# taz.de -- Attentate von Toulouse: „Mudschaheddin“ radikal belagert
       
       > Mohamed M. galt als freundlich, nicht als religiös. Er selbst bezeichnet
       > sich als heiligen Krieger und hat wahrscheinlich mindestens 7 Menschen
       > auf dem Gewissen.
       
 (IMG) Bild: Großes Polizei-Aufgebot vor dem Haus des mutmaßlichen Attentäters in Toulouse.
       
       PARIS taz | Als die Anwohner in Toulouse mitten in der Nacht von Schüssen
       aus dem Schlaf geschreckt wurden, fragten sie sich voller Angst, ob da der
       unheimliche Serienmörder, der schon sieben Menschenleben auf dem Gewissen
       hatte, wieder zugeschlagen hatte.
       
       Dieses Mal aber standen ihm nicht wehrlose Menschen, sondern schwer
       bewaffnete Polizisten der Eliteeinheit RAID gegenüber, die ihn in einem
       ruhigen Wohnquartier im Osten der südfranzösischen Stadt ausfindig gemacht
       hatten.
       
       Um drei Uhr in der Frühe war das Haus von einem Großaufgebot der
       Ordnungshüter umzingelt. Der Überraschungseffekt funktionierte indes nicht.
       Der Tatverdächtige wollte sich nicht widerstandslos ergeben. Bei der
       Belagerung kam es im Verlauf des Vormittags zu mehreren Schusswechseln.
       Zwei Polizisten wurden gleich beim ersten Festnahmeversuch verletzt.
       
       Auf der Straße, wo die Neugierigen auf Distanz gehalten wurde, fuhren
       Ambulanzen vor. Noch durch die verbarrikadierte Tür berief sich der
       Gesuchte, ein 23-jähriger Franzose algerischer Abstammung, auf al-Qaida und
       bezeichnete sich selber als „Mudschaheddin“ (Krieger). Später wurde
       bekannt, dass er auch weitere Anschläge geplant haben soll.
       
       Da schnell klar war, dass er keine Geiseln in seiner Gewalt hatte, nahm
       sich die Polizei Zeit für Verhandlungen. Sie holte auch seine Mutter, die
       aber sagte, sie könne nichts tun, da sei keinen Einfluss habe. Im Verlauf
       der Gespräche sagte der Verschanzte schließlich, er wolle sich am
       Nachmittag der Polizei stellen. Als Beweis dafür warf er eine Pistole
       durchs Fenster auf die Straße, drohte aber gleich, er habe noch andere
       automatische Feuerwaffen.
       
       Während der langen Wartezeit evakuierte die Polizei mit einem Hebekran der
       Feuerwehr andere Bewohner des Hauses. Ein junge Frau hatte zuvor in
       panischer Angst einen Radiosender angerufen und erklärt, sie sei mit einer
       anderen Person im Stockwerk über dem belagerten mutmaßlichen Terroristen;
       sie befürchtete, dieser könnte das ganze Haus in die Luft sprengen.
       
       ## Der Steckbrief bekam ein Gesicht
       
       Sehr früh schon traf der Innenminister Claude Guéant am Ort des Geschehens
       ein. Er bestätigte den Journalisten, dass der Mann der mutmaßliche Täter
       sei, der seit Tagen mit seinen Serienmorden an Soldaten sowie an Kindern
       und einem Rabbiner vor einer jüdischen Schule die Region Toulouse in Angst
       und Schrecken versetzt hatte. Der Steckbrief des Serienmörders bekam
       plötzlich ein Gesicht und einen Namen.
       
       Der seit Tagen dringend Gesuchte heißt Mohamed M., ist in Toulouse
       aufgewachsen, wo er schon als Jugendlicher auf Abwege geriet. Bei der
       Polizei ist er darum kein unbeschriebenes Blatt. Er ist wegen zahlreicher
       Gewaltdelikte, Diebstähle und anderer Delikten vorbestraft. Dass und wie
       aus ihm ein fanatischer Islamist und Einzelgängerterrorist werden konnte,
       können heute auch einstige Schulkameraden nicht verstehen.
       
       „Mohamed, das war ein stiller und netter Typ“, sagt ein ehemaliger
       Schulfreund der Nachrichtenagentur afp. So denken auch mehrere Nachbarn,
       die ihm noch kürzlich begegneten. Andere frühere Bekannte meinen indes, er
       habe „eine Schraube locker“, einmal sei er kahlköpfig wie ein Skinhead
       aufgetreten, dann wieder mit einem Vollbart wie ein Fundamentalist. Niemand
       kann sich erinnern, dass er besonders religiös gewesen sei. Ganz im
       Gegensatz zu seinem Bruder Abdelkhader, der am Mittwoch ebenfalls
       festgenommen wurde und in dessen Wohnung die Polizei Sprengstoff gefunden
       hat.
       
       Dank einer fast routinemäßigen Fahndungsarbeit kam die Polizei auf seine
       Spur. Das erste seiner mutmaßlichen Opfer hatte eine Onlineannonce
       publiziert, die von mehr als 500 Personen konsultiert worden war. Unter den
       Kontakten machte ein Spezialist auch die IP-Adresse und damit den
       Internetanschluss des Bruders Abdelkhader aus.
       
       Vor allem der gestohlene Roller, den M. bei allen drei Attacken verwendet
       haben soll, wurde ihm zum Verhängnis. Dieses Yamaha-Modell T-Max 530 ist
       mit einem Navigationssystem ausgerüstet, das es erlaubte, das Motorrad zu
       lokalisieren.
       
       21 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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