# taz.de -- Deutscher Atomkredit wird geprüft: Mieses Gutachten für AKW in Brasilien
       
       > In Brasilien hält man nichts von einer „Dämonisierung der Atomenergie“
       > und baut das AKW „Angra 3“ weiter. Dabei werden in zwei Gutachten schwere
       > Mängel beanstandet.
       
 (IMG) Bild: Greenpeace demonstriert im April 2011 in Rio de Janeiro für die Beendigung des AKW-Projekts „Angra 3“.
       
       PORTO ALEGRE taz | Noch ist die Hermes-Exportbürgschaft, die die
       Bundesregierung für das brasilianische AKW „Angra 3“ erteilen möchte, nicht
       in trockenen Tüchern. „Wir sind noch in Gesprächen“, erklärte
       Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag in Hannover nach ihrem Treffen
       mit Dilma Rousseff. Die brasilianische Präsidentin, die zur Cebit-Messe
       angereist war, bekräftigte ihre Position: „Wir bauen Angra 3 weiter, weil
       wir schon sehr viel Geld hineingesteckt haben.“
       
       Im übrigen halte man in Brasilien nichts von einer „Dämonisierung der
       Atomenergie“, meinte Rousseff. Als Präsidialamtsministerin war sie
       allerdings vor sechs Jahren noch selbst gegen den Bau des Siemens-AKWs,
       wenn auch aus wirtschaftlichen Gründen. Selbst die bereits angefallenen
       Lagerungskosten der Bauteile, die sich seit Anfang der 80er Jahre vor Ort
       befinden, rechtfertigten die Fortsetzung des Milliardenprojekts nicht,
       argumentierte sie damals, Atomkraft sei viel zu teuer. Angra 3 und der 2000
       ans Netz gegangene Zwillingsmeiler Angra 2 sind das sichtbare Ergebnis des
       deutsch-brasilianischen Atomabkommens aus dem Jahr 1975.
       
       Doch dann gab ihr Vorgänger Lula grünes Licht, auch aus geopolitischen
       Gründen. Der Bau begann 2010, heute sind 3.000 Arbeiter des Baumultis
       Andrade Gutierrez in der Bucht 15 Kilometer südlich der
       170.000-Einwohner-Stadt Angra dos Reis tätig. Die Baustelle liegt
       unmittelbar an der Küstenstraße zwischen Rio de Janeiro und São Paulo, die
       in der Regenzeit immer wieder durch massive Erdrutsche beeinträchtigt wird.
       
       Nach wie vor möchte die schwarz-gelbe Bundesregierung eine
       Hermes-Bürgschaft über 1,3 Milliarden Euro erteilen, obwohl Siemens im
       April 2011 aus der deutsch-französischen Firma Areva NP ausgestiegen war.
       Allerdings liegt das hierfür nötige Sicherheitsgutachten der Firma Istec
       immer noch nicht vor. Ihr positives Vorgängergutachten von 2010 hatte
       systematische Mängel aufgewiesen.
       
       ## Umstände erinnern an Fukushima
       
       Schneller waren die Organisationen Urgewald und Greenpeace: Am Dienstag
       stellten sie in Berlin [1][zwei Gutachten aus Brasilien] vor. „Alles, was
       in Fukushima zur Katastrophe geführt hat, ist auch bei Angra 3 zu finden:
       falsche Annahmen, ein ungeeigneter Standort und veraltete Technik“, sagte
       Barbara Happe von Urgewald.
       
       Angra 3 erfülle nicht einmal die Standards des AKWs Grafenrheinfeld, das
       2015 stillgelegt werden soll, erklärte Atomingenieur Francisco Corrêa. Die
       Kuppel sei mit 60 Zentimetern nur halb so dick und damit kaum gegen
       Flugzeugabstürze oder Wasserstoffexplosionen gesichert. Neuere
       Sicherheitsanforderungen wie nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima
       würden in Brasilien ignoriert.
       
       Schwere Mängel bescheinigte Corrêa der „Sicherheitskultur“ im Atomsektor.
       So gebe es keine regierungsunabhängige Atomaufsicht. Viele der 44 Auflagen,
       die das Umweltministerium bei Gewährung der Bauerlaubnis 2009 gemacht
       hatte, seien noch nicht umgesetzt. Angra 2 laufe seit 12 Jahren ohne
       endgültige Betriebsgenehmigung.
       
       Auch wenn die Szene der aktiven Atomkritiker in Brasilien überschaubar ist:
       Umfragen zufolge lehnt die große Mehrheit der Bevölkerung den Bau weiterer
       AKWs ab. Gegen die deutsche Bürgschaft für Angra 3 hat sich die katholische
       Bischofskonferenz ebenso ausgesprochen wie die Grünen im Parlament, die
       Außenminister Westerwelle auf seinem Brasilienbesuch im Februar ein
       Protestschrieben zukommen ließen. Die Mittel für Angra 3 fehlten nun bei
       der „Entwicklung nachhaltiger Alternativen in der Energieversorgung“, heißt
       es da.
       
       7 Mar 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://urgewald.org/artikel/schwarz-gelb-plant-milliardenb-rgschaft-f-
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gerhard Dilger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
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       festhalten.