# taz.de -- Mordserie in Frankreich: Serienmörder mit Politmotiv
       
       > Nach den Todesschüssen von Montauban und Toulouse sucht die Polizei jetzt
       > wohl nach einem Ex-Soldaten und Scharfschützen mit rechtsradikalem
       > Hintergund.
       
 (IMG) Bild: Schweigemarsch in Paris: „In Frankreich werden Juden, Schwarze und Araber ermordet“.
       
       PARIS taz | Die Angst geht um in Südfrankreich. In wenigen Tagen hat ein
       bisher nicht identifizierter Serienmörder in Toulouse und im 50 Kilometer
       weit entfernten Montauban bei drei Angriffen sieben Menschen getötet, unter
       ihnen drei kleine Kinder, und zwei Personen lebensgefährlich verletzt.
       
       Es besteht kein Zweifel mehr daran, dass es sich beim Attentäter um
       denselben mittelgroßen und angeblich etwas untersetzten Mann handelt, der
       in allen drei Fällen mit einem Motorrad des Typs TMAX-530 ccm3 der Marke
       Yamaha vorfuhr, dann schnell, kaltblütig und gezielt auf seine Opfer schoss
       und sofort wieder mit seinem Roller flüchtete.
       
       Polizeiexperten bestätigen, dass in den drei Fällen dieselbe Tatwaffe, eine
       Pistole mit dem großen Kaliber 11,43 mm verwendet wurde. Diese Waffe war
       angeblich früher in der US-Army im Einsatz, gilt in Frankreich aber laut
       Experten als eher als Seltenheit. Darum sei es auch nicht so einfach, die
       entsprechende Munition aufzutreiben. Das könnte womöglich die
       Nachforschungen erleichtern.
       
       ## Videoaufnahmen und Zeugen
       
       Die Ermittler verfügen zudem über mehrere Videofilme von
       Überwachungskameras, Aussagen von Augenzeugen der drei Mordanschläge und in
       einem Fall sogar über eine Beschreibung durch eine Frau, welche in
       Montauban einen Teil des Gesichts des Täters trotz seines Motorradhelms
       gesehen hat.
       
       Laut Innenminister Claude Guéant reichen diese Hinweise aber nicht, um ein
       Roboterbild herzustellen, das bei der Großfahndung gegen Frankreichs
       Staatsfeind Nummer eins sehr hilfreich wäre.
       
       Dieser soll mit einer auf der Brust befestigten Videokamera seine
       Verbrechen selber gefilmt haben. Das sagt einiges aus über das Profil des
       Mörders.
       
       ## Ein Serienmörder
       
       Der Kriminologe Stéphane Bourgon erläuterte dazu am Fernsehen: „Dieser
       Killer wird nie von sich aus aufhören. Seine Mordserie wird nur enden, wenn
       er verhaftet oder von der Polizei erschossen wird.“
       
       Nach Ansicht von Bourgon habe man es mit einer Art Serienmörder zu, die in
       der USA „serial sniper“ genannt würden. Sein Tatmotiv sei es, sich durch
       seine Transgression übermächtig zu fühlen wie „Gott“. Eine wichtige Rolle
       spiele das Medienecho, dass dieses Machtgefühl steigern könne.
       
       „Dieses Mal haben wir es mit einem einzelnen Individuum zu tun, das diese
       Attacken plant und ausführt. Das ist der Albtraum für die Ermittler, denn
       es gibt sehr wenig Ansatzpunkte“, erklärte ein Mitglied der
       Untersuchungsbehörden.
       
       ## Profiler nd Psychologen
       
       Die Polizei hat auch so genannte „Profiler“ und Psychologen beigezogen, um
       den flüchtigen Motorradmörder ausfindig zu machen. Dabei darf keine Zeit
       verloren gehen. Denn es ist zu befürchten, dass er wieder zuschlagen
       könnte.
       
       Mehr noch als die ersten beiden Mordanschläge gegen Militärs hat das von
       diesem Serienmörder am Montag angerichtete Blutbad vor einer jüdischen
       Schule Frankreich zutiefst erschüttert.
       
       Gleichwohl zeigte die spontan versammelte Menschenmenge in Toulouse bei
       einer Demonstration das Spruchband: „In Frankreich werden Juden, Schwarze
       und Araber ermordet“.
       
       Dass es sich bei den Opfern um drei muslimische Soldaten nordafrikanischer
       Herkunft, einen farbigen Militär aus den Antillen und drei jüdische Kinder
       und einen Lehrer handelt, ist bisher der einzige Anhaltspunkt für
       rassistische Motive des Mörders.
       
       ## Schweigminute in allen Schulen
       
       Der Grossrabbiner Gilles Bernheim gab zu bedenken, dass an den Grundfesten
       der Republik gerüttelt werde: "Es sind die Grundwerte Frankreichs, die
       getroffen werden, wenn Soldaten oder Schulkinder irgendwo und irgendwann
       getötet werden."
       
       In allen Schulen Frankreich wurde am Dienstag um elf Uhr zum Gedenken an
       die ermordeten Kinder von Toulouse eine Schweigeminute eingehalten. Den
       LehrerInnen war es überlassen, den oft sehr schockierten Schülern eine
       Erklärung zu liefern für diese Tragödie.
       
       Die politischen Parteien in Frankreich haben sich darauf verständigt, den
       Wahlkampf vorerst auszusetzen. Dennoch ist der Kandidat Sarkozy praktisch
       omnipräsent als „Landesvater“. Sein sozialistischer Gegner François
       Hollande bleibt nur zu hoffen, dass nicht „irgend jemand“ diese Tragödie
       instrumentalisiere.
       
       20 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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