# taz.de -- Diskussion um Guggenheim-Labor: Henkel startet das 1.-Mai-Lab
       
       > Mit dem Vorwurf, die Vertreiber des BMW Guggenheim Lab seien "Chaoten",
       > läutet Henkel die Debatten zum 1. Mai ein. Linkspartei: "Deeskalation
       > sieht anders aus"
       
 (IMG) Bild: Da hätte es hinsollen, das BMW-Guggenheim-Lab: Touristen auf der Brache an der Kreuzberger Cuvry-Straße
       
       Da war es, das böse Wort: „Chaoten“. So zürnte Innensenator Frank Henkel
       (CDU) über die Vertreiber des BMW Guggenheim Lab aus Kreuzberg – und
       eröffnete damit, unfreiwillig oder kalkuliert, die Saison der Debatten zum
       1. Mai.
       
       Es sei besorgniserregend, begründete Henkel seinen Vorwurf, wenn einige
       entscheiden wollen, wer in den Kiez gehöre und wer nicht. Dabei hatte
       selbst die Polizei nur vor möglichen Sachbeschädigungen an dem Kulturlabor
       gewarnt, das ab dem 24. Mai auf einer Brache am Spreeufer hätte stattfinden
       sollen. Bis dato hatte es zwar nur wütende Blogeinträge und wüste
       Zwischenrufe auf einer Projektvorstellung Anfang März gegeben – aber das
       Lab kehrte Kreuzberg am Montag dennoch den Rücken. Man habe
       Sicherheitsbedenken, hieß es.
       
       Nun wendet sich die Debatte. „Unverantwortlich“ nennt Linken-Fraktionschef
       Udo Wolf die „Chaoten-Keule“ und die „unnötige Konfliktzuspitzung“ von
       Henkel: „Deeskalation sieht anders aus.“ Offenbar gehe einigen in der CDU
       die jüngste Liberalpolitik ihrer Partei zu weit. Den Rückzug des Projekts
       kritisiert Wolf als „Überreaktion: „Der Stiftung wurde mehr Angst gemacht,
       als nötig war.“
       
       Auch die Piraten werfen Henkel „kontraproduktive Eskalation“ vor. „So wie
       nicht jeder Investor ein Gentrifizierer ist, ist nicht jeder Kritiker eines
       Bauvorhabens ein gewaltbereiter linker Chaot“, sagte Innenexperte Oliver
       Höfinghoff.
       
       Auch die Projektgegner schimpfen. „Henkel versucht aus einem politischen
       Problem ein polizeiliches zu machen“, so David Kaufmann vom Aktionsbündnis
       gegen das Lab. Der Widerstand gegen Gentrifizierung solle mit dem
       Gewaltvorwurf in Verruf gebracht werden. Mietsteigerungen und Zwangsumzüge
       scheinen „nach der herrschenden Politik“ jedoch normal zu sein, so
       Kaufmann.
       
       ## Rhetorische Muskelspiele
       
       In der linken Szene wertet man Henkels Äußerungen als rhetorische
       Muskelspiele vor dem 1. Mai. „Henkel legt im Vergleich zu Körting noch eine
       Schippe drauf“, so Jonas Schiesser von der Antifaschistischen
       Revolutionären Aktion. „Das lässt vorm 1. Mai noch einiges erwarten.“ Man
       werde sich aber „in keine Chaotenschublade stecken lassen“ und weiter
       inhaltlich diskutieren, so Schiesser.
       
       In der Szene wird momentan diskutiert, die abendliche 1.-Mai-Demo erstmals
       von Kreuzberg aus gen Regierungsviertel ziehen zu lassen. Das würde zum
       inhaltlichen Schwerpunkt der Demo passen, der dieses Jahr auf der
       internationalen Krisenpolitik liegen soll. Bei der Polizei sei die
       Demonstration noch nicht angemeldet, so eine Sprecherin.
       
       Turbulent könnte es in den Vortagen werden. Autonome Gruppen in Berlin
       rufen zu „Insurrection Days“, Tagen des Aufstands, ab 27. April auf. Ziel
       seien „Regelbrüche“, um „der Gesamtscheiße in dieser Gesellschaft etwas
       entgegenzusetzen“. Aufgerufen wird zu „offenen Aktionen“ wie Besetzungen.
       
       Die CDU diskutiert vorerst noch über das BMW Guggenheim Lab. Die Drohungen
       der linksradikalen Szene gegen das Projekt seien „ein Alarmsignal für alle
       Rechtschaffenen der Stadt“, so Innenpolitiker Kurt Wansner. Er hat den
       Rückzieher des Lab auf die Tagesordnung der Abgeordnetenhaussitzung am
       Donnerstag gesetzt. Auf in die nächste Runde.
       
       21 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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