# taz.de -- EU-Kommission lässt Acta gerichtlich prüfen: Nicht mehr ganz so harmlos
       
       > Die EU-Kommission lässt nun den Europäischen Gerichtshof das
       > Antipiraterie-Abkommen Acta prüfen. Die Abstimmung verschiebt sich um
       > einige Monate.
       
 (IMG) Bild: Die Anti-Acta-Demonstranten haben erstmal Zeit gewonnen.
       
       BRÜSSEL taz | Die Europäische Kommission will das umstrittene Acta-Abkommen
       vom Europäischen Gerichtshof prüfen lassen. Das hat der zuständige
       Handelskommissar Karel De Gucht am Mittwoch in Brüssel erklärt: "Die
       Richter sollen prüfen, ob das Abkommen in irgendeiner Weise EU-Recht oder
       europäische Grundrechte wie auch die Freiheit im Internet verletzt." Darauf
       haben sich die 27 EU-Kommissare gestern Vormittag geeinigt.
       
       Die EU-Kommission hat damit eine Kehrtwende gemacht. Bisher hatte sie immer
       erklärt, das Abkommen gegen Produktpiraterie habe keine Auswirkungen auf
       das bestehende EU-Recht, weil es lediglich Regeln, die innerhalb der EU
       bereits gelten, auf die übrigen Unterzeichnerländer ausweite
       
       De Gucht sagte zwar, er sehe das grundsätzlich immer noch so, "aber die
       Kommission hat eine besondere Verantwortung, die Mitgliedsstaaten mit
       möglichst viel Informationen und Details zu versorgen. Der Gerichtshof soll
       nun unabhängig prüfen und entscheiden."
       
       De Gucht reagiert damit auch auf die starken Proteste in den vergangenen
       Wochen, die auch dazu geführt hatten, dass die deutsche Bundesregierung die
       Ratifizierung des Abkommens auf Eis gelegt hat. Der EU-Kommissar hofft,
       dass ein Urteil aus Luxemburg den Widerstand brechen wird. Die 27
       EU-Staaten haben dem Abkommen schon im Dezember zugestimmt. Allerdings
       müssen noch die nationalen Parlamente entscheiden.
       
       ## Abstimmung verschoben
       
       Kritiker befürchten, dass die Freiheit im Internet durch Acta erheblich
       eingeschränkt wird und auch Privatpersonen, die zum Beispiel Musikvideos
       herunterladen und auf ihrer Internetseite veröffentlichen, mit
       unverhältnismäßig hohen Schadenersatzforderungen rechnen müssen. Außerdem
       könnte mithilfe von Acta generische Medizin aus Drittländern von
       EU-Behörden in den europäischen Häfen konfisziert werden.
       
       Der grüne EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht glaubt nicht, dass ein
       positives Votum aus Luxemburg die Debatte automatisch beenden würde. Er
       hatte schon vor einem Jahr gefordert, dass der Europäische Gerichtshof das
       Abkommen überprüft. Deshalb begrüßt er die Entscheidung. "Aber das Ergebnis
       einer rechtlichen Prüfung darf nicht die politische Beurteilung des
       Abkommens vorwegnehmen", sagte der Abgeordnete.
       
       Das EU-Parlament muss über Acta entscheiden. Diese Beratungen werden sich
       nun aber wohl um einige Monate verschieben, weil das Urteil aus Luxemburg
       abgewartet wird.
       
       22 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
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