# taz.de -- Diskussion über Wohnen in Berlin: Das Recht auf Stadt
       
       > Beim "Mietenpolitischen Dialog" im Abgeordnetenhaus kam es zu hitzigen
       > Debatten.
       
 (IMG) Bild: Welche Wohnungen bleiben in der Berliner City noch bezahlbar? Nur die Platte?
       
       „Es ist ernst, die Verdrängung läuft“, hebt die Moderatorin an. Raum 304 im
       Abgeordnetenhaus ist überfüllt, über hundert Mieter sind zum
       „Mietenpolitischen Dialog“ am Mittwochabend gekommen. In der Stadt brennt
       es mietenpolitisch an allen Ecken und Enden, das zeigen die Beispiele von
       Mieterhöhung und Verdrängung, die ein Bündnis von Initiativen im November
       als „Mietenpolitisches Dossier“ veröffentlicht hatte.
       
       In Videobeiträgen werden die Fälle jetzt noch einmal vorgestellt:
       Mietpreissteigerungen von bis zu 82 Prozent durch energetische Sanierung in
       Neukölln. Jahrelanger Leerstand in 23 Häusern, die der Bezirk
       Friedrichshain-Kreuzberg 1993 der GSW geschenkt hat. Drohender Abriss eines
       Hauskomplexes mit 106 günstigen Wohnungen zugunsten eines Luxusneubaus in
       Schöneberg. Extrahohe Mieten für türkische Mieter im Fanny-Hensel-Kiez in
       Kreuzberg.
       
       Die Politik sei keineswegs machtlos, monieren die Vertreter der Initiativen
       und die geladenen Experten. Senat und Bezirke nutzten die ihnen zur
       Verfügung stehenden Instrumente und Handlungsspielräume nicht aus. Das
       finden auch die anwesenden Oppositionspolitiker. Um Verdrängung durch
       energetische Sanierung zu verhindern, könne ein Bezirk etwa
       Milieuschutzgebiete einführen, sagt Katrin Lompscher (Linke). Die Grünen
       wollen sich auf Bezirksebene für eine warmmietenneutrale energetische
       Sanierung engagieren, so deren Abgeordnete Katrin Schmidberger. Im Fall der
       GSW-Häuser fordern dessen Mieter den Senat auf, das Belegungsrecht wieder
       anzuwenden. Um sich „selbst helfen“ zu können verlangen sie zudem ein Ende
       der „Berliner Linie“ – der sofortigen Räumung bei Besetzungen.
       
       „Das Recht auf Stadt nicht nur theoretisch verstehen, heißt über neue
       Formen der Aneignung nachdenken“, sagt Britta Grell vom
       Wissenschaftszentrum Berlin (WZB). Sie schlägt die Tolerierung von
       Besetzungen wie in Zürich vor. Der Pirat Oliver Höfinghoff fordert die
       öffentliche Förderung von Wohnprojekten. Für eine Begrenzung der Mieten mit
       dem in anderen Bundesländern bereits angewandten System der
       „Richtsatzmieten“ plädieren Rainer Wild vom Mieterverein und Sebastian Jung
       vom Bündnis Sozialmieter.
       
       Staatssekretär Ephraim Gothe (SPD) hat als Senatsvertreter einen schweren
       Stand. Mehrmals wird er wütend unterbrochen. Gothe verweist auf die
       Wiedereinführung der Belegungsbindung für 150.000 Wohnungen ab dem 1. Mai
       sowie die vom Senat geplante Zweckentfremdungsverbotsvordnung. „Ich bin
       doch auf ihrer Seite“, versucht der Staatssekretär die Aufgebrachten zu
       beruhigen. „Ständig det gleiche Jelaber, kommen Se in die Gänge!“,
       kommentiert eine wütende Mieterin aus Spandau.
       
       1 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Moritz Wichmann
       
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