# taz.de -- Homosexualität in der evangelischen Kirche: Coming-Out für Sachsens PfarrerInnen
       
       > Homosexuelle PastorInnen sollen ihre Beziehungen in sächsischen
       > Pfarrhäusern leben dürfen. Doch im Erzgebirge wird das Miteinander von
       > Mann und Frau beschworen.
       
 (IMG) Bild: Aufruhr in der Schöpfungsordnung: In Sachsen sollen PastorInnen auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zusammenleben dürfen.
       
       DRESDEN taz | Auch gleichgeschlechtlich orientierte evangelische
       Pfarrerinnen und Pfarrer sollen künftig im Pfarrhaus zusammenleben dürfen.
       So jedenfalls beschloss es die Leitung der Evangelisch-Lutherischen
       Landeskirche Sachsens am 21. Januar, sieht sich seither jedoch harschem
       Protest ausgesetzt.
       
       "Das Landeskirchenamt kann im Einzelfall im geschwisterlichen
       Zusammenwirken mit dem Landesbischof homosexuellen Pfarrern und
       Pfarrerinnen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, das
       Zusammenleben im Pfarrhaus gestatten", lautet der Kernsatz des Beschlusses.
       Allerdings muss der örtliche Kirchenvorstand "einmütig" zustimmen, der
       Superintendent ist anzuhören.
       
       Die sächsische Kirchenleitung nutzt damit nur die Möglichkeit, das
       Pfarrdienstgesetz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in
       Deutschland auszugestalten. Seit Anfang dieses Jahres gilt für alle
       Landeskirchen der EKD ein veränderter Paragraph 39, der den Begriff des
       "familiären Zusammenlebens" bewusst weit fasst.
       
       Damit revidiert die EKD ihr zehn Jahre zuvor erneuertes Verbot einer
       homosexuellen Beziehung im Pfarrhaus. Ein sächsisches Ergänzungsgesetz wird
       nach Auskunft von Matthias Oelke, Sprecher des Landeskirchenamtes, erst zur
       Frühjahrssynode im April beraten werden.
       
       ## Gegner preisen die Schöpfungsordnung
       
       Der Beschluss der Kirchenleitung aber genügte, Pfarrer wie auch
       Gemeindemitglieder in Sachsen zu polarisieren. Schwerpunkt des Widerstandes
       ist das konservative Erzgebirge. Die von zahlreichen Kirchenvorständen
       unterzeichnete "Markersbacher Erklärung" schließt mit einem Gebet, das die
       weise Schöpfungsordnung preist, in der "Mann und Frau füreinander
       geschaffen sind". Wortführer Pfarrer Gaston Nogrady beruft sich auf das
       göttliche Leitbild von Ehe und Familie.
       
       Die von jungen Leuten getragene und politisch sehr agile sächsische
       "Initiative 2=2" geißelte in scharfen Worten die "menschenfeindlichen und
       diskriminierenden Bestrebungen" der Markersbacher Erklärung. Milder, aber
       weit ausführlicher als die Gegner setzt sich eine Erklärung des
       Kirchenbezirks Leipziger Land mit der Problematik auseinander.
       
       Sie geht auf die Nöte von Betroffenen ein, bringt Menschenrechte ins Spiel
       und relativiert den Absolutheitsanspruch, mit dem Gegner der Homosexualität
       Bibelstellen wie etwa aus dem Römerbrief ins Feld führen. Erwähnt wird auch
       die Gefahr einer "Zweiklassenethik", wenn an Gemeindeglieder andere
       Maßstäbe angelegt würden als an Pfarrer.
       
       Landesbischof Jochen Bohl war sich zuvor schon solcher "stark
       gegensätzlicher Auffassungen" bewusst. Der Beschluss der Kirchenleitung
       fiel dennoch mit der deutlichen Mehrheit von 14 zu 4 Stimmen. Der Leipziger
       Superintendent Martin Henker äußerte sich in der Kirchenzeitung Der Sonntag
       froh und dankbar über den gefundenen Weg, "wie in sehr seltenen Fällen und
       an wenigen Orten der Landeskirche eine angemessene Reaktion möglich ist".
       
       In der gleichen Zeitung räumt die in einer lesbischen Fernbeziehung lebende
       Hohnsteiner Pfarrerin Katrin Jell ein, dass ihre Orientierung für ihre
       Gemeinde schwer zu verstehen war. "Ich predige verbindliche Partnerschaften
       - aber durfte so nicht leben", schreibt sie.
       
       Das Landeskirchenamt hat keine Angaben, wie viele der 700 sächsischen
       Pfarrerinnen und Pfarrer nun ihre Lebensverhältnisse offen leben könnten.
       "Bisher konnten Konflikte vor Ort weitgehend vermieden werden", bestätigt
       Sprecher Oelke die Vermutung, bei der Kirchenbasis dominiere insgesamt
       christliche Toleranz. Doch beruhte diese freilich bislang auf dem Verzicht
       der betroffenen PastorInnen.
       
       8 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
 (DIR) Michael Bartsch
       
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 (DIR) Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
       
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