# taz.de -- Munitionsexplosion in Kongo-Brazzaville: Raketentrümmer in der ganzen Stadt
       
       > Mindestens 197 Tote, Zehntausende sind betroffen von der
       > Munitionsexplosion in Mpila am vergangenen Sonntag: Die Regierung steht
       > in der Kritik.
       
 (IMG) Bild: Ganze Straßenzüge wurden zerstört.
       
       BERLIN taz | Die ersten 197 identifizierten Opfer der gigantischen
       Explosionskatastrophe vom vergangenen Sonntag in Brazzaville, Hauptstadt
       der Republik Kongo, sollen an diesem Sonntag beigesetzt werden. Präsident
       Denis Sassou-Nguesso will die Zeremonie leiten und damit dem Eindruck
       entgegentreten, der kongolesische Staat nehme die größte Munitionsexplosion
       in Afrika seit zehn Jahren nicht ernst.
       
       Am 4. März gegen acht Uhr früh war eines der beiden Munitionsdepots der
       großen Militärkaserne Mpila in Brazzaville explodiert. Granaten und
       Geschosse wurden in die Luft geschleudert, regneten unkontrolliert herab
       und zerstörten beim Herunterfallen weite Teile der umliegenden
       Stadtviertel.
       
       Schäden und Panik gab es sogar in Kinshasa, der viel größeren Hauptstadt
       der Demokratischen Republik Kongo am gegenüber liegenden Ufer des
       Kongoflusses.
       
       Es gab zunächst fünf schwere Explosionen, dann brannte das Depot
       lichterloh, berichteten Augenzeugen. Die Feuer wüteten tagelang, ganze
       Straßenzüge sehen jetzt aus wie nach einem schweren Luftangriff. Als
       Explosionsursache nannten die Behörden einen „Kurzschluss“.
       
       ## In der Stadt verstreute Zeitbomben
       
       Internationale Experten für Minenräumung sind nach Brazzaville gereist, um
       das Unglücksgelände zu sichern und die noch nicht explodierten Sprengsätze
       abzutransportieren und entweder zu entschärfen oder kontrolliert zur
       Explosion zu bringen.
       
       Viele Geschosse aus Mpila wurden durch die ganze Stadt geschleudert und
       liegen jetzt irgendwo als Zeitbomben herum, warnte die britische „Mines
       Advisory Group“.
       
       Am Donnerstag wurde das Gebiet rings um Mpila weiträumig abgesperrt. Viele
       Menschen, die einst dort lebten, fürchten nun, dass ihre noch
       zurückgebliebenen Wertgegenstände geplündert werden könnten, wenn nur noch
       Soldaten in den Ruinen herumlaufen dürfen.
       
       Die Opferbilanz dürfte viel höher sein als offiziell zugegeben. „Es
       befanden sich mindestens 200 Auszubildende in der Kaserne und dazu
       mindestens 100 Menschen in der Kirche Saint-Louis, die einstürzte. Und es
       stürzten Häuser ein, und die Bewohner kamen um“, sagte bereits am Sonntag
       ein Augenzeuge.
       
       ## Nicht alle Toten werden mitgezählt
       
       Nach offiziellen Angaben forderte das Unglück 197 Tote und 2.315 Verletzte
       und machte 13.854 Menschen obdachlos, wie Planminister Pierre Moussa am
       Donnerstag vor dem Parlament erklärte. Doch die Regierung zählt nur die
       offiziell identifizierten Toten und die in kostenpflichtige staatliche
       Krankenhäuser eingelieferten Verletzten.
       
       Viele der obdachlosen Opfer hatten erst vor Kurzem ihre Existenz
       wiederaufgebaut, nachdem bis 1997 mehrere Jahre Bürgerkrieg mitten in
       Brazzaville Tausende Opfer gefordert hatten.
       
       Damals wurde der gewählte Präsident Pascal Lissouba von einer Rebellion der
       Armee unter Führung des früheren Militärherrschers und heutigen Staatschefs
       Sassou-Nguesso gestürzt. Mpila mit seiner großen Kaserne war die Hochburg
       Sassou-Nguessos.
       
       ## Munitionslager mitten in der Stadt
       
       Bisher war es nicht weiter aufgefallen, dass das Militär auch nach
       Kriegsende den Großteil seiner Waffen und Munition mitten in der Stadt
       aufbewahrte. Im Nachhinein wie das nun kritisiert.
       
       Auf einer Parlamentsdebatte am Donnerstag sagte Oppositionspolitiker
       Patrice Kadia: „Wir sehen keinen Reichtum in den Medikamenten zur
       Versorgung der Verletzten, sondern nur in den Waffen, die in
       dichtbesiedelten Stadtvierteln gelagert sind wie Saatgut.“
       
       Kurz nach der ersten Explosion am Sonntag hatte Verteidigungsminister
       Charles Zacharie Bowao im Radio zur Ruhe aufgerufen und erklärt: „Es ist
       ein kleiner Zwischenfall.“
       
       Erst am Dienstag, am dritten Tag der Katastrophe, setzte die Regierung die
       Flaggen auf halbmast und rief Staatstrauer aus. Und am Donnerstag versprach
       die Regierung unabhängig von späteren Entschädigungen jeder betroffenen
       Familie eine Soforthilfe von drei Millionen CFA-Francs (4.573 Euro).
       
       9 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kongo
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 (DIR) Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
       
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