# taz.de -- Kommentar Neonazi-Mordserie: Aufklärung und Augenwischerei
       
       > Seit Mittwoch gibt es eine weitere Sonderkommission, die die
       > Neonazi-Mordserie aufklären soll. Leider scheint die Aufklärung weder
       > vollständig noch effektiv zu sein.
       
       Man verliert so langsam den Überblick: Nach den Untersuchungsausschüssen im
       Bundestag und im Thüringer Landtag und einem vom dortigen Innenminister
       eingesetzten Sonderermittler gibt es seit Mittwoch ein viertes Gremium, das
       Schlüsse aus der über Jahre unerkannten neonazistischen Mordserie ziehen
       soll.
       
       Es ist eine nach doppeltem Proporz besetzte Kommission von Bund und
       Ländern, bei der Union, SPD, FDP und Grüne je ein Mitglied vorschlagen
       durften. Die vier - zwei Exinnensenatoren, ein Exbundesanwalt und ein
       Strafverteidiger - sollen die Fehler in der Sicherheitsarchitektur
       ausfindig machen, die dazu führten, dass eine braune Terrorgruppe jahrelang
       ungestört Migranten ermorden konnte.
       
       Gegen Aufklärung wird niemand etwas sagen, doch sie sollte sowohl
       vollständig als auch effektiv sein. Bisher scheint aber keines der
       Aufklärungsgremien zu wissen, wie es mit den anderen Gremien
       zusammenarbeiten soll. Mehr noch: Sie definieren sich gegenseitig als
       Grundlage ihrer jeweiligen Arbeit. Es klingt ein bisschen so, als wollte
       man ein Haus bauen, hat dafür aber nur Dachdecker und keine Maurer
       bestellt.
       
       Zusammenzucken lässt einen aber auch, dass Vertreter aller Parteien ständig
       betonen, man wolle die Aufklärung auf keinen Fall parteipolitisch
       instrumentalisieren. Je häufiger die Politiker das wiederholen, desto
       stärker ahnt man: Genau so könnte es kommen, ist doch 2013 Bundestagswahl.
       
       Außerdem deutet sich schon jetzt an, dass Bund und Länder versuchen werden,
       sich gegenseitig die Schuld am Versagen der Behörden zuzuschieben. Und dass
       die einzelnen Akteure gleichzeitig höllisch darauf achten werden, dass ihre
       Machtfülle im föderalen System nicht beschnitten wird. Dazu passt, dass die
       ersten Länder - allen voran Niedersachsen - beim Herausrücken ihrer Akten
       zu den Neonazimorden mauern oder dies zumindest andeuten.
       
       Vier Gremien sind es schon, in Ländern wie Sachsen könnten weitere
       Untersuchungsausschüsse dazukommen. Viel soll angeblich viel helfen. Doch
       zu viele Experten, Gremien und Sonderermittler können Verantwortlichkeiten
       auch verdecken, statt sie aufzudecken. Man wird genau darauf achten müssen:
       Was ist Aufklärung, was Augenwischerei, was Agitation - und was nur ein
       Ablenkungsmanöver vom Versagen der eigenen Partei oder des eigenen
       Bundeslandes.
       
       8 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
       
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