# taz.de -- Europa und der Iran: Unternehmer fürchten Sanktionen
       
       > Die verschärften EU-Sanktionen gegen den Iran sind beschlossene Sache.
       > Wie sie umzusetzen sind, ist genauso unklar wie ihre Auswirkungen.
       
 (IMG) Bild: Wieviel Einfluss hat Mahmud Ahmadinedschads Öl auf die EU-Wirtschaft?
       
       BRÜSSEL taz | Die von der Europäischen Union beschlossenen Sanktionen gegen
       den Iran sorgen in Brüsseler Unternehmenskreisen für Ratlosigkeit: "Wir
       bekommen nur sehr wenige Informationen.
       
       Noch ist völlig unklar, wie sich die Maßnahmen tatsächlich für die
       Unternehmen auswirken werden", sagte ein Unternehmensvertreter der taz.
       Seinen Namen will er lieber nicht nennen. Er befürchtet, dass die
       Europäische Kommission ihm sonst noch weniger Informationen geben könnte.
       
       Am 30. Januar hatten die EU-Mitgliedsstaaten die Sanktionen beschlossen.
       Nun liegt es an der EU-Kommission, die entsprechende Ausführungsverordnung
       zu erarbeiten, in der die genauen Details und Regeln für Ölboykott und
       Lieferembargo festgelegt werden. Dies soll, so heißt es in Brüssel,
       innerhalb der nächsten zwei Wochen passieren. Die Maßnahmen sollen Mitte
       des Jahres in Kraft treten.
       
       Von den Sanktionen betroffen sind nicht nur die europäischen Firmen, die
       bisher Öl aus dem Iran importieren. Auch Unternehmen, die zum Beispiel
       Maschinen an das Land für die Öl- und Gasgewinnung verkauft haben, müssen
       dies nun unterlassen. Es handele sich dabei vor allem um deutsche und
       französische Firmen.
       
       Besonders problematisch sind, nach Ansicht des Unternehmervertreters,
       allerdings die Einschränkungen für die Banken. "Das Embargo macht
       Finanztransaktionen mit dem Iran äußerst kompliziert. Wir gehen davon aus,
       dass sich sehr viele Banken ganz aus dem Geschäft zurückziehen werden aus
       Angst, sonst kriminell zu werden. Das macht jede Art von Handel praktisch
       unmöglich." Dabei gehe es auch um Nahrungsmittel oder Medikamente, die ja
       eigentlich eindeutig von dem Embargo ausgenommen sind.
       
       ## Zweifel an der Durchführbarkeit
       
       Die könnten nur noch gegen Vorkasse an den Iran verkauft werden. "Das macht
       keiner mit im internationalen Handel, und es wird unsere Unternehmen in ein
       moralisches Dilemma stürzen, wenn sie zum Beispiel lebensrettende
       Medikamente an die Iraner liefern."
       
       Auch im Europäischen Parlament gibt es durchaus Zweifel an der
       Durchführbarkeit der Sanktionen. Nicht nur für die Region rund um den Iran
       könnten sie zu größerer Instabilität führen, heißt es aus den
       Fraktionskreisen der Grünen, sondern auch für einige EU-Länder seien die
       Folgen noch nicht absehbar.
       
       Bisher ist noch völlig unklar, wie viel Öl einzelne Länder aus dem Iran
       importieren. Nach den offiziellen Zahlen der Europäischen Kommission haben
       2010 elf EU-Länder insgesamt 30,3 Millionen Tonnen aus dem Iran bezogen.
       Das sind 5,8 Prozent des gesamten Ölimports der EU. Griechenland, Spanien
       und Italien sind mit jeweils rund 14 Prozent die größten Abnehmer. Für
       Deutschland macht das iranische Öl nur 1,6 Prozent der Importe aus.
       
       Allerdings liegen die Quoten vermutlich noch wesentlich höher. Im
       Europäischen Parlament geht man davon aus, dass die Griechen bis zu 60
       Prozent ihres Öls aus dem Iran beziehen, und zwar zu besonders günstigen
       Konditionen. "Die offiziellen Zahlen beachten nur die langfristigen
       Verträge, die Unternehmen mit dem Iran geschlossen haben. Dazu kommt aber
       das Öl, das kurzfristig über Zwischenhändler eingekauft wird. Das kann zu
       enormen Schwankungen von Monat zu Monat führen", sagen Brüsseler
       Unternehmer.
       
       Die Auswirkungen auf die griechische Wirtschaft seien deshalb noch gar
       nicht absehbar. Klar sei aber, dass die Ölpreise steigen werden und damit
       die ohnehin schon schwache griechische Wirtschaft weiter stark belastet
       werde.
       
       3 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Irans Atomprogramm: Diplomat warnt vor Uran-Aktivitäten
       
       Dem Bericht eines Diplomaten zufolge hat der Iran tausende Zentrifugen in
       einer unterirdischen Urananreicherungsanlage gestartet. Damit könnte Uran
       schneller angereichert werden.
       
 (DIR) Iran und der Westen: Mehr Atom und weniger Öl
       
       Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad weiht gleich drei neue Atomprojekte
       ein. Zugleich kündigt er einen Öllieferstopp nach Europa an.
       
 (DIR) Sanktionen gegen den Iran: Naturalientausch und starke Sprüche
       
       Wegen der Wirtschaftssanktionen hat die iranische Regierung Probleme,
       Importe von Grundnahrungsmitteln zu bezahlen. Der Präsident versucht das
       wegzureden.
       
 (DIR) Kommentar US-Sanktionen gegen den Iran: Obama schießt am Ziel vorbei
       
       Im Atomstreit mit dem Iran hat nach der EU nun auch die USA harte
       Sanktionen beschlossen. Diese treffen aber nur den Außenhandel, nicht das
       Nuklearprogramm.
       
 (DIR) Sanktionen gegen Iran: Shoppen macht keinen Spaß mehr
       
       Die bisherigen internationalen Sanktionen gegen Iran führen zu einer
       dramatischen Inflation. Lebensmittel und Benzin werden teurer, Arbeiter
       streiken, die Armut nimmt zu.
       
 (DIR) Debatte Iran und Israel: Im Zweifel für Krieg
       
       Einen atomar bewaffneten Iran will die israelische Regierung auf keinen
       Fall zulassen. Experten zweifeln, dass das noch zu verhindern ist.
       
 (DIR) Kommentar Ölembargo Iran: Der Junkie, der dem Dealer droht
       
       Ein Ölembargo gegen den Iran wird zuerst Europa schaden. Das überschüssige
       Öl kann der Iran an Indien, China und andere Abnehmer verkaufen.
       
 (DIR) Debatte Iran und der Westen: Bellende Hunde beißen
       
       Niemand will einen Krieg mit Iran. Aber die Propaganda im Zuge der vielen
       Parlamentswahlen in 2012 macht ihn immer wahrscheinlicher.
       
 (DIR) Reaktion auf EU-Embargo: Iran will den Ölfluss stoppen
       
       Was ihr könnt, können wir schon lange: Der Iran reagiert auf das EU-Embargo
       mit einem Stopp der Öllieferungen. Beim Atomprogramm erklärt Teheran
       Verhandlungsbereitschaft.