# taz.de -- Wulff tritt ab: Fünf mögliche Präsidenten
       
       > Zwei Monate lang fast jeden Tag ein neuer Vorwurf – doch Bundespräsident
       > Wulff ließ alles an sich abprallen. Nun ist er zurückgetreten. Wer folgt
       > ihm?
       
 (IMG) Bild: Nachmieter gesucht: Schloss Bellevue.
       
       BERLIN taz | Jetzt wird die Bundesversammlung über Christian Wulffs
       Nachfolge entscheiden. Mitglieder der Bundesversammlung sind die 620
       Bundestagsabgeordneten sowie 620 Wahlmänner und -frauen aus den
       Bundesländern.
       
       Dabei gilt: Die Verteilung nach Parteien entspricht den Machtverhältnissen
       in den Länderparlamenten. Im Vergleich zur Bundesversammlung 2010 hat die
       schwarz-gelbe Koalition nach Schätzungen nur noch eine knappe Mehrheit von
       vier Stimmen.
       
       Wer wird also der Nachfolger Christian Wulffs?
       
       ## Möglichkeit 1: Der alte Partei-Recke
       
       Wolfgang Schäuble. Wenn in den vergangenen Jahren ein Bundespräsident zu
       bestimmen war, fiel immer ein Name, er soll auch hier nicht fehlen:
       Wolfgang Schäuble. 2004 wollte der heutige Bundesfinanzminister unbedingt
       Bundespräsident werden, die FDP verhinderte es. Am Ende wurde es Horst
       Köhler.
       
       Als dieser 2010 zurücktrat, wurde Schäubles Name wieder gehandelt. Damals
       kämpfte der allerdings mit seiner Gesundheit, wurde zudem in der
       Finanzkrise gebraucht – es wurde Christian Wulff. Für Schäuble spricht,
       dass es die letzte Chance des 69-jährigen auf das Amt ist. Auch
       gesundheitlich geht es ihm wieder besser.
       
       Im Interview mit der taz sagte Schäuble vor wenigen Wochen über seinen
       Wunsch nach dem Amt im Jahr 2004: "Ich bin nicht unglücklich, dass es
       anders gekommen ist". Schäubles Makel ist jedoch, dass nichts an ihm
       überparteilich ist, Schäuble ist CDU, die CDU Schäuble. Auf Stimmen aus der
       Opposition dürfte er nicht hoffen, seine Wahl wäre unsicher. Das ist zu
       viel Risiko – für ihn und für Angela Merkel.
       
       ## Möglichkeit 2: Der Geläuterte
       
       Klaus Töpfer. Lange Jahre war Klaus Töpfer genau so ein Parteimensch wie
       Wolfgang Schäuble, beide waren Bundesminister unter Helmut Kohl. Doch als
       Töpfer das Umweltressort aufgab und später bei der Uno-Umweltorganisation
       Unep in Nairobi begann, sich für globale Klimathemen einzusetzen, änderte
       sich der Mensch Töpfer und mit ihm sein Ansehen in Bevölkerung und Politik.
       
       Schon 2010 war Töpfer als ein möglicher Kandidat gehandelt worden, der
       überparteilich Zustimmung erreichen könnte. Auch jetzt ist er wieder ein
       Thema. Er ist weit von der Tagespolitik entfernt, dadurch eher als Schäuble
       auch von der Opposition tragbar.
       
       Aber mit den veränderten Mehrheitsverhältnissen werden SPD, Grüne und
       Linkspartei selbstbewusster: Dann kann auch Töpfer auf einmal zu sehr ein
       CDU-Parteikandidat sein. Laut Bild-Bericht soll die SPD-Parteispitze
       allerdings einer Töpfer-Kandidatur aufgeschlossen gegenüber stehen.
       
       ## Möglichkeit 3: Der "Präsident der Herzen"
       
       Joachim Gauck. Grünen-Chefin Claudia Roth hat am Donnerstagabend in einem
       Fernsehinterview einen Satz gesagt, den man während der Wulff-Krise
       gelegentlich aus der Opposition gehört hat: "Es hätte ja einen anderen
       Kandidaten gegeben, der große Zustimmung im Volk hatte." Gemeint war
       Joachim Gauck.
       
       Wulffs rot-grüner Gegenkandidat aus dem Jahr 2010. Der ehemalige Leiter der
       Stasi-Unterlagenbehörde könnte bei der Suche nach einem neuen Kandidaten
       ein sehr interessanter Fall werden. Würde Merkel ihn vorschlagen, könnten
       SPD und Grüne wohl kaum die Zustimmung versagen. Das besondere an Gauck ist
       allerdings, dass seine Kandidatur der vielleicht brillanteste PR-Schachzug
       der Opposition in den vergangenen zwei Jahren war – mehr aber aus
       rot-grüner Perspektive auch nicht.
       
       Denn Gauck ist im Herzen konservativ-liberal, da macht er selbst keinen
       Hehl draus. Wenn er sich zuletzt öffentlich zu Wort meldete, dann mit der
       Forderung nach mehr Eigenverantwortung, oder indem er die Occupy-Bewegung
       als albern einstufte. Nicht selten war nach der Wahl Wulffs zum
       Bundespräsidenten aus den Reihen der SPD unter der Hand zu hören, man sei
       über die Entscheidung, dass es Gauck nicht werde, irgendwie ganz glücklich.
       
       An seiner Beliebtheit im Volk ändert es nichts: 31 Prozent sprachen sich in
       einer im Januar veröffentlichten Umfrage des Forsa-Instituts für das
       Magazin Stern für den früheren Stasiakten-Beauftragen als möglichen neuen
       Bewohner des Schlosses Bellevue aus – keine(r) hatte mehr Zustimmung.
       
       ## Möglichkeit 4: Die Bundestagsvizepräsidentin
       
       Katrin Göring-Eckhard. Die Grünen-Politikerin hat sich parteiüergreifend
       Respekt erarbeitet. Während der Wendezeit war sie als Bürgerrechtlerin
       aktiv und ist Gründungsmitglied des Bündnis 90, das später mit den Grünen
       fusionierte. Die 45-Jährige wurde 2009 zur Präses der Sy node der
       Evangelischen Kirche gewählt. Allerdings dürfte Göring-Eckhart bei SPD und
       FDP kaum eine Chance haben.
       
       Denn ein klareres schwarz-grünes Signal für 2013 könnte man kaum geben.
       Doch dafür ist die bisherige Kooperation von Union und Grünen zu fragil,
       auch die Mehrheit in der Bundesversammlung wäre knapp.
       
       ## Möglichkeit 5: Die perfekte Kandidatin
       
       Name unbekannt. Am wahrscheinlichsten ist: Es wird ein völlig neuer Name.
       Politisch unverbraucht, überparteilich tragbar, weiblich, sympathisch, im
       Volk angesehen. Vielleicht jemand, der das Thema Europa glaubwürdig
       vertreten kann. So jemand wie Gesine Schwan, nur halt nicht Gesine Schwan,
       denn die ist als mehrfache SPD-Kandidatin nicht tragbar.
       
       Schon schwierig, so eine Bundespräsidentenwahl.
       
       17 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gordon Repinski
       
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