# taz.de -- Biosprit und Hunger: Schlechtes Regieren schafft Hunger
       
       > Eine neue Studie untersucht die Auswirkungen von Raps und Zuckerrohr im
       > Tank. Bioskraftstoff wirkt sich auf die Preise aus, ist aber nur ein
       > Faktor von vielen.
       
 (IMG) Bild: Ohne Biokraftstoffe wären laut einer Studie die Weltmarktpreise für Rohrzucker um 21 Prozent niedriger, die für Ölsaaten wie Raps um 7 Prozent.
       
       Berlin taz | Einen Versuch zu ihrer Ehrenrettung hat die
       Biokraftstoffindustrie unternommen. Ob sie wirklich verantwortlich zeichne
       für hohe Lebensmittelpreise und Hunger in der Welt, wollte sie wissen. Also
       haben der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) und die Union
       zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (Ufop) Michael Schmitz, Professor
       für Agrarökonomie in Gießen, beauftragt, diese Fragen in einer Studie zu
       beantworten.
       
       Am gestrigen Donnerstag wurde sie in Berlin vorgestellt. Das Ergebnis: Der
       Anbau von Biokraftstoffen wirkt sich auf die Preise an den Agrarmärkten
       aus, aber nur als ein Faktor von vielen. Während in den vergangenen Jahren
       ein steter Anstieg der Preise für Agrarrohstoffe zu verzeichnen gewesen
       sei, habe die Volatilität, also die Schwankung der Preise, seit Ende der
       50er Jahre nicht zugenommen, heißt es in der Studie.
       
       Gäbe es keine Biokraftstoffe, lägen die Weltmarktpreise für Rohrzucker laut
       der Berechnung von Schmitz heute um 21 Prozent niedriger, die für Ölsaaten
       wie Raps oder Soja und Futtergetreide um 7 Prozent. Beim Reis - der als
       Nahrungsmittel in vielen Ländern eine große Rolle spielt, aber nicht zur
       Energieerzeugung genutzt wird - stellte Schmitz keinen Einfluss fest.
       
       ## Ernteausfälle und schlechtes Wetter
       
       Allerdings verteuere die Nachfrage nach Zucker und Raps durch Autofahrer
       die Agrarpreise nur dann, wenn andere Faktoren hinzukämen: etwa niedrige
       Lagermengen oder Ernteausfälle durch schlechtes Wetter. Als zwei der
       wichtigsten Faktoren nennt Schmitz den Ölpreis, der mit 123 Dollar pro Fass
       gestern den höchsten Stand seit zehn Monaten erreichte, aber auch die sich
       ändernden Essgewohnheiten etwa in China, wo mehr Fleisch verspeist werde.
       
       Hohe Lebensmittelpreise seien, so Schmitz, nicht generell für den Hunger in
       den armen Ländern verantwortlich. Hier müsse zwischen der städtischen und
       der Landbevölkerung differenziert werden. Während Städter unter hohen
       Preisen leiden, weil sie Nahrungsmittel kaufen müssten, könnten hohe Preise
       den Bauern auf dem Land nutzen, weil sie ihnen ein höheres Einkommen
       bescherten.
       
       Allerdings nur dann, wenn sie an den Weltmarkt angebunden seien. Für
       Schmitz trägt schlechtes Regieren die Hauptverantwortung für den Hunger.
       Elmar Baumann, Geschäftsführer des Biokraftstoffverbandes, betonte, "Ethik"
       sei ein wesentliches Thema bei der Beurteilung von Biokraftstoffen.
       
       ## Versachlichung der Debatte
       
       "Wir werden keine Biokraftstoffe mehr herstellen, wenn sich die ethischen
       Bedenken gegen sie wissenschaftlich untermauern lassen", so Baumann. Darum
       sei das Problem Hunger so zentral. Mit der Studie wolle man zu einer
       Versachlichung der Debatte beitragen, erklärte Stephan Arens vom Ufop.
       
       Zu einer Bewertung von Biokraftstoffen als Teil eines Energiemixes im
       Verkehrsbereich gehören aber auch andere Kriterien als die Frage, welchen
       Anteil sie an der Lebensmittelknappheit haben.
       
       Den Druck, den der Anbau von Energiepflanzen auf Wälder oder extensiv
       genutzte Böden ausübt, den Energieaufwand, mit dem sie erzeugt, und die
       Effizienz, mit der sie eingesetzt werden, behandelt die Studie nicht.
       
       23 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Holdinghausen
       
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