# taz.de -- Kommentar Flüchtlingspolitik: Frontex' Auftrag ist das Problem
       
       > Die Menschenrechte werden in Europa nicht in Frage gestellt. Doch
       > Flüchtlinge, die Ansprüche stellen könnten, werden kurzerhand
       > ferngehalten.
       
 (IMG) Bild: Kein schönes Frontex-Empfangskomitee für die über 45.000 Flüchtlinge, die allein im ersten Halbjahr 2012 nach Griechenland kamen.
       
       Vom Offshore-Prinzip leben ganze Staaten: Steueroasen etwa, die das Kapital
       von allen lästigen Verpflichtungen befreien, ohne dass dafür allzu offen
       gegen geltendes Recht verstoßen werden müsste.
       
       Ganz ähnlich verfährt Europa im Bereich der Menschenrechte: Die Buchstaben
       der völkerrechtlichen Konventionen tastet es nicht an - doch jene, die als
       Flüchtlinge daraus lästige Ansprüche stellen könnten, werden kurzerhand aus
       dem Bereich der eigenen Jurisdiktion ferngehalten.
       
       Genau diese Praxis hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am
       Mittwoch verurteilt: Auch auf Hoher See gilt das internationale
       Füchtlingsrecht, sofern ein Unterzeichnerstaat ins Spiel kommt. Asylanträge
       müssen geprüft werden, der Rechtsweg muss Flüchtlingen offen stehen, so die
       Richter.
       
       Sie griffen damit eine zentrale Strategie des europäischen Grenzregimes an.
       Denn das sofortige Zurückschieben von "Papierlosen" ist keine Form der
       Notwehr, wie Italien es glauben machen will; keine Folge vermeintlich
       übermäßiger Belastungen durch die Ankunft "Papierloser". Es ist vielmehr
       Teil der Umsetzung einer wohldurchdachten Strategie: Flüchtlingen den
       Zugang zu Europa zu verschließen und die unverändert gültige Genfer
       Konvention so gar nicht erst zum Tragen kommen zu lassen.
       
       Die EU hat dafür die Grenzschutzagentur Frontex aufgebaut, die längst eine
       eigene Außenpolitik betreibt. An Europas Außengrenzen werden Ankömmlinge
       aktiv gehindert, ihr Recht auf ein Asylverfahren geltend zu machen; teils
       durch Zurückschieben, teils durch sogenanntes Migrationsmanagement.
       
       Das funktioniert nur dank einer - mal erkauften, mal erzwungenen -
       Zusammenarbeit: So, wie Berlusconi es einst mit Gaddafi vorgemacht hat,
       gemeindet Frontex heute EU-Anrainer im Osten und Süden als
       Hilfsgrenzschützer ein. Das ist sein Auftrag - und der ist das Problem.
       Diese Lehre muss Europa aus dem Straßburger Urteil ziehen.
       
       23 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
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