekehrt. Innerhalb der
       Mitgliedschaft gebe es eine "immense Fluktuation", räumt
       Linkspartei-Landessprecher Hubertus Zdebel ein. "Das gehört zu der
       schwierigen Phase, in der sich die Partei befindet", befindet er nüchtern.
       "Diese Erfahrung haben die Grünen in ihren Anfangsjahren auch gemacht."
       
       Der Parteiaufbau ist ins Stocken geraten. "Die Anfangseuphorie ist ein
       bisschen verdampft", sagt Zdebel. Von in der Höchstphase fast 9.000
       Mitgliedern sind noch rund 8.100 übrig geblieben. Damit liegt die
       Linkspartei allerdings immer noch weit vor den Piraten, die in NRW derzeit
       auf rund 3.300 Mitglieder kommen.
       
       ## "Ich sehe da keinen Trend"
       
       Aber in vielen Kreisverbänden der Linkspartei kracht es weiter kräftig.
       Zumeist sind es weniger politische Differenzen denn persönliche
       Animositäten, die zum Bruch führen. So wie auch im Kreisverband Soest, dem
       die abtrünnigen Werler Genossen bis Herbst vergangenen Jahres angehörten.
       NRW-Linksparteichef Zdebel spricht von "singulären Ereignissen" aufgrund
       von "örtlichen Problemen".
       
       Wie auch immer: Profitieren könnten von den Streitereien die Piraten. Bei
       den Kommunalwahlen 2009 hatten sie nur in Aachen und Münster ganze zwei
       Mandate erringen können. Inzwischen hat sie sieben. Ein Oberhausener
       Bezirksvertreter kam von den Grünen, der Rest von der Linkspartei. Dass die
       Piratenpartei zunehmend interessant für frustrierte Linksparteiler werden
       könnte, glaubt Zdebel dennoch nicht: "Ich sehe da keinen Trend."
       
       27 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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